Is Tropical wohnten in einem Squat ohne Strom und sind heute so etwas wie eine Prolo-Hipster-Electro-Band. Im Interview erzählen sie von den UK Riots und Wolfgang Amadeus.
Damals, 2008 spielten Is Tropical noch unter dem Namen Ratty Rat Rat Partypunk. Mit der Zeit klangen sie immer poppiger, und nun sind sie nicht mehr vorwiegend im Untergrund Londons sondern auch im Radio erfolgreich, und schnupperten auch schon Mainstreamluft, zum Beispiel als Alexa Chung sie für Gonzo TV interviewte. Unter dem Bandnamen Is Tropical präsentieren sie polierte Sounds, bei deren Konsum sich automatisch Filme im Kopf abspielen, die neuen Songs haben cineastische Hymnenqualität.
Anno dazumal berichteten die „Rats“ im Interview von ihrem Leben als Hausbesetzer im legendären „Squallyoaks“. Später, nachher, rollte einer von ihnen, Gary, in einem Londoner Park durchs Gras, gabelte dabei einen Käfer auf und – so schnell kannst du gar nicht schauen – auch schon hinunter schluckte. Das waren gute alte Zeiten. Nun ins Jetzt und ein Blick in die Zukunft.
Wie gestaltete sich eure Reise vom Nicht-in-einer-Band-Sein ins Ratty Rat Rat-Land bis nach Is Tropical?
Wir sind alle am Meer aufgewachsen, waren Surfer und Skaterjungs. Das nautische Moment begleitete uns in die Zukunft, das Skater-Image hingegen nicht. RattyRatRat war eine Partyband, die plötzlich und überall auftauchte, zu 99 Prozent befanden wir uns dabei in einem entrückten Geisteszustand. Zum Übergang hin zu „Is Tropical“ beschloßen wir uns ganz bewusst. Uns ab dem Zeitpunkt war es uns wichtig, Musik zu spielen, die wir selber auch hören würden und die wir gerne spielen. Wir haben alle Instrumente, die wir in die Hände bekamen, zum Einsatz gebracht und haben uns auch mehr mit dem Aufnahmeprozess und der Live Produktion beschäftigt.
In welcher Hinsicht hat euch euer Hausbesetzerdasein in eurem kreativen Schaffen beeinflusst?
Häuser zu besetzen war gut, weil wir dadurch viel Freizeit hatten. Es aber war hart, kein warmes Wasser, und wenn wir vom Touren nach Hause kamen, waren unsere Klamotten auf der Straße verstreut – und im Winter war es SO kalt. Die Partys waren aber der Hammer und werden noch lange Zeit den Tausenden, die da waren, in Erinnerung bleiben. Aber nun sind wir gezwungenermaßen Mieter, wegen der langen Touren und obendrein wurden die Hausbesetzergesetze ja verschärft.
Welche Rolle spielt London in eurer Musik?
Wir fühlen uns hier in London wie Mitglieder der besten Bibliothek, durch das Erschaffen unserer Musik werden wir im Rahmen dieser endlosen Referenzwelt zu Schriftstellern. Jede Nacht spielen hier 15 gute Bands, die Gemeinschaft ist eng miteinander verstrickt, egal welchem Genre man angehört. Allerdings ist es hart, in einer so großen Bibliothek entdeckt zu werden.
Empfindet ihr eure Musik als politisch?
Unsere Musik ist nicht politisch. Unsere Musik dreht sich um Eskapismus, es geht darum, von der Politik zu flüchten. Aber wir haben da einen Song, der eine Hommage an Fela Kuti ist, mit dem Titel „Zombie“. Wenn du Fela nicht kennst, nachlesen! Er war ein erstaunlicher Mann.
Was ist eure Meinung zu den UK Riots?
Es ist interessant, dass die Kids so taten, als hätten sie politische Beweggründe, aber im Grunde sahen sie in den Aufständen eine Möglichkeit, eine Computerwelt-Realität zu inszenieren und aber auch zu Tieren werden zu können. Aber insgesamt sind die UK Riots schon eine politische Angelegenheit – in Skandinavien etwa wäre so etwas in diesem Ausmaß nicht vorstellbar, weil das Klassensystem ein ganz anderes ist. Jedes Mal, wenn wir eine konservative Regierung haben, werden die Klassen auseinander dividiert. Die Kids aus armen Verhältnissen können sich es nicht leisten, auf die Uni zu gehen. Weiters wurden den Jugendlichen durch Kürzungen etliche Jugendzentren genommen. Aus der Sicht dieser Kids wird man nur reich, wenn man sich als Rapper etabliert oder mit Drogen handelt. Für sie spielt es keine Rolle, ob sie nun jetzt oder in fünf bis zehn Jahren im Gefängnis landen.
Bezüglich eures Styles, seht ihr euch als Hipster oder als Proleten?
Wir tragen viele prollige Klamotten, aber die Presse kategorisiert uns ständig als Hipster. Das Witzige daran ist, dass wir seit Jahren nicht mehr beim Kleidershoppen waren. Wir leihen uns entweder was aus oder bekommen was geschenkt. Am Ende des Tages ist es sowieso bloß eine Lederjacke, die man braucht.
Habt ihr Lieblingsbandanas, mit denen ihr eure Gesichter vermumt?
Das wären dann wohl die stinkigsten.
Erzählt doch mal was von eurem „Vulkan-T-Shirt“, warum ein Vulkan?
Dieses T-Shirt ist bei den Fans das populärste. Ich denke den Leuten gefällt der geheimnisvolle Vibe, weil der Bandname ja nicht abgedruckt ist. Es ist schwierig heutzutage, ein T-Shirt zu designen, weil alle High-Street-Läden mittlerweile so gut darin sind. Also haben wir uns für einen Vulkan entschieden, weil es ein starkes Image darstellt und gleichzeitig sinnentleert ist.
Inwiefern entscheidet sich das UK-Publikum von dem Publikum auf dem Festland Europa? Oder gibt es keinen Unterschied?
Verschiedene Städte sind ähnlich. London und Rom sind ähnlich in der Art, wie man uns zuschaut und uns streng beurteilt. Normalerweise verhält es sich so, je kleiner die Stadt desto verrückter. Und je weiter man von zuhause weg ist, desto schräger. Die Leute in Venezuela und Japan sind die besten.
Ihr werdet beim „Waves Festival“ in Wien spielen, was und wen verbindet ihr mit Österreich?
Klassische Musik und Wolfgang Amadeus Mozart.
Danke fürs Gespräch und ich werde schauen, dass ich es aufs „Waves Festival“ schaffe, vorwiegend, um eine eurer Lederjacken zu berühren.
Und ihr, geschätzte Leserschaft, nicht vergessen, sich das Debütalbum „Native To“ zu besorgen, ihr werdet es nicht bereuen, versprochen. Am 10. Juni ist es via Cooperative/ Universal erschienen. Das Interview erschien bereits hier auf Englisch auf Stylish Kids In Riot.