Österreich ist weltweit bekannt für Mozartkugeln, Red Bull und »The Sound Of Music«. Weniger für Waffen. Und doch hat eine österreichische Pistole aus dem beschaulichen Deutsch-Wagram in den letzten 20 Jahren die amerikanische Popkultur erobert. Wie es dazu kam, warum wir das alle cool finden und warum das eigentlich fragwürdig ist.
Und was finden wir an Gewalt?
Die meisten Menschen lehnen Gewalt ab – und trotzdem übt sie in Filmen eine unheimliche Faszination aus. Mediale Gewalt liefert einen Kick, den der Durchschnittsbürger bei der Betrachtung realer Gewalt nie empfinden würde. Warum eigentlich? Filme nutzen eine sehr schematische und konventionelle Darstellung, um unsere angeborene Hemmung zu »überlisten«. Durch gewohnte Bilder wird Gewalt ästhetisch rationalisiert. Deshalb erscheinen uns Filme wie »The Human Centipede« oder die Szene in »Irreversible«, in der ein Gesicht mit einem Feuerlöscher eingeschlagen wird, auch so grausam: Sie sind im Grunde nicht gewalttätiger als »Lord Of The Rings« oder »300«, aber wir kennen ihre Form der Gewaltdarstellung nicht und wissen mit ihr nicht umzugehen.
Popkultur ist im Wesentlichen Ästhetik, und Änderungen passieren nicht im luftleeren Raum. Die Anzahl an russischen Hauptfeinden in Hollywood-Filmen nahm nach dem Zusammenbruch des Eisernen Vorhangs rapide ab. Aber umgekehrt formt die Ästhetik des Films auch unsere Realität: Als 2009 der Rapper Raymond »Ready« Martinez von der Polizei erschossen wurde, spekulierten amerikanische Medien, ob seine Ladehemmung dadurch verursacht wurde, dass er die Waffe horizontal hielt – eine Schusstechnik, die sich in den 90ern in Hollywood verbreitete, weil sie Coolness ausstrahlte und die Möglichkeit gab, den Lauf und das Gesicht des Schützen gleichzeitig zu filmen.
Wir kommen aus der Perspektive, Gewalt abzulehnen und sie im gleichen Moment ästhetisch abzufeiern, nicht heraus. Ein gutes Beispiel dafür ist auch der Film »Natural Born Killers«, der in jeder Szene gleichzeitig »Wie abartig, dass euch mediale Gewalt so amüsiert!« und »Er sticht ihm ein Auge aus, wie geil!!!« schreit. Die popkulturelle Aufbereitung macht es uns möglich, den Kick des Verbotenen zu genießen. Im Prinzip ist es beim Cover dieses Magazins nicht anders: Bei aller kritischen Betrachtung bilden wir die Glock auf dem Cover ab, weil wir sie halt letztlich irgendwie faszinierend finden.
Pop The Glock
Außerhalb Österreichs produziert Glock noch in den USA, wo die Pistole eine treue Fangemeinde hat und zwei Drittel ihres Umsatzes macht. Es gibt einen lebendigen Magazinmarkt, Conventions und Foren wie www.glocktalk.com, wo sich über 75.000 Mitglieder über ihre Vorliebe für die österreichische Pistole austauschen. Onlineshops bieten alles, was das Fanboy-Herz begehrt: Goodies, Fotostrecken mit bewaffneten, leichtbekleideten Frauen, Baby-T-Shirts (»Future Glock Owner«) und vieles mehr.
Die Glock hat die Popkultur fest im Griff. Sie ist heute die wohl meistgezeigte Faustfeuerwaffe im Film, kommt in unzähligen Hip-Hop-Tracks vor und ist zum Inbegriff der 9-mm-Waffe geworden. Ein popkultureller Status, den Österreich sonst nur im Bereich von Mozartkugeln, »The Sound Of Music« und Manner-Schnitten genießt. Der Symbolwert der Glock geht teilweise so weit, dass sich das Wort vom ursprünglichen Produkt bereits gelöst hat: Der Sound der Waffe in Uffies »Pop The Glock« stammt eindeutig von einem Revolver.