Mit Hingabe zeigt ein Bildband die unter die Haut gegangenen Nachrichten an die Welt von heimischen Gästen des Häfn.
Wenn man dort eincheckt, kann sich schon viel im eigenen Leben verändert haben. Ebenso wahrscheinlich wird sich jetzt noch viel mehr ändern. Einer der offensiven Punkte ist der weitgehende Verlust der gewohnten Privatsphäre samt Reduzierung auf ein wenig angestrebtes Minimum. Je nach körperlicher Verfassung und Status in der Szene der neuen Örtlichkeit geht es auch für das letzte verbliebene Hab und Gut an die Grenzen. Ob als ungewolltes Gastgeschenk oder simpel derber Raub wird man schnell so einiges an Schmuck und Status-Symbolen los. Es sei denn, man ist einer der Kassierer. Seit alters her hat sich die Strategie der Tätowierung als mögliche Option zum Behalten des – nun uminterpretierten – Schmucks erwiesen. Abseits der Zeichen als Zugehörigkeit zu bestimmte Kreisen ist es faktisch Häfn-Mode als nonverbale Kommunikation der Hard Facts und Vorlieben. Jahrtausende hindurch hat sich Kunst des Hautritzens samt Farbunterbringung gehalten wie entwickelt. Umso erstaunter ist man, sieht man sich so manches Elaborat an. Derb geschlitzt, unsauber gezogen, verwackelt und brutal in den Körper reingetrieben. Eben ein Spiegel der Unzulänglichkeiten des jeweiligen Menschen selbst als Ausdruck seiner Situation als Wesen im Wechsel der sozialen Ebenen. Klaus Pichler hat sich auf die Suche nach den Trägern der Gefängnistätowierungen gemacht und dokumentiert. Nicht nur fotografisch, sondern auch der Seele zugewandt, die G‘schichtn dahinter hinterfragend. Viel gibt es da nicht zu verstecken, umso mehr zu entdecken. Ein lohnenswertes Unterfangen mit einem berührenden Ergebnis.