Der Weg vom Erstgespräch bis zum fertigen Produkt ist in der Kreativbranche oft kein geradliniger. Wir haben mit Kreativen über den Austausch mit den Kunden gesprochen. Geschichten erfolgreicher Zusammenarbeit zwischen Kreativwirtschaftsunternehmen und ihren Kunden sucht auch die Kreativwirtschaft Austria (KAT)im Rahmen des Wettbewerbs „Kreativwirtschaftsgeschichte 2017„
Gerade in der Kreativwirtschaft ist die Kommunikation mit dem Kunden einer der wichtigsten Teile im Arbeitsprozess. Es gilt, die Wünsche der Kunden zu erkennen und ihnen Möglichkeiten zur Umsetzung aufzuzeigen, Vertrauen aufzubauen, Expertise einzubringen und letztendlich ein Projekt umzusetzen. Dabei ist nicht zuletzt die persönliche Beziehung entscheidend, da gerade kleinere Agenturen oder EPUs ihre Kunden vorwiegend durch Mundpropaganda akquirieren. Wir haben mit Kreativen und einer Beraterin über das Verhältnis mit Kunden, Feedbackprozesse und Tools, die die Kommunikation und den Arbeitsprozess erleichtern, gesprochen.
Mehr als nur Kreativleistung
Am Anfang jedes Auftrags steht das Erstgespräch, das oft persönlich, manchmal aber auch telefonisch oder via Skype geführt wird. Vor einem solchen Gespräch müssen sich Kreative allerdings darüber im Klaren sein, was sie leisten können und was ihre Arbeit wert ist. Das sei gerade in der Kreativwirtschaft besonders wichtig, rät Gabriele Adelsberger, Trainerin im Kreativwirtschaftsnetzwerk C hoch 3 und Gründerin der Innsbrucker Beratungsagentur Die Beraterinnen: „Kreative Leistungen zu verkaufen stellt für viele KreativunternehmerInnen eine große Herausforderung dar. Es braucht ein selbstbewusstes und klares Auftreten gegenüber den KundInnen und KooperationspartnerInnen. Zu diesem Auftreten gehört es, zu wissen, was die eigene kreative Leistung wert ist und was ich dafür verlange. Dazu muss man auch wissen, was man kann und was nicht“ Gerade letzteres hält auch Verena Panholzer, Gründerin und Art Direktorin von studio.es für besonders relevant: „Ich achte sehr genau darauf, zu kommunizieren, was wir als Agentur leisten können und was nicht. In bestimmten Bereichen leite ich meine Kunden dann beispielsweise an andere Experten weiter. Ich glaube Ehrlichkeit und Verlässlichkeit sind sehr wichtig“ Panholzer betreut sehr viele Kunden, die selbst im Kunst- und Kreativbereich tätig sind, aus Interesse, wie sie sagt. Der Vorteil an einer eigenen kleinen Agentur sei es auch, sich den Bereich in dem man arbeitet bis zu einem gewissen Grad aussuchen zu können. „Ich glaube man braucht auch Leidenschaft für eine Sache. Gerade wenn man beispielsweise mit Museen zusammenarbeitet, hat man Kontakt zu Kuratoren und es braucht ein gewisses Interesse an der Sache, um Dinge gut umsetzen zu können“, so Panholzer.
Neben dem kreativen Teil agiert man als Kreativer gerade anfangs auch beratend, denn nicht alle Kunden haben eine genaue Vorstellung darüber, wie das fertige Produkt aussehen soll. „Wir arbeiten gerade anfangs fast ein bisschen wie Unternehmensberater. Wir versuchen am Anfang immer stark zu analysieren, was der Kunde braucht. Wir machen eine Art Marktanalyse, in der wir alle Informationen, die uns über das Unternehmen und sein Umfeld zur Verfügung stehen, miteinbeziehen. Damit hat man eine gute Grundlage, ein Projekt zu starten“, erklärt Lukas Fliszar von der Wiener Kreativ- und Digitalagentur 101. Der erste Entwurf von 101 ist dann allerdings meist kein grober Entwurf, sondern eine fertige Gestaltung. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es zwar klüger wäre, alles konzeptionell abzuklären, bevor man zu arbeiten beginnt, aber die meisten Kundinnen und Kunden brauchen etwas Visuelles, um sich vorstellen zu können, ob alles in die richtige Richtung geht“, so Fliszar weiter.
