Bald ist es soweit, die Beatsteaks stehen im Jänner mit ihrer neuen Platte „Boombox“ am Start. Vorweg haben wir mit Gitarristen Peter Baumann und Bassisten Torsten Scholz über die kleinen und großen Themen im Leben einer Band gesprochen.
Die bereits 15-jährige Geschichte der Beatsteaks ist geprägt von der Vergangenheit als Hardcore-Band und dem Schweiß etlicher Konzerte. Musikalisch längst den Wurzeln entwachsen, blieben die Beatsteaks stets eine Band, die wie gemacht für das Touren schien. Nur scheuten sie in letzter Zeit nichts mehr als das Bühnenlicht. Mit „Boombox“ erscheint nach zweijähriger Pause und den kommerziell erfolgreichen Vorgängern „Smack Smash“ und „Limbo Messiah“ Ende Januar ihr bereits sechstes Studioalbum. Zugleich ist es auch eine Rückkehr in gewohnte Gefilde. Anfang März laden die Berliner zu einer Reise durch halb Europa und zweifachen Stopp in Wien. Wir haben mit Gitarrist Peter Baumann und Bassist Torsten Scholz über die Höhen und Tiefen einer Tour gesprochen, über abstrakte Talente neben der Musik, Umweltschutz und der Emanzipation gegenüber Produzententypen.
Ihr habt euch eine längere Auszeit seit dem letzten Studioalbum "Limbo Messiah" genommen. Warum?
Peter Baumann: In erster Linie wussten wir nicht, was wir noch hinzufügen sollten. Wir waren definitiv an einem Punkt angelangt, wo wir dachten, jetzt wollen wir uns lieber kurz umdrehen und nicht einfach nur weitermachen, weil es funktioniert. Wir wollten uns halt nicht wiederholen. Außerdem brauchten wir die Pause auch um uns um unsere Familien und Freunde zu kümmern, die immer zurückstecken.
Torsten Scholz: Die Pause war dann aber auch gar nicht so lange, denn mit irgendwas war man immer beschäftigt, ich bin zum Beispiel Papa geworden, da hat man ja auch ständig was zu tun. Wir waren nicht auf Veranstaltungen zu sehen aber trotzdem war die Band damals schon wieder ziemlich früh am arbeiten.
Peter: Es war nicht die Pause die man sich als solche vorstellt.
Torsten: Schwierig war dann auch sich danach wieder einzufinden, dass im Proberaum dann wieder alle auf das Gleiche Bock haben. Das war auch nicht einfach, da mussten wir uns schon ein paar Mal zusammenruckeln.
Kann man "Boombox" als eine Art Befreiungsschlag verstehen, ist diese Platte wichtiger als andere davor?
Peter: Ich denke natürlich im Moment, dass es die tollste Platte der Welt ist. Vielleicht ist sie auch wichtiger in dem Sinn, dass wir bei dieser Platte mehr als je zuvor das Ruder in der Hand hatten. Niemand hat für uns entschieden. Wir haben entschieden, dass wir nicht ins Studio, sondern in den Proberaum gehen. Wir haben letztendlich, die Platte selber produziert, also welcher Teil nach welchem kommt, welches Lied gut ist und welches nicht und so weiter. Aber Befreiungsschlag ist vielleicht ein bisschen zu hoch gegriffen, weil wir ja vorher nicht gefangen waren. Aber ich finde es gut, wie es gelaufen ist, bin stolz darauf.
Torsten: Ich finde auch, wenn man sie sich jetzt anhört, dadurch, dass sie so viel positiver und versöhnlicher klingt wie die andere Platte davor, hat die schon was. Die stellt irgendetwas klar. Das gibt auch die Stimmung der Band wieder. Nicht dass die vorher schlecht war, aber es war alles ein bisschen verkrampfter. Wir entscheiden am liebsten alles selber und machen auch alles selber und das wirkt dann nach außen am Allerbesten.
Auch der Hintergrundgesang kommt mehr zur Geltung, wie zum Beispiel bei „Under the clear blue sky“. Peter, du singst ja hier den ersten Part…
Peter: Ja, ich sing die erste Strophe, Refrain singen wir zusammen. Ich bin halt am Anfang etwas alleine. Dazu musste ich mich ein wenig überwinden. Aber meine Kollegen haben gemeint, es ist toll und deswegen versuche ich jetzt meinen Frieden damit zu machen. Das fällt mir nicht so leicht, da können die anderen ein Lied von singen (lacht) und das wird sich hoffentlich irgendwann auf Tour geben. Es hat auf jeden Fall großen Spaß gemacht.
