The Gap hat mit dem langjährigen Leiter von Impulstanz über die diesjährige Ausgabe gesprochen.
Die Geschichten von Impulstanz Festival und Karl Regensburger sind untrennbar miteinander verbunden. Nicht nur weil letzterer ersteres mitgründete. Es dürfte keine Übertreibung sein, dass keine andere Person das Festival so tiefgründig, fortwährend und unermüdlich geprägt hat wie Regensburger. Im Interview erzählt er davon was Besucher*innen dieses Jahr erwartet, was seine persönlichen Highlights sind und welchen Stellenwert Impulstanz für die internationale Tanz- und Performanceszene hat.
Auf die Besucher*innen von Impulstanz warten 254 Workshops und Research-Projekte. Was ist der Wert einer solchen Breite – gerade auch in Bezug auf diverse Tanzstile?
Karl Regensburger: Seit den Anfängen 1984 ist das Workshopprogramm bei Impulstanz immer offener geworden, was uns sehr wichtig ist. Die mittlerweile 17 Departments – von Improvisation, Jazz, Modern bis hin zu Hip-Hop und Club-Styles – sollen sicherstellen, dass alle Interessen angesprochen werden. Und wir wollen damit die Vielfalt dieser Kunstform erlebbar machen. Gerade der zeitgenössische Tanz ermöglicht eine unglaubliche Freiheit. Es geht in erster Linie darum, Dinge ausprobieren zu können.
Was macht Impulstanz im Vergleich zu anderen Tanz- und Performancefestivals so einzigartig?
Das liegt an der Stimmung. Hier sind die Performances teils stärker als anderswo, weil eine einzigartige Atmosphäre herrscht. Die Anwesenheit von Kolleg*innen, die als Zuschauer*innen im Publikum sitzen, erzeugt eine besondere Spannung. Die schauen interessiert zu, sind aber natürlich auch kritisch. Darüber hinaus bleiben die Künstler*innen länger in der Stadt, geben Workshops, nehmen daran teil und tauschen sich untereinander aus. Diese Dynamik gibt es so nur in Wien.
Gibt es persönliche Highlights unter den Performances?
Wir zeigen dieses Jahr vom Burgtheater und Odeon bis hinein in die Museen wieder einmal das Best-of des zeitgenössischen Tanzes – mit über 50 Produktionen. Eröffnet wird in vier Installationen des US-amerikanischen Künstlers William Forsythe im MAK – Museum für angewandte Kunst, wo wir erstmalig zu Gast sind. Zu erleben ist hier u. a. sein Pendellabyrinth »Nowhere and Everywhere at the Same Time, Nr. 2«, das den Besucher*innen die Möglichkeit gibt, durch die bewegten Pendel zu navigieren. Ein Performance-Highlight ist Dada Masilo, die ihre Version von »Hamlet« mit wenig Worten, viel Tanz und Live-Musik zeigt. Und William Kentridge, ebenfalls aus Südafrika, der im Burgtheater seine neue Arbeit »The Great Yes, The Great No«, eine fulminante zeitgenössische Kammeroper, präsentiert. Spannend sind natürlich auch die elf Positionen unserer Serie 8:tension Young Choreographers, die ganz aktuelle und kommende Themen und künstlerische Sprachen präsentieren. Bei 8:tension haben auch berühmte Namen wie Florentina Holzinger, Geumhyung Jeong und Akram Khan ihre Anfänge gemacht. Da sollte man also einen besonderen Blick darauf haben. Ein paar Namen kann ich schon verraten – mit dabei sind u. a. Astrid Boons, Luca Bonamore, Camilla Schielin oder Deva Schubert.
Was hat es mit der Schiene »Public Moves« auf sich? Welche Wirkung beabsichtigt Impulstanz mit Tanz im öffentlichen Raum?
Die kostenlosen Schnupperkurse im Freien sollen ganz zwanglos Lust auf Tanz machen. Mit dem besonderen Fokus auf Barrierefreiheit ermöglichen die Klassen, dass wirklich jede*r neue oder vertiefende Eindrücke gewinnen kann. Erstmals wird »Public Moves« heuer vor dem Festival auch nach Klagenfurt (30. Mai bis 9. Juni), Linz (13. bis 23. Juni) und Salzburg (27. Juni bis 7. Juli) touren. Wir sind natürlich besonders gespannt, wie das angenommen wird. In Wien starten wir am 8. Juni in der Seestadt und es folgen sechs weitere Orte.
Wie steht es um das Interesse an Impulstanz in der breiten Bevölkerung? Wen spricht Impulstanz an?
Durch unser vielfältiges Programm vernetzt Impulstanz alle an zeitgenössischem Tanz und Performance Interessierten, egal was für einen Background sie haben. Ob das Kulturliebhaber*innen sind, Tanztheater-Aficionados, oder Menschen die sich gerne bewegen. Im besten Fall natürlich alles. Während des Festivals entwickeln sich hier tiefe Einblicke und Kenntnisse über die Potenziale dieser aufregenden Kunstform – und diese Erfahrungen teilen bis zu 150.000 Menschen.
Warum braucht es ein Festival wie Impulstanz für die zeitgenössische Tanzszene?
Hier ist der Ort, wo neue Arbeiten auf Klassiker treffen, junge Choreograf*innen auf Tanz-Ikonen, aktuelle Strömungen auf fundierte Technik. Da beginnt es zu brodeln und neue Impulse werden gesetzt.
Impulstanz findet von 11. Juli bis 11. August in Wien an diversen Locations statt. Der Eröffnungsabend der Schiene Impulstanz Soçial wird am 11. Juli in der Festivallounge im Burgtheater von The Gap präsentiert. Mit einer Live-performance von Enesi M. sowie anschließend den DJs Skofi und Succubus.