Maximilian Mauracher, der als selbstständiger Grafiker und Webdesigner Projekte umsetzt, geht hierbei etwas anders vor. Je nach Budget sei der Anfang einer Zusammenarbeit oft unterschiedlich, seinen Kunden präsentiert er aber zunächst eher grobe visuelle Richtungen, bevor es an die Ausgestaltung geht. In der Umsetzung achtet er auf kleinere Zwischenschritte. „Je nachdem wie das Budget aufgestellt ist, gibt es ein bis zwei Vorschläge, die dann mit dem Kunden noch einmal besprochen werden und erst dann geht es an die Ausarbeitung. Durch die Zwischenstufe hat man den Vorteil, dass der Kunde noch mitreden kann und aktiv eingebunden wird“, erklärt Mauracher. Bei den einzelnen Zwischenschritten bedient er sich gerade bei größeren Projekten eines Modells aus der Informatik und aus dem Projektmanagement, den Sprints. Jede Woche werden kleine Zwischenschritte definiert, auf die der Kunde Feedback geben kann, das dann möglichst schnell in die Arbeit einfließt.
Das schnelle Eingehen auf Kundenfeedback sei einer der größten Vorteile für Kunden, so Mauracher, der selbst davor bei großen Agenturen gearbeitet hat: „Ich glaube, ist das man als Einzelperson oder als kleines Unternehmen oft viel schneller agieren kann. In einer großen Agentur geht das Feedback zuerst zur Beratung, dann kommt es meist gefiltert in die Kreation und da kann am Weg viel passieren, es kann sein, dass das Feedback dann anders ankommt oder etwas verloren geht – bei einem kleinen Team ist das anders. Man bekommt direkt das Feedback, damit muss man aber natürlich auch umgehen können – das kann nicht jeder.“
Ähnlich sieht das Matthias Gahleitner, der zuvor bei einer größeren Agentur angestellt war und nun als selbstständiger Grafiker und Webdesigner in Oberösterreich arbeitet. „Der Vorteil, wenn man als Kreativer direkt Kontakt zu den Kunden hat, ist, dass man genau das umsetzen kann, was vorher besprochen wurde. Man versteht die Kunden auch besser, wenn man selbst mit ihnen kommuniziert und man kann viele Dinge schneller umsetzen“, so Gahleitner. Mit seinen Kunden kommuniziert er meist klassisch per Telefon oder Mail, für Feedback-Prozesse bei der Erstellung von Websites nutzt er außerdem Adobe Experience Design. „Wenn es um Konzepte geht, arbeite ich mit Google Drive und erarbeite das Konzept schon gemeinsam mit dem Kunden. Bei Designvorschlägen für Websites arbeite ich mit Adobe Experience Design, da kann der Kunde gleich direkt Kommentare einfügen, ähnlich wie bei einem PDF“, erklärt Gahleitner.
Auch wenn ein Großteil der Kommunikation im persönlichen Kontakt oder via Mail bzw. telefonisch erfolgt, helfen Projektmanagement-Tools bei größeren Projekten, den Überblick zu bewahren. „Bei komplexen Projekten verwenden wir meistens Basecamp als Projektmanagement-Tool. Das hilft gerade, wenn der Feedbackprozess sehr kleinteilig ist und wenn sehr viele verschiedene Leute daran beteiligt sind. So sind alle Leute immer auf dem selben Informationsstand“, erklärt Lukas Fliszar. Basecamp funktioniert ähnlich wie eine ToDo-Liste, die einzelnen Tasks können dabei allerdings von allen beteiligten Personen kommentiert werden. Am wichtigsten sei allerdings oft dennoch der persönliche Kontakt, wie Fliszar hinzufügt: „Wir haben generell viele persönliche Termine, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass das in Wahrheit viel effizienter ist, als all die anderen Kommunikationskanäle.“
Und wenn die Arbeit nicht gefällt?
