Mal mir das Bild vom Tod

Der Tod ist wohl das universellste aller universellen Themen: In der Literatur und in der Kunst gibt es wie im echten Leben kein Entrinnen. Der oft symbolhaften Darstellung stellt sich nun ein Büchlein mit sehr direkten Abbildungen entgegen.

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Der Tod ist ein gerechter Mann: Ob du arm bist oder reich, „gestorben ist gestorben“, sagt der Wurm. Als Leich‘ ist jeder gleich. Was die geschätzte EAV 1987 so bildhaft beschrieb, ist seit Jahrtausenden die treibende Kraft des menschlichen Handels: Das Bewusstsein, dass es einmal mit Jeder und Jedem vorbei sein wird.

Ganze Jahrhunderte konnten konspirative – Gläubige nennen es auch gerne religiöse – Kräfte unterdrücken, in dem sie ihre Anhänger auf die Relevanz des Jenseits festnagelten – ihr Prophet musste das ja am Kreuz erleiden. Das Festgenageltwerden. Das ganze Leben und sämtliche Handlungen waren – stets im Sinne der klerikalen Elite – darauf ausgerichtet, unbeschadet den Stairway To Heaven zu erreichen. Das jüngste Gerich entscheidet dann, ob man den Vorstellungen des Allmächtigen entsprochen hat: Wenn ja, dann kann man, je nach Konfession mit 72 Jungfrauen feiern oder sich an Manna laben. Wenn nicht, dann befindet man sich eben am Highway To Hell. Um bei den klischeehaften Himmel-Hölle-Hard-Rock der Siebziger Anspielungen zu bleiben.

Wenn man dann auch noch Katholik ist, kann das jüngste Gericht auch eine Entscheidung treffen, die man auch der österreichischen Justiz nachsagt: „Wir sind uns nicht sicher, schick’ ma den armen Halb-Sünder ins Fegefeuer, bis wir es genau wissen.“ Das Fegefeuer ist die U-Haft Gottes. Und natürlich: Für Selbstmörder gibt es nur einen Weg, den nach unten. Götter finden eben auch, dass Menschen viel zu sweet für einen Suizid sind.

Jedermann!

Menschen sind also von jeher mit dem Tod konfroniert gewesen. In Literatur und Kunst werden Jahr für Jahr Millionen von großen, kleinen, schlechten, guten, prosaischen, poetischen, weltbewegenden und absolut redundanten Schriftstücken zum Thema Tod, Vergänglichkeit und all ihren Spielweisen produziert. Manche nerven noch über hundert Jahre nach ihrem Entstehen die Gesellschaft: Alljährlich füllt der Jedermann sowohl Kultur- als auch Klatschspalten. Auch Edgar Allen Poe ist ständig stark en vogue.

Da sich die Bildende Kunst ja auch einmal gänzlich der fotografischen Abbildung von Lebensrealitäten und -fiktionen verpflichtet fühlte, zieht sich der Tod als wohl universellstes aller universellen Thema durch sämtliche Epochen, Stile und Großmeister. Auch wenn nicht direkt die jeweils gängige Darstellungs- und Personifikationsform des Todes – beliebt ist der lame old Totenkopf, gerne auch mit Sense und Kutte ausgestattet – abgebildet wird, kann man in wirklich wirklich vielen Objekten zumindest indirekt den Tod erkennen. Vanitas-Symbole noch und nöcher.

Death. A Picture Album

Kürzlich erschien ein Bildband, der den programmatischen Titel „Death. A Picture Album“ trägt. Hat man sich überwunden, den Einband, der penetrant an Ed Hardy T-Shirts erinnert, zu öffnen, offenbart sich eine Sammlung an sehr direkten Darstellung des personifizierten Todes. Aus verschiedenen Epochen springen einem zig Totenköpfe und auch vereinzelte Todesengel mit menschlichem Anlitz und Sanduhren ins Auge. Die Disziplinen erstrecken sich von spätmittelalterlichen Drucken über Zeichnungen bis hin zu modernen Fotografien. Die Abbildungen sind thematisch geordnet, die Kategorien zeigen jeweils einen Aspekt des Sterbens auf, so porträtieren die Objekte unter anderem das Nachdenken über den Tod, Totentänze, den gewaltsamen Tod und auch die Erinnerung und das Gedenken an bereits Verstorbene. Die in englischer Sprache gehaltenen Begleittexte nähern sich mit philosophischen Anekdoten den jeweiligen Aspekten, auch die einzelnen Bilder werden konzis beschrieben.

„Death. A Picture Album“ hält zwar, was der Titel verspricht, die in der Einleitung intendierte Hoffnung, über den Wert der Kunst in der Kommunikation von Tod und Körperlichkeit nachzudenken, wird aufgrund der doch etwas beliebig aneinandergereihten Bilder nicht wirklich erfüllt.

„Death. A Picture Album“ ist bereits im Verlag Wellcome Collection erschienen.

Bild(er) © Wellcome Collection
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