Dust Covered Carpet veröffentlichen mit "Pale Noise" ihr viertes Album. Und ein Video zu "Grey Formations". Das gibt es hier zur Premiere.
Auch diejenigen, die noch nicht damit fertig sind, wissen: Eine Diplomarbeit prägt fürs Leben. Wenn man über Kommunismus schreibt, wähnt man hinter dem noch so kleinen Verkehrspolizisten einen Gralshüter des Faschismus’. Wenn man über Penisverletzungen bei Masturbation mit Staubsaugern schreibt, erübrigt sich jeder lüsterne Blick in die Weißwaren-Abteilung des Elektrogroßmarkts. Wenn man aber über unterschiedliche Arten von Noise und Rauschen und dazu noch über deren Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden schreibt, und dann dazu noch Sänger und Mastermind eines – vielzitierten – Action Folk Kollektivs ist, dann geht so eine Diplomarbeit nicht nur in das Denken über, sondern auch ins Tun.
Die Rede ist von Volker Buchgraber, Frontmann von Dust Covered Carpet, der seiner Band nach seiner ganz eigenen wissenschaftlichen Erfahrung und einem dreimonatigen, Rückzug ins winterliche Tallinn einen neueren Anzug verpasst. Ausgehend von estnischen Field Recordings kracht und knarzt es auf dem vierten Album "Pale Noise" gehörig. Die reduzierten Arrangements der beiden Vorgänger "A Cloud, Pushed & Squeezed" und "Witness Me Passout", die Dust Covered Carpet nicht nur bei The Gap den schmeichelhaften Vergleich mit Arcade Fire einbrachten, werden teilweise überworfen. "Pale Noise" deutet vom Klangbild einen leichten Handkuss mit dem 2008er-Debut "Rerededust The Doubts I Trust" an, so vielfältig instrumentiert und ausarrangiert kommt das frische Werk daher.
Laut und leise.
Aber natürlich hat auch "Pale Noise" die mittlerweile liebgewonnenen leisen Momente, das Intro/Titelstück eröffnet das Album a cappella, mit fließendem Übergang wird es laut, aus der instrumentalen Stille formt sich das wunderbar hittige "Linnahall". Hier übernimmt das präzise und druckvolle Schlagzeugspiel von Armin Buchgraber – des Sängers Bruder – das Kommando und geleitet den Song nahezu im Stile Bryan Devendorfs Richtung Heimathafen FM4- und Indie-Charts. Ähnlich gestaltet sich die Sache mit "Grey Formations": Zur äußerst konzentrierten Arbeit der Rhythmusfraktion gesellen sich schön-wavy Synths, die an entscheidenden Momenten verstummen und die Lyrics atmen lassen.
Am dringlichsten wird "Pale Noise" in den stillsten Momenten, im von sanften Bläsern – hier könnten sich The Antlers ein großes Beispiel nehmen – getragenen Achtminüter "All For You". Vor allem in jenen Momenten, wenn der Gesang Buchgrabers die Unterstützung von Magdalena Adamski bekommt, tun sich im polyphonen Zwiegesang neue Intimitäts- und Intensitätsebenen auf, wie etwa in "Distance".
Die hohe Lautstärkenvariabilität – das Zusammenspiel von Indie-Hits und reduzierten Folk-Perlen – ist auch drei verschiedenen Produzenten anzurechnen, allesamt sehr unterschiedlich: Paul Gallister hat schon mit Österreichs ESC-Queen gearbeitet, Alexandr Vatagin ist mit seinen Bands Port-Royal und Tupolev experimentell unterwegs und Philipp Forthuber kennt man als Sänger und Gitarrist von Crystal Soda Cream. Ein bunter Haufen an Produzenten, ein bunter Haufen an sehr unterschiedlichen Songs, die in den vielen besten Momenten dringend und intensiv, tanz- und mitnickbar sind.
"Pale Noise" von Dust Covered Carpet erscheint am 5. September erstmals bei Siluh. Danach geht es auf große Tour durchs benachbarte Ausland. Die Österreichtermine: 4.9. Graz, 5.9. Wien, 10.9. Innsbruck, 11.9. Lustenau.