Am Biography Channel gibt es eine liebevolle Dokumentation über den gefeierten und doch verkannten Les Paul. Empfehlenswert.
Les Paul. Eine multiple Legende ohne in der ersten Reihe am Kamin zu stehen. Eigentlich müsste der Gitarrist als einer der Besten seiner Zunft in alle Ewigkeit gefeiert werden. Ein paar Welthits hätte er auch noch im Ärmel zum Abfeiern. Les stand sich jedoch als findiger Geist mit noch größerem Ruhm selbst im Weg. Nicht wenige seiner Erfindungen haben heutige Sounds und Standards erst möglich gemacht, den Weg geebnet. Kniefall!
In der Dreißigern lernt er von der Pique auf den Jazz und Blues, bleibt aber für andere Genres wie Hillbilly offen, da dort gut gezahlt wird. Ende des Jahrzehnt hat er seine ersten, eigenen Gitarren mit speziellen Tonabnehmern gebaut, geht nach New York und spielt mit der Spitze der Szene. Schnell ruft auch das Geld aus Hollywood mit Nat King Cole und Superstar Bing Crosby. Dieser erkennt neben dem Gitarristen auch den Erfinder und fördert Experimente. 1947 kommt die erste Nummer in den Handel, wo per Multi-Track–Aufnahme acht Gitarren-Takes zu hören sind – das gab es noch nie. Schon 1941 gab es die erste, optisch noch wenig gelungene Ausgabe einer Solidbody-E-Gitarre über eine Partnerschaft mit Epiphone. Nach langer Anbahnung mit dem Hersteller Gibson kommt 1952 die erste Gibson Les Paul auf den Markt – die Kreissäge einer Saitenvariation als Mutter des Rock’n’Roll. Zusammen mit der Sängerin Mary Ford gelingen zahlreiche Hits mit erstaunlicher Soundtechnik, Les Paul steigt damit beständig vom Sideman zum Star auf. Gestoppt wird der Aufstieg durch einen schweren Autounfall, wobei sein rechter Arm irreparabel verletzt wird. Klassisch für seine kompromisslose Einstellung fordert Paul von den Ärzten, den Arm in einem für die Gitarre spielfähigen Zustand zu fixieren. Bei eineinhalb Jahren Rekonvaleszenz bleib genug Zeit für die Heirat mit Mary Ford und weitere Experimente. Neben echten Millionsellern wie „How High the Moon“ oder „ The World Is Waiting for the Sunrise“ und eigener TV-Show (bis 1960) bringt der nunmehrige Superstar neben neuartigen Hall-Effekten auch das Overdubbing ins Spiel. Dazu hat er auch schon den ersten 8-Spur-Bandrekorder („Sel-Sync“) fabriziert. Der Hüft-Rock von Elvis und der britische Beat lösen seinen Sound ab und lassen den formidablen Gitarristen das Musikgeschäft wie seine Ehe zu vernachlässigen – inklusive Scheidung 1964. Ehrungen ohne Ende, Verehrungen zahlloser Generationen für das reiche technische Erbe und seinen legendären Hunger nach der Bühne begleiten Les Paul bis zu seinem Ableben mit 94 anno 2009. Sein Status ist kaum besser zu kommentieren, als er es selbst aussprach: „Wenn ich mich den Leuten vorstelle, sind sie stets überrascht festzustellen, dass ich keine Gitarre bin und auch nicht tot!“.
Die gelungene Dokumentation läuft ab Montag dem 23. April 20:00 Uhr am Biography Channel und bringt mit guten Bildern von den Anfängen bis zur Spätzeit des Menschen hinter der Koryphäe Les Paul näher.