Helenas Jahresendlisten 2025

Alle Jahre wieder blickt unsere Redaktion auf die popkulturellen Highlights der letzten zwölf Monate zurück. Mit streng subjektivem Blick. Was Helena Peter aus 2025 besonders in Erinnerung bleiben wird, könnt ihr hier nachlesen.

© Stina Peter

Zwanzigfünfundzwanzig. Ich hab mir dich einverleibt. Ich hab meine Begrenzungen in deinen ausgewaschen. Man pfeift mir jetzt nicht mehr nach. Vergangenheiten auszuscheiden war noch nie so einfach, wie mit dir. Mit links, aus dem Ärmel geschüttelt. Das Staunen ist raumgreifend geworden. An Vergangenheiten vorbeizuschlendern, sie eines Blickes zu würdigen. Und wenn ein Pfeifen sich doch bemerkbar macht, dann liegen Augen griffbereit; zum drüberrollen, und weitergehen.

Top 10 Tracks des Jahres

10. Sudan Archives »Ms. Pac Man«

Auf »Ms. Pac Man« schreit Sudan Archives unverschämt auf einem urstumpfen Beat ins Mikro und erzeugt so natürliche Stimmverzerrung durch Übersteuerung. Da und dort stolpert man über lustige Soundeffekte; Lippenschmatzer, Glocken- oder Videospielsounds. Der Kopf kann nicht anders, als von Anfang bis Ende mitzukreiseln.

9. Rosalia feat. Dougie F »Porcelana«

Wenn »El mal querer« ein neuer Take von Flamenco, und »Motomami« eine Umarmung von Tiktokpop waren, dann ist »Lux« die Selbstoffenbarung als Prophetin. Rosalia verkündet eine neue Welt, die Verheißung fleht auf allen Liedern um Aufmerksamkeit, bettelt um Anhänger*innen.  Auf »Porcelana« gefallen mir die geisterhaften Chöre, die abstürzenden Fagottklänge und, dass Pauke und Fingerschnippsen so lustig miteinander ringen.

8. Saya Gray »Cats Cradle!«

Interludes sind underrated! Auf ihnen finden die übriggebliebenen Ideen Platz. Die, die zu schräg für ein ganzes Lied waren, und zu schön, um im Archiv zu verschrumpeln: »Since when has fame replaced great art?« In verdichteter Form behalten sie die schönsten Übergänge, sie sind der Klebstoff zwischen dem einem und dem anderen. Mit fließender Gitarre, Wassergeblubber und Stimmfragmenten konserviert »Cats Cradle« 67 Sekunden Dazwischen.

7. Black Country, New Road »Two Horses«

Black Country, New Road werden wohl jedes Jahr auf dieser Liste landen, solange sie weiter jedes Jahr neue Musik veröffentlichen. Auf »Two Horses« singt Georgia Ellery übers Sinnsuche, Einsamkeit und über Trugbilder. Auf dem Rücken der Pferde trabt man mit dem Song entlang. Innere Einsamkeit bekommt durch Geklimper auf der Mandoline, weinerliches Saxofon und melancholisches Pfeifen einen selbstironischen Anstrich. Fast als würde ein Gemälde zum Leben erweckt, oder ein Westernmovie zum Theaterstück – oder eben wie ein ganz normaler BCNR-Song.

6. Caroline feat. Caroline Polachek »Tell Me I Never Knew That«

Eine Ballade für den Frühling. »Tell Me I Never Knew That« von Caroline und Caroline Polachek weckt einen besonders sanft aus dem Winterschlaf. Ganz geborgen kann man dann aus dem Bett steigen, erste Sonnenstrahlen und die Erwartungslosigkeit von Neuanfängen genießen. Über den enthaltenen Kitsch lässt sich deshalb getrost hinweglächeln. Balladenuntypisch sind die Rhythmen leicht versetzt und so ist es besonders einfach, beim Mitsummen den Einsatz zum »I dont wanna be anyone« zu verpassen. Ein bisschen denkt man dabei an Elbow oder Sigur Ros.

5. Aya »Peach«

Vielleicht ist alles nur ein Traum, ein ganz kleiner, und wenn man ihn wendet, gibt’s auf der Rückseite einen neuen Traum. Fast gleich und doch ein bisschen anders. Ayas Musik ist so wild und so intense, wie wenig anderes. Dabei haftet ihr eine gewisse Fragilität an. Das Album »Hexed!« führt die Bedeutungslosigkeit von Bedeutung vor, denn alles könnte auch ganz anders gekommen sein. Hauptsache es gibt. Und manchmal macht es auch einfach Spaß jemandem beim Ins-Mikro-Brüllen zuzusehen!

4. Smerz »Big City Life«

Smerz hat mich überrascht! Popsongs verwursten, ohne auf Krampf eine Aussage treffen zu müssen, manchmal reicht es aus den Augen heraus zu lachen. »My face is stuck, please, how to use? / My IQ low, and my shoes heels high«

3. FKA Twigs »Sticky«

»Sticky« steigt mir kühl zu Kopfe. Das intime Geräusch von schneeknirschen unter den eigenen Schuhsolen, so nah und eingeschlossen, als würde es aus einer Muschel, die man ans Ohr hält, dringen; nur für einen selbst hörbar. Ein unteilbares Lied, und doch eines für den großen Club.

2. Duval Timothy »Magic«

»Magic« ist ein Frühsommerlied; eines zum am Fensterbrett rauchen, um in kurzer Hose den lauen Wind in den Beinhaaren zu spüren, um im Kerzenschein so zu tun, als würde man Tagebuch schreiben. Verklebte Augenlider, weiche Haare. Wie die Vertonung eines Hörbuchs kann man das Lied fast schmecken und riechen. Es hinterlässt ein Gefühl auf der Haut.

1.  Aloisius & Bung: „What’s in Your Mouth?“

So dreamy, und warm, zum Einatmen und Angreifen. »Whats in Your Mouth« ist ein plastisches Lied, in dem man ganz zerfließen kann. Es ist so angenehm sich auf die Reverb-Gitarre zu betten, den Kopf in das wohlige Rauschen der Elektronik zu legen, das gelegentliche Bassgezupfe auf der eigenen Bauchdecke zu spüren.  Dreizehn Minuten Auszeit.

Auf der nächsten Seite: die Top 5 Tipps, um ein Konzert mit Cringefaktor zu überstehen.

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