Österreich ist weltweit bekannt für Mozartkugeln, Red Bull und »The Sound Of Music«. Weniger für Waffen. Und doch hat eine österreichische Pistole aus dem beschaulichen Deutsch-Wagram in den letzten 20 Jahren die amerikanische Popkultur erobert. Wie es dazu kam, warum wir das alle cool finden und warum das eigentlich fragwürdig ist.
Über den österreichischen Waffenhändler Karl Walter begann sich Glock langsam in den USA zu verbreiten. Dieser setze dabei Hollywood ganz gezielt ein. Walter hatte erkannt, welche Rolle Dirty Harry für Smith & Wessons Magnum 44 oder James Bond für die Walther PPK gespielt hatte. Glock gewährte Filmausstattern – branchenunüblich – großzügige Rabatte. Und man bestand nicht mehr darauf, dass nur die Helden eines Films ihre Pistole in den Händen halten sollten. Schnell fand die Pistole auch Einzug in den Rap. Die Glock tauchte in Texten von Genregrößen wie Three 6 Mafia, Cypress Hill und Tupac Shakur auf. Der Siegeszug hatte sicher auch mit dem Reimpotenzial zu tun: »drop«, »pop«, »cop«, »cock«. Damit war die Firma allerdings weniger einverstanden. Laut Businessweek ließen Glocks Anwälte in den 90ern amerikanische Plattenfirmen wissen, dass sie sich gegen die Benutzung des Namens in Rap-Songs verwehrten.
Glock hatte aber nicht nur eine effiziente Waffe und einen cleveren Plan, sondern auch die Zeichen der Zeit auf seiner Seite. In den späten 80ern wendeten sich die amerikanischen Sicherheitskräfte und das Militär langsam weg vom Revolver und hin zur Pistole. Dabei kam der österreichischen Firma das amerikanische System, in dem einzelne Organisationen ihre eigenen Waffendeals abwickeln können, sehr zugute. Schrittweise hielt sie in einer Behörde nach der anderen Einzug. Allerdings gilt das weniger im Bereich des privaten Waffenbesitzes. Während die Europäer im professionellen Bereich längst mit ihren zuverlässigen und leichten Pistolen dominieren, hat Smith & Wesson immer noch einen dreimal so hohen Gesamtumsatz wie Glock. Hier gibt es deutliche Parallelen zur Autoindustrie: Dass Will Smith in »Bad Boys« stets Porsche und Mercedes fährt, heißt nicht, dass die Straßen nicht weiter von Fords und Chevrolets dominiert werden. Heute setzt Glock dem Vernehmen nach über 100 Millionen Euro im Jahr um, der Gewinn soll bei 31 Millionen liegen. Allein in New York laufen 20.000 Sicherheitskräfte mit einer Glock im Holster herum.
Moment mal: Was finden wir eigentlich an Waffen?
In der Psychologie gibt es mehrere Erklärungsmuster, warum Menschen von Waffen fasziniert sind, obwohl sie irgendwo auf der Welt täglich Menschen töten. Waffen werden als Instrumente, um anderen unseren Willen aufzuzwingen, bzw. als sexueller Fetisch gesehen. Darin schwingt immer der Begriff von Macht und Männlichkeit mit: Bürgerrechte waren über Jahrhunderte in vielen Kulturen mit dem Waffenbesitz verbunden – nicht umgekehrt. Waffen können töten. Deshalb werden sie gebaut. Michel Foucault bezeichnete das als die »Potentialität«. Wir müssen Waffen nicht einsetzen, um in den Genuss ihres Machtpotenzials zu kommen. Es kaufen sich auch Menschen einen Maserati, die ihn nie ausfahren können. Das ist aber nur eine Seite der Medaille. Durch Sammeln, Design und Gestaltung wird die Waffe ein Kulturgegenstand – ohne dabei aber den Zustand der Potenzialität völlig zu verlieren. Diese Faszination für tödliche Waffen wird gerne über den Sicherheitsdiskurs verkauft. Auch Sturmgewehre und Shotguns dienen der »Security«.
Das Gesagte gilt für Faustfeuerwaffen noch einmal im Besonderen. Die Pistole ist der verlängerte Arm des Schützen, kann prinzipiell in jeder Alltagssituation an der Brust oder im Holster getragen werden und erreicht damit eine Symbolik, die ein Sturmgewehr oder eine Panzerfaust nie erreichen könnten. Pistolen sind das Werkzeug für den alltäglichen, urbanen Kampf, nicht für den Krieg. Rambo mag ein Maschinengewehr brauchen – Bruce Willis reicht seine Pistole. Die Glock ist eine Spezialistenwaffe und passt perfekt in dieses Schema. Sie ist schwarz, leicht und zuverlässig. Sie symbolisiert kalte, technische Effizienz. Sie bildet das Gegenstück zum klobigen, schweren und uramerikanischen Revolver. Es sind stets die Profis auf beiden Seiten, die zur Glock greifen: Sonny Crockett in »Miami Vice«, Jack Bauer in »24«, Tom Cruise in «Collateral« oder Javier Bardem als stummer Killer in »No Country For Old Men«. Das einfache und schmucklose Design der Glock ist auf reine Funktionalität ausgelegt.