„Ein entkräfteter Journalismus hat vielerorts zugelassen, dass die Kaste der Kaufleute das Kommando übernahm“, schrieb Handelsblatt-Chef Gabor Steingart einmal. Die Controller in den Verlagen haben viele Feindbilder: gute Fotos, die etwas kosten.
„Wissen Sie, was das beste Bild ist?“, sagte vor nicht allzu langer Zeit ein CEO zu mir. „Eines, das wir von einer Agentur gratis bekommen. Und wissen Sie, was das schlechteste Foto ist? Eines, für das wir bezahlen.“
Und genauso sehen Tageszeitungen, Magazine und Websites heute oft aus: optische Massenware statt hochwertiger Bildsprache.
Aber zum Glück finden sich auf dieser Welt noch schöne Fotostorys. Und schon bin ich wieder beim US-Onlinemagazin OZY. Hier ist der stets gutgelaunte Eustacio „Director of Photography“. Er war für den Pulitzer-Preis nominiert, die „World Press Photo Foundation“ hat seine Arbeiten gewürdigt.
„Wir leisten uns die besten Fotografen“, sagt Eustacio, der Fotochef eines – ich wiederhole – INTERNETMAGAZINS. Erstaunlich: Die Online-Redaktionen, die ich kenne, dürfen ausschließlich Agenturmaterial verwenden und maximal 15 Euro für ein Bild ausgeben.
Die Websites der OZY-Mitarbeiter zeigen „The Art of Photography“ – atemberaubende Bilder. Eine kleine Liste großer Namen:
NEW YORK
b>Jordan Hollender, fotografiert für Disney, Fortune, Forbes, Mercedes Benz, Samsung, Time, Wired UK, Bloomberg, Village Voice – und OZY.
b>Rich Villa, Meister von Licht und Schatten.
LOS ANGELES
b>Kendrick Brinson. Zu ihren Kunden gehören unter anderem TIME Magazine, New York Times Magazine, Sports Illustrated, Fortune, Tiffany. Rapper Snoop Dogg gab ihr den Spitznamen „Strawberry Shortcake“.
WASHINGTON D. C.
b>Amanda Voisard, arbeitet für The Washington Post, MSNBC, The New York Times. Ihre Sportaufnahmen sind wie Kunstwerke.
SAN FRANCISCO
b>Talia Herman. Al Jazeera America, Bloomberg Businessweek, FADER, Google, Huffington Post, Rolling Stone, The Wall Street Journal und Wired lieben ihre Bilder.
FLORIDA
b>Melissa Lyttle, „Vice President of the National Press Photographers Association“. Solche Porträts haben Sie vermutlich noch nie gesehen.
ATLANTA
b>Zach Wolfe. „Genius“ – mehr gibt es nicht zu sagen.
SEATTLE
b>Danie Berman. Fotografiert für Google, Microsoft, National Geographic, The New York Times.
OAKLAND
b>Sam Wolson. Seine Bilder erschienen in Newsweek, Slate, Mashable, USA Today, The Wall Street Journal.
RIO DE JANEIRO, BRASILIEN
b>Antonio Franco. Gebürtiger Brasilianer, der am „Brooks Institute of Photography“ in Santa Barbara (Kalifornien) studiert hat.
KABUL, AFGHANISTAN
b>Kiana Hayeri. Eine Iranerin, die ihre Jugend in Kanada verbrachte und jetzt in der afghanischen Hauptstadt lebt. Mehrfach ausgezeichnet. Newsweek, Le Monde, Time Magazine, Globe and Mail druckten ihre Bilder, die so spannend sind wie ihre Lebensgeschichte.
Fotos wirken nur in Print, wiederholen die Traditionalisten in unserer Branche dogmatisch. Ich habe das auch viele Jahre lang geglaubt. Bis ich diesen Sommer ins Silicon Valley reiste.
AD PERSONAM
Wolfgang Ainetter (hier auf Twitter) war Ressort-Leiter bei der Bild Zeitung, Chefredakteur der Gratis-Zeitung Heute und zuletzt Chefredakteur bei News – als längstdienender Chefredakteur nach dem Gründer. Diesen Sommer über bloggt Ainetter für The Gap über seine Hospitanz bei OZY im Silicon Valley.
WEITERLESEN:br />Erster Teil des Blogs – Die Bewerbung und die Vorgeschichte
Tag 4 Welcome To The Stone Age
Tag 5 Larry Page, Marissa Mayer und der Telefonzellenfabrikant
Tag 6 Anforderungsprofil für Silicon-Valley-Journalisten
Tag 7 Kann man mit Online-Journalismus Geld verdienen, Mister OZY?
Tag 8 Fingernägel, Nasenrotz und andere Erfolgsgeheimnisse
Tag 9 Friseure sind die besseren Schreiber
Tag 10 Nachts im Silicon Valley
Tag 11 The same procedure as every day and every week.
Tag 12 OZY = Apple = CNN = eBay = Google = Time Warner = White House
Tag 13 Redakteure Gates, Bush, Blair, Rice und Shriver