Dank einiger Indie-Studios bekommen wir etwas zurück, das längst verloren schien: Local Multiplayer.
In den vergangenen zehn Jahren wurde Online-Gaming so stark, dass alle anderen Spielarten zurückgedrängt wurden. Jahr für Jahr kamen Spiele als Online-Multiplayer heraus, die für sich genommen doch eigentlich eine typische Einzelspieler-Erfahrung darstellten. Und während Solospieler hier eben nur verständnislos mit den Achseln zucken konnten, hatten andere Gamer ein viel größeres Problem, verlor doch ein anderes Element überraschend schnell seine Bedeutung: der Lokale Mehrspieler-Modus. Und auch heute noch muss das »local« genau ausgewiesen werden; traditionelles Spielen in der (lokalen) Runde ist zweitrangig geworden. Dabei war genau jenes Element maßgeblich an der rasanten Entwicklung und steigenden Popularität der Videospiele beteiligt. Ein wichtiger Bestandteil der Videospiel-Geschichte also, der im Laufe der Jahre zu verschwinden drohte.
Rettung des Wohnzimmer-Spiels
Dass Nintendo – einst die Spaßbringer schlechthin und verlässlicher Lieferant zugänglicher Spiele – wirtschaftlich angeschlagen und seit Jahren ohne große Ideen ist, macht die Misere nicht besser. Und der Mainstream-Hype rund um die Wii gerät langsam aber sicher in Vergessenheit – im Nachhinein eher ein Ausreißer denn langelebiges Phänomen des Zusammenspielens. Um den lokalen Multiplayer am Leben zu erhalten, müssen die Indies in die Bresche springen und es ist bei näherer Betrachtung wenig verwunderlich, dass das Verlangen danach in kleineren Studios größer ist als sonst wo, arbeiten dort doch Entwickler einer Generation, die mit »Mario Kart« (SNES, N64) und »Goldeneye« (N64) aufgewachsen ist. Aktuelle (lokale) Multiplayer-Indie-Games greifen in gewisser Weise den Spirit dieser Klassiker auf und machen etwas völlig Neues daraus.
»Nidhogg« (Messhof; PC/Mac) ist ein kleines feines Eins-gegen-Eins-Spiel mit Atari-Ästhetik. In schweißtreibenden Fechtduellen wird versucht, den Gegner zurückzudrängen und den einen tödlichen Treffer zu landen.
»TowerFall« (mattmakesgames; PS4/PC/Ouya) ist ebenfalls ein süchtig machendes, minimalistisches Game: Auf nur einem Screen kämpfen die Spieler mit Pfeil und Bogen um den Sieg – in feinster Bitmap-Optik, die an selige 16-Bit-Zeiten erinnert. Auch hier gibt es nur lokalen Multiplayer und das ist gut so. »Jeder Treffer tötet«, sagt »TowerFall«-Erfinder Matt Thorson. Dadurch ist das Spiel von der ersten Sekunde an spannend. Der Bruchteil einer Sekunde kann also den Unterschied ausmachen, über Sieg oder Niederlage entscheiden; auch die beste Internetverbindung kann dieses Gameplay nicht mit Sicherheit adäquat umsetzen.
»Sportsfriends« (Die Gute Fabrik; PS4, PS3, bald auch für PC/Mac/Linux) beinhaltet einige wirklich originelle Offline-Multiplayer-Spiele – allen voran »Johann Sebastian Joust«. Es ist so designt, dass Spieler miteinander interagieren müssen, nicht mit dem Screen. In einem tanzartigen Wettstreit um Balance, Bewegung und Reflexe hält jeder der bis zu sieben Spieler seinen Move-Controller mit extremer Sorgfalt – wie ein Ei, das auf einem Löffel balanciert. Die Aufgabe: Schubsen und Drängeln, während der eigene Controller stabil bleibt. Gewinner ist, wer das am längsten schafft. Auch die Finanzierung ist interessant, wurde der Titel doch direkt von Sony gesponsert. Das gibt Hoffnung, dass in Zukunft vielleicht andere kleine Teams ebenfalls große Unterstützer finden.
Neben dem pragmatischen Grund der Größe einer Entwicklung ist Nostalgie sicher für viele Triebfeder gewesen, dieses Revival einzuleiten. Mark Essen, der Erfinder von »Nidhogg«, erinnert sich an seine ersten Spielerfahrungen: »Wir saßen in der Gruppe um Computer oder TV herum, spielten gegeneinander oder zusammen und gaben die Joypads weiter.« Und Matt Thorson (»TowerFall«) hat sein Spiel so gestaltet, dass es seinem zwölfjährigen Ich gefällt, das mit »Smash Bros«, »GoldenEye« und »Bomberman« aufwuchs. Wie schön es doch sein kann, gemeinsam zu spielen – sich im gleichen Raum auszulachen, zu schimpfen und zu rempeln.
»Nidhogg», »TowerFall« und »Sportsfriends« sind bereits erschienen.