Während Jaroslav Rudiš in seiner Heimat als Schriftsteller, Comic-Autor und Musiker („The Bombers“) ausgesprochen populär ist, hält sich sein Bekanntheitsgrad im deutschsprachigen Raum in engen Grenzen.
Das dürfte sich mit „Grandhotel“ ändern, dem zweiten seiner Romane, der ins Deutsche übersetzt wurde. Fleischman, die pikareske Hauptfigur, arbeitet in einem verkommenen Grandhotel auf einem Hügel über Liberec, dem früheren Reichenberg, beschäftigt sich in seiner Freizeit ausschließlich mit Meteorologie, hat seine Heimatstadt noch nie verlassen und mit Frauen läuft auch nicht so viel, sieht man von Autogrammkarten seiner liebsten TV-Wetter-Fee mal ab. Ihm wird ein Figurenkabinett des Grotesken zur Seite gestellt: Jégr (Gesprächsthemen Fußball und Sex), Hotelstammgast Franz (Gesprächsthema Liberec vor dem Krieg), Kollege Patka (Gesprächsthema Wundermittel „Happy Life“). Mit diesem bizarren Personal gelingt Rudiš, der lange in Berlin lebte, eine subtile Auslotung der deutsch-tschechischen Post-89-Befindlichkeiten.