Wie wichtig ist für euch eine klassische Rollenverteilung mit dem Sänger im Vordergrund?
Torsten: Arnim ist der erste der versucht die Sache aufzubrechen. Von ihm kommt mindestens einmal bei so einer Plattengeschichte, dass ihm das total egal ist. Letztendlich singt er schon alle Lieder, weil er halt der beste Sänger von uns ist. Ich kann das nicht, weil das dann nicht so klingen würde wie es sollte und wir alle hier nicht sitzen würden (lacht).
Seit eurem Durchbruch mit "Smack Smash" bilden Moses Schneider und Arnim das Produzentenduo. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit und wer übt Kritik, wenn etwas nicht funktioniert?
Peter: Dieses Mal hat auf jeden Fall Arnim das Ruder übernommen. Wobei wir natürlich alle ein Recht haben zu sagen, was wir gut oder nicht gut finden. Arnim fasst das dann zusammen. Vor allem bei dieser Platte gab er oft das Zeichen für Neuaufnahme. Da haben wir nicht auf Moses gewartet und gefragt, ob er das auch so sieht. Er hat den ganzen Vorgang halt beobachtet. Man kann einen Weg einfach abkürzen, wenn man gleich macht, was die Band sagt.
Torsten: Wir haben uns von dem Produzententyp an sich emanzipiert. Moses hat das super übernommen, der ist bei uns noch immer eine Art graue Eminenz. Falls es dann doch Fragen gab, z.B ist das mit dem Refrain geil, muss das Mikrofon da stehen, soll der Bass verzerrt sein, konnten wir die stets an Moses stellen, wenn wir selbst nicht weiter wussten. Nur konnten wir unsere Fragen öfter selbst beantworten.
Wie ist die Idee mit den Coverversionen zu "Milk & Honey" entstanden?
Torsten: Die Idee hatte die Plattenfirma.
Peter: Ja, das müssen wir leider zugeben, dass das nicht auf unserem Mist gewachsen ist. Wir haben es aber von Anfang an toll gefunden. Die weitere Ausarbeitung der Idee, da waren wir dann höchst involviert.
Torsten: Zum Beispiel hingen in Berlin und Hamburg überall Plakate mit den Noten. Es gab auch Medienpartner, die die Aktion begleitet haben. Auf der Webseite konnte man sich das auch runterladen, über einschlägige Social Networks hat man mitbekommen, was das Ganze überhaupt soll.
Die zwei Gewinner stehen ja auch schon fest.
Torsten: Genau. Also die zwei Versionen die uns dann zu irgendeinem Punkt am besten gefallen haben. 250 Versionen kann man ja leider schlecht auf so ne Platte packen.
Die Postkarten auf eurer Webseite zeigen die Beatsteaks auf der ganzen Welt. Kann man sagen ihr fühlt euch überall zuhause?
Torsten: Wir fühlen uns überall wohl. Zuhause fühlt man sich immer, wo man wirklich zuhause ist. Ich fühl mich zum Beispiel in meiner Wohnung wirklich zuhause. Im Tourbus oder wenn wir Konzerte spielen fühl ich mich wohl. Auch egal wo wir Konzerte spielen, ich fühl mich immer wohl. Alle sind nett zueinander und am Abend ist dann sowieso alles Bombe.
Wie kam es zum Zusatztermin im Gasometer?
Torsten: Wir wurden von unserem Booker gefragt, ob wir nicht Lust auf ein zweites Konzert hätten, da eines bereits komplett ausverkauft sei. Arnim und ich waren sofort dabei, die anderen sind da etwas reservierter nach dem Prinzip, lieber ein volles als noch ein halbes Konzert dazu. Prinzipiell möchten wir auch in großen Hallen Clubatmosphäre erreichen. Jetzt hoffen wir natürlich, dass die Stimmung im Gasometer für zwei Clubkonzerte reicht.
(Anmerkung: auch für den zweiten Termin gibt es nur noch Sitzplätze)
Freut ihr euch mehr auf Beginn oder Ende der Tour?
Peter: Ich freue mich auf beides, vor allem aber auf die gute Phase. Das sind meist drei bis sechs Konzerte, die der totale Knaller sind. Dann gibt es einen Hänger, wo sich irgendjemand einfach zu wohl fühlt. Das Publikum merkt davon so gut wie nichts, aber danach haben wir unseren Schlendrian für die Tour besiegt.
