Der Verband unabhängiger Tonträgerunternehmen, Musikverlage und MusikproduzentInnen Österreich (VTMÖ) vertritt schon seit über zwanzig Jahren die Interessen der sogenannten »Indies«. Nun erweitert sich die Organisation um die Sektoren Livemusik und Musikmanagement.

Mit mittlerweile über 200 Mitgliedern engagiert sich der Dachverband VTMÖ seit 2003 dafür, dass trotz der weltweiten Dominanz der Majors, der österreichische Musikmarkt auch für Indies fair bleibt. Ursprünglich drehte sich dabei alles um Labels, nun sollen auch Booker*innen und Manager*innen angesprochen werden. Denn derzeit gibt es weder für die Live- noch für die Managementszene eine eigene Interessensvertretung in Österreich.
Diese seien jedoch längst überfällig, so Alexander Hirschenhauser eines der Gründungsmitglieder und der derzeitige Sprecher des Leitungsteams der VTMÖ: »Wir haben mitbekommen, dass viele unserer neuen Mitglieder ohnehin bereits in diesen Sektoren aktiv sind.« Die Idee, Livebereich und Management mit an Bord zu holen, sei laut ihm letzten Winter entstanden. Man habe erkannt, dass die Gründung neuer Interessenvertretungen für diese Sparten nur zu Konkurrenz führen würden – auch hinsichtlich der Entscheidung, wem man lieber Mitgliedsbeiträge zahlen würde.
Daher sei der Gedanke aufgekommen, die Kräfte zu bündeln und auf einer Struktur aufzubauen, die bereits seit mittlerweile 23 Jahren bestehe, stabil funktioniere und in der Szene gut vernetzt sei. Anschließend reifte die Idee noch etwas. »Jetzt, im Herbst, haben wir uns bereit gefühlt, damit an die Öffentlichkeit zu gehen – und zwar anlässlich von Waves Vienna«, erzählt Hirschenhauser.
Nachhaltiges Artist-Development
Dass zahlreiche VTMÖ-Mitglieder bereits in den Bereichen Livemusik und Management tätig sind, erleichtert sicher die Zusammenarbeit zwischen den drei Sektoren. Doch, so der Sprecher des Leitungsteams: »Natürlich gibt es auch Sollbruchstellen oder Interessenskonflikte, die voraussehbar sind.« Ein Beispiel sei etwa, wenn eine Venue möglichst günstig buchen möchte, während ein Musikmanagement versucht, für seine Künstler*innen die bestmögliche Gage herauszuholen. Booker*innen stünden da irgendwo dazwischen – schließlich würden sie meist prozentuell mitverdienen.
»In den bisherigen Diskussionen hat sich aber gezeigt, dass viele daran glauben, dass gerade aus diesen Gegensätzen eine spannende Synthese entstehen kann«, erklärt Hirschenhauser. »Nämlich wenn alle, die Interesse an einem nachhaltigen Artist-Development haben, weiter als nur bis zum nächsten Event denken.« Laut ihm wüssten auch Managements, dass die höchste Gage nicht immer das Beste für die Artists sei – gerade am Anfang einer Karriere. Es könne sinnvoller sein, kurzfristig auf etwas zu verzichten, um langfristig organisch zu wachsen und stabile Strukturen aufzubauen.
Ungewisse Zukunft
Als Antwort auf die Frage, wie er den Musikmarkt in Zeiten von Streaming und Konzernriesen wie Ticketmaster einschätze, seufzt Hirschenhauser zunächst. »Leichter ist es sicher nicht geworden«, sagt er dann. Das Schwierigste seien die Algorithmen der Streamingplattformen, die tendenziell Produktionen aus kleineren Ursprungsländern benachteiligten, weil die Algorithmen von den Verhaltensmustern der großen Märkte trainiert würden.
Das, was bereits groß und erfolgreich ist, wird somit noch größer und noch erfolgreicher gemacht. Hirschenhauser: »Das sind einfach systemimmanente Dinge. Da müsste ein gemeinsamer Wille entstehen, den Plattformen bestimmte Regulierungen aufzudrücken.«
Schaue man sich die Vertriebswerte am österreichischen Musikmarkt an, könne man ihm zufolge feststellen, dass ungefähr 80 Prozent davon in der Hand der Majors seien – und nur 20 Prozent bei unabhängigen Betrieben. Wenn man sich aber die Zahl der Releases ansehe, sei es genau umgekehrt. Die spannenden neuen Sachen, die frischen Ideen kämen fast immer von den kleinen Playern: »Der kreative Motor, die Entdeckungen, das passiert bei den Indies.«
Deshalb sei es so wichtig, diese Vielfalt zu unterstützen und bewahren. »Unsere Musikwelt würde vereinsamen, austrocknen und fad werden, wenn es nur das gäbe, was von den großen Konzernen produziert wird«, meint Hirschenhauser. Ein Appell an den Bund, die Länder, Städte und Gemeinden sich hier ebenfalls einzuklinken.
Bis 23. Dezember organisiert der VTMÖ wieder Musik ab Hof. Fünf Wochen lang bietet der Stand am Spittelberger Weihnachtsmarkt Musikschmankerln und Merchartikel von Österreichs Indielabels zum Verkauf an.