Die wunderbare Julia Holter entzückte am Montag Abend samt Band das Wiener WUK. Es war ein vollkommen ruhiges Sitzkonzert. Und dennoch (oder gerade deshalb) lag mehr Spannung in der Konzertluft, als bei so manch wildem Rockgewusel. Patrick Münnich schaute, Nicole Schöndorfer hörte genauer hin.
Julia Holter by Patrick Muennich-01
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Es war ja schon ein bisschen eigenartig. Die Stimmung schien gehoben, man wünschte sich irgendwie bauchige Weingläser anstatt überschäumender Plastikbecher, elegante Sandalen anstatt dreckiger Turnpatschen und gebundene Programmhefte anstatt doppelseitiger Club-Flyer. Ja, eigenartig. Aber wirklich schön. Das reihenweise bestuhlte WUK erstrahlte in weichem Licht, als sich die zierliche Kalifornierin Julia Holter in einem elfenhaften Chiffon-Kleid an ihr Keyboard stellte und zaghaft lächelnd "World", den starken Jazz-lastigen Opener ihres dritten, in zwei Wochen erscheinenden Albums "Loud City Song" ansang. Das Publikum war von Anfang an still und gebannt, man hielt sich notweniges Räuspern ebenso zurück, wie schnelle Bewegungen, die Telefone waren sowieso schon mindestens im Flugmodus und wurden wenn, dann ohnehin nur für ein kurzes Erinnerungsfoto gezückt. Schon das empfand man beinah als störende Intervention in der dramatisch aufgeladenen Atmosphäre der finsteren Halle.
Bei intensiver, jedoch zum großen Teil ebenso subtil instrumentierten Stücken wie dem verspielten "In The Green Wild", dem großartigen Barbara Lewis-Cover "Hello Stranger" oder dem alles niederreißenden "MAXIMS 2" entfaltete sich schließlich das faszinierende Feinmotorik-Geschick der vier Musiker rund um ihre Fairy Queen Julia Holter, die mal schüchtern-schelmisch grinsend, mal apathisch-verträumt an das hintere Ende des Raumes starrend, alle Blicke auf sich zog. Auch ein paar freundliche Lacher konnte sie während ihrer lieblichen kleinen Zwischenansagen einheimsen. Zu Recht. Ihr zauberhaft mädchenhaftes Kichern konnte nur auf ebensolches im Publikum treffen.
Obwohl Holter und ihre Band auch ein paar Songs aus dem Vorgängeralbum "Ekstasis" spielten, lag der Fokus ganz klar auf der Präsentation der neuen Kammer-Pop-Meisterwerke. Darunter stach vermutlich kaum ein Stück so anmutig und kraftvoll hervor, wie das sehnsüchtige "Horns Surrounding Me", welches bei der ersten der beiden Zugaben die Zuschauer wehrlos und auf ihren Stühlen gefesselt hielt. Wahrscheinlich gab es deshalb nicht die verdienten Standing Ovations. Kann eigentlich nur so gewesen sein.
Hach, ja. Man muss Julia Holter einfach toll finden. Weil sie schöne Musik macht, nach der Show barfuß im Hof des WUK umherspazierte und vor allem deshalb, weil sie wie der gesamte Abend die ganz und gar nicht widersprüchlichen Attribute eigenartig, aber schön verdient.