Alle Jahre wieder blickt unsere Redaktion auf die popkulturellen Highlights der letzten zwölf Monate zurück. Mit streng subjektivem Blick. Was Dominik Oswald aus 2023 besonders in Erinnerung bleiben wird, könnt ihr hier nachlesen.
TOP 5 Alben des Jahres
5. Resi Reiner – »Weißt du was ich mein?!«
Das ist Schlager im besten Sinne: Auf ihrem Langspiel-Debüt hat die schon vorher fleißig reüssierte Resi Reiner einen Genre-Meilenstein vorgelegt: Wenngleich riesige Hits vergangener Jahre wie »Ich will nach Italien« und vor allem »Naja geht so« fehlen, erzeugen die neun Songs zuckersüße Gefühlswelten mit Tiefgang und tollen Texten. Highlights: »Volare«, »Bialetti«, »Bin da ich gemeint?«. Nicht umsonst sind Label und Team drum herum aus Berlin – Resi Reiner ist schlicht zu cool für Wien.
4. The Screenshots – »Wunderwerk Mensch«
An anderer Stelle hatten wir über das offizielle zweite Album der Gruppe The Screenshots folgendes geschrieben: »große Ladung Hits für Verschrobene, Twitter-Almans und alle, denen die Abkultung von, im weiteren Sinne, humorvoller Musik irgendwie zuwider ist.« Natürlich machen auch The Screenshots humorvolle Musik, die aber ohne die vielzitierte »Meta-Ebene« funktioniert. Ihr häufig superdringlicher Indierock braucht gar nicht die Mittel der Ironie. The Screenshots sind vor allem textlich on point und contemporary AF, überhöhen ihr Stardom und ballern dabei Hits für Generationen raus, wie etwa »DINA8«, »Rockstar wie Chad Kroeger«, aber vor auch der von Susi Bumms besungene »Modern Dance«. Sind halt schon ziemlich cool, die drei.
3. Dagobert – »Schwarz«
Der große Schweizer Schnulzensänger Dagobert Jäger, der sich auf seinen letzten beiden Alben noch in elektronische Spielereien verlaufen hatte, bezaubert auf seiner aktuellen Großtat mit süßen, zarten Todesmelodien. Begleitet nur von Streichern, Harfen, Flöten und Klaviermusik singt Dagobert sein tieftrauriges Inneres nach Außen, umarmt alle Moleküle der Melancholie und bezirzt nicht nur mit seinem breiten Akzent, sondern vor allem mit einer textlichen Wucht übers Auflösen, Todessehnsucht und einer bisher ungeahnten Düsterkeit.
2. Bipolar Feminin – »Ein fragiles System«
Dass die aus dem Salzkammergut stammende Gruppe Bipolar Feminin auf dem Goldenen-Zitronen-Label Buback Records ihr Debüt veröffentlicht, darf durchaus als Wink mit allen Zaunpfählen dieser Welt gesehen werden: »Ein fragiles System« greift genau selbiges aus Patriarchat, Misogynie und kapitalistischer Ausbeutung an. Die Band ist dabei textlich radikal wie kaum etwas, das heuer die Bühnen dieses Landes bespielt hat – und hat damit selbst am sonst so reservierten Popfest für einen vollen Karlsplatz, offene Münder und Begeisterungsstürme gesorgt. Dazu ein atmosphärischer Indierock, weniger Punk als gedacht, und fertig ist die grandiose Symbiose aus Haltung, Können und Wagemut. Die beste österreichische Band des Jahres!
1. Tropen Tropen – »Die neue Dehnbarkeit«
Es war nur eine Frage der Zeit, bis die so genannte »Neue Neue Deutsche Welle« in den Mainstream gespült und zum berechnenden Kalkül von Platten-Majors wird. Während wunderbare Gruppen wie Tropikel Ltd und vor allem Die Kerzen in den letzten Jahren wertvolle Pionier*innenarbeit geleistet haben, sind es 2023 die Leipziger Tropen Tropen, denen mit »Die neue Dehnbarkeit« ein Meisterwerk dieses Genres gelingt, das zwischen Schnulzen und Synth, zwischen DIY und großer Geste changiert. Obwohl das Album von überragenden Songs wie »US University«, »Paola«, »Leggings« und »Misantrophie« nur so strotzt, ist es vor allem ein unverwechselbarer Sound, der inhaltlich alles zusammenhält und so für eine – im kapitalisierten Radio würden »sie« es so nennen – Durchhörbarkeit sorgt, die einen feuchten Kehricht auf jegliche Zerstücklungstendenzen durch halbkuratierte Playlisten gibt. Es ist ein Album, das auch als solches blendend funktioniert.
Auch nicht schlecht:
Bruce Springsteen. In Wien. Und sowieso.
Was Dominik Oswald zuletzt sonst so beschäftigt hat, könnt ihr hier nachlesen. Für weitere Jahresendlisten aus unserer Redaktion bitte hier entlang.