Während gerade intensive Gespräche und Planungen in der Anfangsphase eine böse Überraschung am Ende verhindern sollen, bleiben dennoch oft Punkte offen. Entspricht das fertige Produkt nicht den Wünschen des Kunden, gilt es, das Feedback einzuarbeiten. Dabei stellt sich die Frage: Wie viel Mehrarbeit ist im zuvor vereinbarten Preis enthalten und was muss im Fall des Falles extra bezahlt werden? „Wir definieren im Angebot die Feedbackschleifen. In Wahrheit ist es im Prozess dann doch oft anders, aber es ist gewissermaßen eine Schutzklausel, wenn etwas absolut nicht mehr dem vereinbarten Aufwand entspricht. Wenn jemand exzessiv Feedbackschleifen in Anspruch nimmt und sich das Feedback beispielsweise widerspricht, dann hat man die Möglichkeit, darauf hinzuweisen und mit dem Kunden zu besprechen, wie das abgegolten wird. So etwas kommt aber eigentlich eher selten vor“, erklärt Lukas Fliszar von 101. Ähnlich handhaben das auch Verena Panholzer von studio.es, Matthias Gahleitner und Maximilian Mauracher. Zwei Feedbackschleifen sind meist standardmäßig im Angebot inkludiert, darüberhinausgehende Änderungen können abgegolten werden. „Wichtig ist aber auch die Kommunikation: Wenn man von Anfang an gut kommuniziert und auch argumentieren kann, warum etwas sinnvoll oder weniger sinnvoll ist, halten sich Änderungen, die Funktionalität und Design betreffen meist auf einem sehr niedrigen Level“, so Mauracher. Kommunikation und genaue Planung von Anfang an sind das A und O, denn oft sind Feedbackschleifen nicht einfach quantifizierbar, selbst wenn es im Vorhinein eine Vereinbarung gab. „Was im Vertrag vereinbart ist, hält in der Realität oft nicht, denn Änderungen können auch unterschiedlich groß sein. Wenn irgendwo im Text einer Publikation ein Beistrich fehlt und ergänzt werden muss, macht man das beispielsweise auf Kulanz. Wenn es immer wieder Korrekturen gibt, ist den meisten Kunden auch klar, dass sie für die zusätzliche Leistung mehr bezahlen müssen. Bisher hat die Abwicklung mit den Kunden in dieser Hinsicht aber immer gut funktioniert“, lobt Verena Panholzer ihre Kunden. Wichtig sei ihrer Meinung nach aber auch ein gewisses Vertrauen in die Kreativen, beispielsweise Design-Entscheidungen betreffend. Ob dieses Vertrauen da ist und ob man zusammenarbeiten kann und möchte, sollte allerdings vor einer möglichen Zusammenarbeit geklärt werden.
Ob es zu einer Zusammenarbeit kommt, hängt gerade bei kleineren Unternehmen oft von persönlichen Empfehlungen ab. Dementsprechend ist auch der persönliche Kontakt zwischen Kunden und Kreativen meist intensiver, als er das bei größeren Agenturen wäre. Dass „die Chemie stimmt“ sei wichtig und letztendlich auch förderlich für den späteren Prozess. „Bei einem persönlichen Treffen am Anfang kann sich der Kunde überlegen, ob er mit mir zusammenarbeiten möchte, ich kann gleichzeitig aber auch selbst entscheiden, ob es passt und ob ich mir vorstellen kann, dass das funktioniert“, so Matthias Gahleitner. Die gegenseitige Wertschätzung, auch die dem jeweiligen Produkt gegenüber, sei wichtig für den späteren Arbeitsprozess. Dem stimmt auch Verena Panholzer zu. Aufträge, die überhaupt nicht zu ihrer Agentur passen, lehnt sie auch schon einmal ab. Das passiert allerdings selten, da die meisten ihrer Kunden durch Empfehlungen von bereits bestehenden Kunden und dementsprechend oft aus einem ähnlichen Umfeld zu ihr kommen.
Die Kreativwirtschaft Austria hat Tipps und Praxisbeispiele rund um das Verhältnis zwischen Kunden und Kreativen im Rahmen eines Kreativwirtschaftshandbuchs zusammengefasst. Wer eine gelungene Kreativwirtschaft-Story zu erzählen hat, kann diese für den Wettbewerb zur Kreativwirtschaftsgeschichte 2017 der KAT einreichen. Zu gewinnen gibt’s die Verfilmung eurer Erfolgsgeschichte. Mehr Infos zur Kreativwirtschaft Austria gibt es hier.