Warum hat HC Strache so viele Facebook Fans?

HC Strache ist Like-König der österreichischen Politik. Unangefochten auf Platz 1 der Politometer Charts verweist er mit knapp 130.000 Fans die Nachgereihten Sebastian Kurz und Heinz Fischer auf ihre Plätze. Doch: Warum hat HC Strache eigentlich so viele Fans? Und: Was macht er richtig, was andere falsch machen?

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Ein Blick auf seine Facebook-Posts des vergangenen Monats enthüllt wenig Spektakuläres: eher abgeschliffene politische Sager, recht abgedroschene Wahlplakate, bekannt agressive Anti-Islam– und Anti-EU-Botschaften, garniert mit kitschigen Feel-Good-Messages. Strache teilt gerne Fotos von sich bei politischer Veranstaltungen, oder inmitten junger WählerInnen. Er verlinkt Artikel, in denen er selbst gut, oder solche, in denen seine politischen Gegner schlecht wegkommen. Er teilt Videos von seinen Reden im Nationalrat, postet Veranstaltungsankündigungen seiner Partei, und er schreckt selbst nicht davor zurück, seinen Fans die aktuellsten FP-Presseaussendungen näher zu bringen. (Lernt man nicht in jedem halbwegs vernünftigen Social Media Seminar schon in der ersten Einheit das Teilen von Presseaussendungen als absolutes No-Go kennen?)

Wo ist die prickelnde Authentizität, wo die spürbare Bürgernähe, die er sich selbst zuschreibt (und von ExpertInnen zugeschrieben bekommt)? Ja, okay: Am Osterwochenende hat er ein Bild von seinem Hund gepostet als auch die von ihm vermeintlich gefundenen Ostereier; und wünscht seinen Fans auch gerne mal eine gute Nacht. Aber diese “authentischen” Inhalte muss man in Mitten aggressiver politischen Agitation, selbstheroisierender Photos und banalem Liebe-zur-Heimat-Gedudel mit der Lupe suchen. Aber warum hat HC Strache dann so viele Fans?

Wir müssen die Antwort außerhalb der Frage nach der objektiven “Qualität” seiner sozialmedialen Selbstinszenierung suchen. HC Strache hat nicht so viele Fans, weil er auf Facebook so eine gute Figur macht. Er hat so viele Fans, weil er ist, was er ist: Der fesche, dynamisch wirkende Anführer einer rechtspopulistischen Oppositionspartei, die von der allgemeinen Politik- und Systemverdrossenheit profitierend in einer tendenziell wenig gebildeten und vielfach sehr jungen Wählerschicht mit ihrer Hetz- und Krawallpolitik breiten Zuspruch erhält — und das Medium Facebook erscheint für diese Rolle prädesteniert:

– Ein auf personenzentrierte Inszenierung ausgerichtetes Medium passt perfekt zu dem auf der politischen Rechten ausgeprägten Hang zu starken politischen Führungsfiguren. Straches Image (fesch, dynamisch, starker Anführer) weist zudem einen hohen Identifikationswert für (vor allem) junge Männer auf, die an ihrer eigenen Identität und der entsprechenden sozialmedialen Repräsentation arbeiten. Strache ist eine Person von der sich seine Zielgruppe erwarten mag, dass sein Image auf das ihre abfärbt, wenn sie ihn und seine Botschaften ‘liken’.

– An Strache’s einfache, zuweilen an der Grenze zur Volksverblödung gereimte, politische Botschaften kann mit eigener, alltäglicher Erfahrung sehr leicht kommunikativ angeschlossen werden. So sorgen die markigen, polternden und niveaulosen Sprüche in den digitalen Kommunikationsräumen für Gesprächsstoff und generieren Interaktion, und zwar auf Grund der selben psychosozialen Prozesse wie an Stammtischen, vor Dorfdiskotheken und in Raucherhöfen polytechnischer Lehranstalten.

– In scharfem Kontrast zur den aggressiven Propaganda-Botschaften stehen die pastellfarbig hinterlegten, versartigen Feel-Good-Messages, mit denen er seinen AnhängerInnen die Selbstvergewisserung verschafft, trotz aller Polterei auf der richtigen Seite zu stehen: Wir lieben doch unsere Heimat und das Leben!

– Straches Facebook-Seite ermöglicht einer eher wenig gebildeten, und dadurch in ihrer Möglichkeit zur öffentlichen, wahnehmbaren Publikation der eigenen Meinung tendenziell eingeschränkten Gruppe von Menschen, ebendiese ihre Meinung kundzutun. Dieses Angebot wird dankend angenommen, die Interaktionsdichte auf der Site ist sehr hoch. Dadurch steigt dank dem Facebook-Algorithmus EdgeRank die Sichtbarkeit von Straches Botschaften in den täglichen Meldungen seiner Fans und deren Freunde — und Wahrnehmung ist der erste Schritt zum ‘liken’ der Site (eine gewisse weltanschauliche Prägung – oder zumindest entsprechende Flexibilität – vorausgesetzt).

Straches Facebook-Seite ist weder besonders authentisch im Sinne einer Präsentation des (auch privaten) Menschen Strache. Die Inhalte sind nicht besonders originell, nur begrenzt unterhaltsam, und über weite Strecken sogar überaus langweilig (Presseaussendungen, Videos von Parlamentsreden und Wahlplakate werden wohl nur von FP-Funktionären ge’liked’). Und trotzdem: HC Strache und sein Team nutzen diesen Kommunikationskanal perfekt: Sie greifen Bedürfnisse von Menschen zu sozialer Kommunikation (spezifischer Form und spezifischem Inhaltes) auf, stellen einen entsprechenden Raum zur Verfügung, und bringen ihre Mischung aus harmlosen Bildchen und handfester politischer Propaganda so ein, dass diese Bedürnisse im Kontext dieser Inhalte befriedigt werden können. Straches Facebook-Strategie ist einzigartig, es kann ihm niemand nachmachen. Doch gerade deswegen ist sie zwar normativ grausliche, aber rein professionell hervorragende, politische PR.

Axel Maireder ist Kommunikationswissenschafter an der Uni Wien und Co-Autor der Studie zur Twitterpolitik in Österreich (Coverstory The Gap März 2012).

www.axelmaireder.net

www.politometer.at

Anmerkung: Monopol Medien ist Eigentümer von The Gap und betreibt das Politometer gemeinsam mit Super-Fi und m-otion.

Bild(er) © Axel Maireder / Gilbert Novy, HC Strache
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