Reproduktion und ihre Schattenseiten: Ridley Scott erzählt in »Prometheus« eine Geschichte von Fortpflanzung, Vatermord und dem Erschaffen von Leben. Das bildgewaltige Quasi-Prequel von »Alien« drückt sich aber vor klaren Antworten.
In der griechischen Mythologie haben Eltern von ihren Kindern nichts Gutes zu erwarten: Der Himmelsgott Uranos wird von seinem Sohn mit einer Sichel entmannt, Ödipus tötet seinen Vater und heiratet danach seine Mutter. Aber auch umgekehrt ist das Verhältnis schwierig. So verschlingt der Titan Kronos alle seine Kinder aus Angst, von ihnen abgesetzt zu werden. Das Motiv des Vatermords spiegelt die uralte Angst vor dem Kontrollverlust. Was wir schaffen, kann uns zerstören. Weshalb es auch nicht Gottvater Zeus ist, der die Menschen schafft, sondern ein Titan, der für diesen Verrat einen schrecklichen Preis zahlt. Sein Name: Prometheus.
In Ridley Scotts Film ist ein Schiff gleichen Namens im Jahr 2092 auf dem Weg zu einem weit entfernten Planeten. Teil der Crew ist Archäologin Elizabeth Shaw (Noomi Rapace). Sie folgt Hinweisen von prähistorischen Höhlenmalereien, denen zufolge riesige Außerirdische einst das Leben auf die Erde brachten. Die Suche nach diesen »Engineers« wird von einem alten Industriellen (Guy Pearce) finanziert, der verzweifelt versucht, sein Leben zu verlängern, um weiter an der Spitze seines Konzern stehen zu können. Doch wie alle Beteiligten muss er im Verlauf der Geschichte lernen, dass nichts ewig ist. »A king has his reign, and then he dies«, serviert ihm seine Tochter Meredith (Charlize Theron) eiskalt die unangenehme Wahrheit.
Die Suche nach dem Schöpfer
Der Konflikt um die Nachfolge an der Konzernspitze ist nicht die einzige schwierige Eltern-Kind-Beziehung in »Prometheus«. Reproduktion und das Schaffen von Leben ist das zentrale Thema, das sich durch den gesamten Film zieht. Scott spiegelt den Vaterkonflikt auf vielen Ebenen. Vielleicht zu vielen. Exemplarisch dafür steht die Hauptfigur Elizabeth: Sie hat mit dem Tod ihrer Eltern zu kämpfen und wünscht sich trotz ihrer Unfruchtbarkeit ein Kind. Gleichzeitig befindet sie sich stellvertretend für die Menschheit auf der Suche nach ihrem Schöpfer. Diese Suche wird erfolgreich verlaufen und das zweite Problem lösen – aber auf eine andere Art als gedacht. Wie in jeder guten Geschichte haben Schöpfer und Geschöpfe unterschiedliche Pläne, die sich auf verschiedene Art ihren Weg bahnen. Und manchmal wünscht man sich, man hätte nie gefunden, wonach man gesucht hat.
Das ist alles ein wenig viel auf einmal. Scott verteilt die Generationskonflikte mit der Gießkanne und vertraut seinen Zuschauern auch an anderer Stelle zu wenig. Religiöse Fragen wie Glaubensfestigkeit im Angesicht des Schreckens werden nicht angedeutet, sondern offen diskutiert. Überhaupt legt das Script vor allem seinen weiblichen Wissenschaftlern ärgerlich viele naive Glaubensargumente in den Mund. »Prometheus« bewegt sich im »Alien«-Universum und zitiert gegen Ende – etwas bemüht – Szenen des Film, vermeidet aber klare Antworten auf die Frage nach Herkunft und Motivation der versteinerten Kreatur in der berühmten Szene des Klassikers von 1979. Oder lässt sie für eine Fortsetzung offen. Der Film scheitert letztlich ein wenig daran, kein Prequel sein zu wollen, obwohl man es erwartet. Wenn man so will, ist es »Alien«, der »Prometheus« Probleme macht. Wo wir wieder beim Vaterkonflikt wären.
»Prometheus« ist ab 9. August in den österreichischen Kinos zu sehen. Zum Artikel über schwule Roboter in Prometheus geht es hier.