In letzter Zeit wird mehr übers Grapschen geredet als sonst. Wir haben uns dieses komplexe Thema mit Blick auf die Clubs in diesem Land angesehen.
Drei Uhr früh, irgendein Club in Wien. Die Tanzfläche ist sehr gut gefüllt, der DJ spielt einen Track, Trap, 90er Dancefloor, egal. Da streift irgendwas deinen Arsch. Ein paar Minuten später dasselbe, dieses Mal viel stärker, vermutlich war es derselbe Typ. So etwas passiert in den Clubs am Wochenende laufend. Es könnte sich bald ändern.
Wieso viele gerade jetzt darüber reden?
In letzter Zeit kommt das Thema »Grapschen« immer häufiger auf. Was geht und was nicht, ist nicht für alle gleich, ja, es ist vielleicht nicht einmal an jedem Tag der Woche für ein- und dieselbe Person gleich. Und in Clubs gelten ein wenig andere Regeln. Es kann ok sein, ein Kompliment zum Arsch zu geben oder die Oberarme oder auch Brüste zu berühren. Oft halt nicht. Es wird also heftig diskutiert. Heute beschäftigen sich die Leute eben mit Clubs, wo man sich am Wochenende wohl fühlt und wo nicht. Zwei Gründe bringen die Diskussion gerade ins Rollen.
Sexuelle Demütigung
Einerseits ist da die anstehende Änderung des Strafgesetzbuches, der Paragraf §218 wird erneuert. Dabei wurde anfangs eine umfassende Ausweitung vorgeschlagen, was als sexuelle Belästigung gilt. Grapschen, vielleicht sogar Umarmen sollte nicht mehr unstrafbar sein. Für kurze Zeit war die Änderung wieder vom Tisch, weil der Vorschlag von mehreren Seiten als zu schwammig kritisiert wurde. Nun soll ein Zusatz zu »sexueller Demütigung« kommen. Po und Oberschenkel werden jetzt explizit genannt, intensive Berührungen könnten bald strafbar werden. Das Vergehen wird aber vom Einzelfall abhängen.
Es kommt öfter vor
Andererseits hört man aber auch von Freunden, dass in letzter Zeit viel öfter gegrapscht wird und man nicht mehr in bestimmte Clubs und Bars gehen will, wo solche Belästigungen besonders häufig vorkommen. Vielleicht redet man heute auch einfach offener darüber. Im Vorfeld haben wir also mit vielen Frauen gesprochen – auch mit Männern, aber die haben das Problem deutlich seltener. So ziemlich alle Frauen haben eine Geschichte und eine Meinung dazu. Fünf davon haben wir herausgegriffen, die sehr unterschiedlich mit dem Thema umgehen. Darunter ist auch Katharina Seidler, Journalistin bei FM4, The Gap und Expertin für Clubleben in Wien.
Wie soll man also auf sexuelle Belästigung im Club reagieren? Was ist ok, was nicht? Ein Artikel wird alleine noch keine eindeutigen Antworten geben können. Aber ein Diskurs kann entstehen, damit ein paar Unklarheiten ausgeräumt werden können.
Und dann sperrt er die Tür zu und hört nicht auf
Die Geschichte von Tamara [Anm.: alle Namen von der Red. geändert] zeigt schon, wie undurchsichtig das Thema Grapschen im Club ist. Tamara hat an diesem Abend ein Auge auf einen Typen geworfen, man kennt sich, es ist spät und ohne viel Geplänkel wird geschmust. Das Ganze wird auf die abgelegene Behindertentoilette verlegt – logisch, denn immerhin ist dort mehr Platz und es müssen nicht alle anderen Gäste zusehen oder Fotos machen können. Aber als der Typ die Tür der Toilette zusperrt, wird sehr schnell deutlich, dass es nicht beim Schmusen bleiben soll. Etwas dagegen zu sagen hilft nichts, sich wehren auch nicht. Erst nachdem Tamara schreit, begreift der Typ, dass hier etwas massiv falsch läuft.
Amanda (22) ist meistens im Volksgarten, Passage und in kroatischen Clubs unterwegs. Sie reagiert an einem Abend im Voga auf einen Grapscher zuerst mit Konfrontation. Sie sagt ihm deutlich, er soll das gefälligst lassen. Als der Typ weiterhin lästig ist, geht sie zur Security, die den recht jungen Typen schließlich rauswirft. »Vielleicht ist das eine übertriebene Reaktion, aber es ist mein Abend. Ich zahle ja dafür, da verlange ich von den Türstehern, dass sie für mich da sind, wenn irgendetwas nicht passt. Ich werde sicher nicht nach Hause gehen, nur weil jemand blöd ist«, sagt Amanda.