Nora und Ives stehen wieder gemeinsam auf der Bühne. Und das zum letzten Mal. Denn heute ist die letzte Show! Vorhang runter, Lichter aus! Und … was dann?

Es beginnt mit einem Knall. Nora wurde ins Herz getroffen und wankt laut wehklagend über die Bühne. Ives tanzt den sterbenden Schwan in Paillettenrock und Sportjacke. Nach der erfolgreich überstandenen Sterbeszene geht es aber erst so richtig los.
Ives spielt Ives und Nora spielt Nora
Wie auf der Bühne angekündigt spielt Ives den Tänzer Ives und Nora die Schauspielerin Nora. Beide Charaktere stehen kurz vor dem Ende ihres Bühnenlebens und spielen gerade ihre letzte Show. Sie schauen zurück und nach vorne. Wo ihre Figuren aufhören und Nora Vonder Mühll und Ives Thuwis anfangen, wissen wir im Publikum nicht. So können wir kaum anders, als zu glauben, dass alles wahr ist, was sie uns erzählen: von allerersten Produktionen, vom ersten Duett mit einem Fisch; von Ängsten rund um das Älterwerden, von Frustrationen und vom Schönem, von Erfolgen und von Fehlschlägen.
Über alldem hängt weich und schwer die Nostalgie der Zurückschauenden. Ob man den Abschied üben kann, wird gefragt. Kann man sich irgendwie darauf vorbereiten, sodass es dann weniger wehtut? Nora und Ives versuchen das jedenfalls ausgiebig. Und wir sehen ihnen dabei zu, wie sie alle Phasen der Trauer durchmachen – von Nostalgie über Wut bis Akzeptanz. Die Akzeptanz kommt nur langsam, sie will erkämpft werden. Im Publikum entsteht dabei eine besondere Atmosphäre, so als wären wir hier, um Ives und Nora bei dieser schweren Aufgabe zu unterstützen. Es wird außerordentlich herzlich mitgelacht und sogar geweint. Vielleicht liegt das auch daran, dass jede*r Abschiede kennt, ob es nun das Ende der Bühnenlaufbahn, eine Trennung oder der Abschluss der vierten Klasse ist.

Theater über das Theater
»Die letzte Show«ist aber vor allem auch Theater über das Theater. Wir werden hinter die Bühne mitgenommen – signalisiert durch eine freistehende Tür. Und dort sehen wir, was wir sonst nie sehen: jenen Moment bevor ebendiese Tür aufgeht, bevor die Schauspieler*innen in ihre Rollen schlüpfen. Wir sehen auch Chaos und Frustration, wir sehen unbeschönigten Alltag. Vor allem klingt aber die Zuneigung zum Theater durch. Besonders mitreißend wirkt diese während mehrerer Mitmach-Momente.
Deshalb ist diese Inszenierung auch besonders empfehlenswert für alle, die selbst Theater spielen oder es gerne würden. (Sowie für alle, die schon immer mal sehen wollten, wie jemand minutenlang einen Kopfstand in einem Eimer macht.) In dieser persönlichen und tragikomischen Inszenierung treffen sich Tanz und Theater, um den Abschied zu proben. Ehrlich und liebevoll erzählt »Die letzte Show«vom Losreißen und davon, was trotzdem kleben bleibt.

»Die letzte Show« war am 8. März 2025 im Rahmen des SLUP Festivals im Dschungel Wien zu sehen.
Dieser Text ist im Rahmen eines Schreibstipendiums in Kooperation mit dem Dschungel Wien entstanden.