Eine große literarische Vorlage bedarf einer ebensolchen filmischen Umsetzung. Oder nicht? Das weniger manchmal tatsächlich mehr ist, zeigt "Der Große Gatsby" eindrucksvoll.
Den amerikanischen Traum leben! Selten wird ein Roman mehr mit dieser Idee verbunden als "The Great Gatsby" von F. Scott Fitzgerald. Die straffe Vorlage über die wilden 1920er und dem Streben nach Glück wurde hier jedoch bloß als Inspirationsquelle verwendet; stattdessen inszenierte Regisseur Baz Luhrmann ein absurd anmutendes Modespektakel mit fetter Musikuntermalung. Den Hang zur Übetreibung kennt man bei Luhrmann spätestens seit "Romeo & Julia", wo er aus dem Drama eine Seifenoper für verliebte Teenager zimmerte. Und auch in "The Great Gatsby" lässt es sich der Regisseur nicht nehmen, seine Protagonisten Jay Gatsby und Daisy Buchanan zu formen. Da fließt etwa in Großaufnahme schon mal die eine oder andere schön platzierte Träne, während im Roman emotionale Kälte herrscht. Zwar kann Fitzgerald’s Prosa gelegentlich noch identifiziert werden, am Ende driftet das Spektakel aber hoffnungslos in sentimentalen Kitsch ab. "Der große Gatsby" ist zweifellos ein literarischer Klassiker. Die Verfilmung dagegen lässt sich zu sehr auf die Präsentation von Mode und Musik und vergisst dabei das Wesentliche: nicht nur das Lebensgefühl der Roaring Twenties zu bewahren, sondern Einblicke in menschliche Abgründe zu gewähren.