Nur der „California Biergarten“ hat kein WLAN

Es ist ziemlich genau ein Jahr her, als mir der/die Online-Chef(in) eines österreichischen Verlagshauses erklärte: „Bewegte Bilder werden auf Websiten völlig überschätzt.“

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Jetzt sitze ich im Silicon Valley und erzähle Tom, 34, „Video Producer“ bei OZY, diese Episode aus Good Old Austria. Er lacht aus tiefstem Herzen und sagt: „What? Wer so etwas sagt, hat das Internet nicht verstanden.“

Drei Filmemacher arbeiten für OZY, das bestgemachte Online-Magazin der USA: Melanie, Charlotte und Tom. Alle drei zählen zur Elite ihrer Branche. Tom etwa ist ein preisgekrönter Künstler, einige seiner Filme wurden weltweit auf Festivals gezeigt.

Das Leben des gebürtigen Australiers darf man ganz ohne Übertreibung ereignisreich nennen. Gestern filmte Tom den CEO von Microsoft in Seattle, morgen fliegt er zu einem der mächtigsten Senatoren nach Washington, D.C.. Bescheiden wie er ist erzählt er das in einem Nebensatz.

Selbstverständlich gilt auch für bewegte Bilder die OZY-Philosophie: „smarter, fresher, different.“ Tom, der an der berühmten „UC Berkeley’s Graduate School of Journalism“ studierte: „Wir hauen nicht jeden Tag zehn Videos raus, sondern jeder in unserem Team dreht vielleicht zwei Beiträge pro Woche. Wir wollen etwas Besonderes produzieren und keinen austauschbaren Mist. Der User soll unsere Bilder noch Tage und Wochen später im Kopf behalten.“

Trailer Park, Falken und Süßigkeiten

Nur drei Beispiele für Videokunst à la OZY: das feinfühlige Porträt einer Familie, von der drei Generationen gemeinsam in einem „Trailer Park“, einer Wohnwagensiedlung, leben. Rund 20 Millionen US-Amerikaner haben übrigens sogenannte „Mobile Homes“. Der verstörend schöne Film über eine Falkenzüchterin in der Wüste von Arizona. Und der originellste, kreativste, witzigste Beitrag, den ich je über Süßigkeiten gesehen habe.

Ich, der digitale Orientierungsläufer, lerne noch von Tom, dass sich seine Videos über Facebook am besten verbreiten und man Twitter, Google+, Tumblr und Pinterest diesbezüglich vergessen könne. Dann verabschiedet er sich, um sich auf seine Dienstreise nach Washington, D.C., vorzubereiten.

Ich trinke im „California Biergarten“ ein Feierabend-Pils und vergesse kurz die virtuelle Welt. Denn hier wird zwar Stiegl, Hofbräu, Andechser und Kölsch angeboten, aber kein kostenloses WLAN. Für Mountain-View-Verhältnisse ist das eine kleine Sensation.

AD PERSONAM

Wolfgang Ainetter (hier auf Twitter) war Ressort-Leiter bei der Bild Zeitung, Chefredakteur der Gratis-Zeitung Heute und zuletzt Chefredakteur bei News – als längstdienender Chefredakteur nach dem Gründer. Diesen Sommer über bloggt Ainetter für The Gap über seine Hospitanz bei OZY im Silicon Valley.

WEITERLESEN:br />Erster Teil des Blogs – Die Bewerbung und die Vorgeschichte

i>Tag 1 in den Ozy Headquarters

i>Tag 2 Gastauftritt Kurt Kuch

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