Chakuza macht jetzt verweichlichten Depri-Rap, sagen die Hater. Chakuza macht jetzt endlich die Musik, die ihm am besten gefällt, sagt er selbst. Im Interview spricht er über sein Album "Exit", miese Stimmung beim Schreiben und peinliche Typen, die mit 40 immer noch rappen.
Du gehst ja auch mit sehr viel Humor mit den ganzen Hatern und Kritikern um, die dir vorwerfen, verweichlicht zu sein. Meine Lieblingsline in "Off": "Jetzt kommen die Prolos und meinen: Oh, Schwuli is‘ traurig."
(lacht) Ja, das ist halt die Standard-Aussage. Dabei habe ich schon immer traurige Musik gemacht. Sogar zu meiner Battlerap-Zeit. Ich habe einfach nur keine Lust mehr, so ein Zeug zu machen wie früher. Mich würde das langweilen.
Andere Rapper fahren ihre Schiene dagegen quasi für immer weiter. Wann hast du dir denn gesagt: "Ich bin zu alt für den Scheiß"?
Das kam eher schleichend. Mein Musik-Geschmack hat sich verändert, genau wie meine Ansichten. Für mich kam nie in Frage, ein zweites "City Cobra" zu machen. Ich will mich einfach immer weiterentwickeln und so lange wie möglich Musik machen. Rappen kann man aber nicht ewig, ohne dass es irgendwann lächerlich wird. Deshalb will ich mich so weiterentwickeln, dass ich auch mit 40 Jahren noch Musiker sein kann, aber eben kein Rapper mehr.
Was genau unterscheidet deine heutige Musik denn lyrisch von deiner damaligen?
Ich war früher einfach nicht so direkt wie jetzt. Ich finde, dass man das, was ich jetzt rappe, viel besser versteht als früher. Damals habe ich rund um die eigentlich bedeutenden Lines irgendwelche Phrasen und Schimpfwörter gebaut – zum Selbstschutz, wenn man so will. Da bin ich heute offener und schonungsloser. Die Wortwahl ist auch eine andere. Die Schimpfwörter sind alle raus (lacht).
Naja, nicht ganz.
(lacht) Okay, aber in einem anderen Kontext. Heute dienen sie eher dazu, Emotionen auszudrücken, während sie damals so ein harter Schutzmantel waren. Das ist für mich der größte Unterschied. Deepe Musik habe ich schon immer gemacht.
Du hast dich ja auch abgesehen von deinen Texten verändert. Statt dröhnender Basslines und Synthies rappst du jetzt zu live eingespieltem Indierock. Ist "Exit" musikalisch gesehen dein Karriere-Höhepunkt?
Auf jeden Fall. Ich hab natürlich nichts gegen Old School-Shit und Synthies, das höre ich schon hin und wieder. Für mich selber ist das aber nicht mehr interessant. Ich will dieses Band-Ding durchziehen.
Erkennt man also in "Exit" den Musikliebhaber Chakuza?
Zu hundert Prozent. Ich hab immer schon alles gehört. Nicht nur Rap, sondern alle möglichen Genres. Und es war immer mein Ziel, solche Produktionen mit diesem Sound und einer Band aufzunehmen, wie ich es jetzt mache. Ich kannte bislang nur nicht die richtigen Leute dafür.
In einem Pressetext zu deinem Album steht der Satz: "Von einem Rapper der härteren Gangart mauserte er sich zum ernstzunehmenden Hip Hop-Künstler." Wird man denn in Europa in diesem Genre immer noch erst als Künstler angesehen, wenn man Rap mit echten Instrumenten macht?
Natürlich ist Straßenrap, wenn er denn gut ist, genauso eine Kunst wie jede andere Musik. Ich bin heute, nur weil ich Musik mit einer Liveband mache, nicht mehr oder weniger Künstler als damals. Ich spiele die Instrumente ja sowieso nicht selbst. Wenn es gut ist, kann man auch auf die billigsten Plastik-Beats was Geiles machen.
Das Problem ist, dass es einfach zu viel Müll gibt. Und in so einer Riesensuppe mit Müll verschwinden die ganzen Perlen, sodass auf den ersten Blick alles nach Müll aussieht. Den falschen Leuten werden Plattformen geboten. Manche sollten nicht mal die Berechtigung bekommen, einen Computer anzuschalten und darauf Musik zu machen.
Im Interview mit Falk Schacht hast du gesagt, du wollest gegen die Industrie rappen, und einfach das machen, was dir gefällt und dich nicht verkaufen. Aber deine Songs sind mittlerweile deutlich radiotauglicher als früher. Wirft man dir dann nicht öfter vor, dich gerade mit deinem neuen Sound zu verkaufen?
Ich finde Pop geil, und deshalb empfinde ich "poppig" oder "Pop-Rap" auch nicht als Beleidigung. Ich würde mich freuen, wenn ich super im Radio laufen würde. Ich weiß nicht, was daran schlimm sein soll, radiotaugliche Musik zu machen. Das meine ich also gar nicht damit, gegen die Industrie arbeiten zu wollen.
Was mich nervt: dass man mittlerweile mit irgendeinem Klamauk und Werbung für diesen Klamauk mehr verkauft als mit guter Musik. Ob in Videos, Promo-Phasen oder mit dämlichen Skandalen – es wird oft alles versucht, um von der beschissenen Musik hinter dieser Fassade abzulenken. Die Leute sollen Geld bezahlen für gute Musik. Und nicht für irgendeinen Kram drumherum.
"Exit" von Chakuza ist am 5. September via Four Music erschienen.