Torsten: Bei einer Tour von 3 ½ Wochen gibt es immer ungefähr in der Mitte ein Konzert, das nicht richtig klappt. Nach Hause will eigentlich niemand. Wir haben das große Glück relativ komfortabel zu reisen und aufgrund Arnims Stimme spielen wir auch nie mehr als drei bis vier Konzerte am Stück. Alles in allem ist es also eine recht entspannte Tour. Am Wochenende können wir auch mal kurz nach Hause, unser Plan ist so angelegt, dass die Belastung nicht noch größer wird. Eine derartige Bühnenpräsenz vor 3000- 4000 Menschen zu schaffen, erfordert viel Kraft.
Welche Talente besitzt ihr abseits der Musik?
Torsten: Ich bin unglaublich gut im sauber machen, Staubsaugen und Wäsche aufhängen. Peter kann sehr gut Geschichten erzählen, vor allem aus seiner früheren Zeit bei der Berliner Stadtreinigung. Das sind Running Gags, die wir uns schon seit zehn Jahren erzählen. Arnim kann gut Leute karikieren und Bernd kann das Schwingen eines Messers im Baumstamm imitieren. Thomas… ja Thomas kann unglaublich gut Schlagzeug spielen.
Seid ihr eine politische Band?
Peter: Sicher, aber nicht plakativ sondern eher zwischen den Zeilen. Wir wollen keine Weltverbesserungsband sein, unsere Musik ist eher zum Abschalten da. Trotzdem machen wir darauf aufmerksam, wie z.B. in den Zeilen von “To Be strong“.
Torsten: Wir sind eine politische Band, weil jeder von uns eine politische Meinung hat.
Entwickelt ihr auf Touren auch Umweltbewusstsein?
Torsten: Auf Touren ist das sehr schwer, dafür berücksichtigen wir unser Merchandising, das Fair Trade ist und aus regenerativen Materialien besteht. Unterm Strich kostet das zwar etwas mehr, ist den zusätzlichen Aufwand aber wert. Unsere Busfirma hat moderne Fahrzeuge, als Band kann man darüber aber nicht viel mehr machen. Wir hatten erst kürzlich Unterhaltung mit dem Lichttechniker wegen der Beleuchtung. Gibt es eine gute Wahl, entscheidet man sich auch dafür.
Wie findet ihr die Idee des Copyleft und die Verwendung eurer Musik zur nichtkommerziellen Nutzung?
Peter: Ich finde die Idee prinzipiell gut. Wenn uns jemand fragt, schauen wir uns das an und entscheiden von Fall zu Fall. Leider wird das oft missbraucht. Die Musik bedeutet mir zuviel, als dass ich sie einfach so für irgendwas hergeben würde.
Torsten: Uns wurde einmal von einer Nazidemo erzählt, auf der Wir sind Helden “Wir sind gekommen um zu bleiben” und Beatsteaks “Let me in” gespielt wurden. Ich möchte nicht jeden YouTube-Nutzer mit einem Fascho-Idioten gleichziehen, aber es gibt auch Bereiche, die sehr empfindlich sind. Wenn wir Mails erhalten und gefragt werden, sagen wir eigentlich immer ja. Das freut uns ja auch, aber irgendwo muss dann auch Schluss sein.
Inwiefern kommt euer Status als Band sozialen Projekten zu Gute?
Torsten: Wir werden sehr oft auf Tour angesprochen, wobei wir nicht immer nur ja sagen können. Mit unserem Status haben wir die Möglichkeit bestimmte Projekte auszusuchen und entsprechend zu fördern. Wir unterstützen beispielsweise in Afrika ein Hospiz und haben dafür den Krankenwagen ausgestattet. Wir verfolgen das Projekt schon seit 7-8 Jahren und bekommen immer wieder Rückmeldungen. Ansonsten geben wir auch Kleinigkeiten für Tombolas.
Was kann man von eurer ersten iTunes LP erwarten?
Torsten: Das war eine Idee von Arnim, ich kaufe eher richtige LPs. Wir haben uns mit iTunes kurzgeschlossen und für gut einen Euro mehr haben wir eine ganz geile LP gemacht. Darauf findet sich auch ein Film, der sich auf unterhaltsame Weise mit der Erklärung der Platte beschäftigt. Im Endeffekt soll es sich schon lohnen und nicht nur mit ein bisschen Text und Bildern locken. Ich glaube die ist ganz schön cool geworden.
Peter: So lange da noch immer wir drin sind, ist das alles in Ordnung. Man muss sich nicht auf Teufel komm raus vermarkten, aber es brechen schon genug Plattenverkäufe weg. Wir müssen einfach schon noch davon leben können.
"Boombox" von den Beatsteaks erscheint am 28. Jänner via Warner.
Und live gibt’s die Beatsteaks am 04.03. und am 05.03. im Wiener Gasometer.