Eigentlich zieht sich mir eine Gänsehaut auf meiner Außenmembran auf, wenn ich hör, dass ein Slammer oder ein Dichter eine Gesangskarriere startet. (Bei Fußballern und Schifahrern natürlich auch.) Lydia Daher, die schon auf vielen Slambühnen für Furore gesorgt hat – ja: auch bei der Meisterschaft, ja: auch im Finale –, geht es ähnlich: „Ich hab […]
Eigentlich zieht sich mir eine Gänsehaut auf meiner Außenmembran auf, wenn ich hör, dass ein Slammer oder ein Dichter eine Gesangskarriere startet. (Bei Fußballern und Schifahrern natürlich auch.) Lydia Daher, die schon auf vielen Slambühnen für Furore gesorgt hat – ja: auch bei der Meisterschaft, ja: auch im Finale –, geht es ähnlich: „Ich hab mich lang genug gewehrt … Hey, hey, hey, ich mach jetzt auch Musik.“ singt sie in „Jenseits von Richtig und Falsch” und macht dann 16 Tracks lang so richtig viel richtig. Ihre Songs sind unverkrampft, rotzfrech und abwechslungsreich, aber mit eigenem Ton, was auch an der Instrumentierung liegt: Westernklampfe, so ein Casio-Teil und Kinderinstrumente im saloppen Homerecording. Am Wichtigsten: Lydia Daher versucht nicht zu singen, hat aber ihre Stimme und vor allem ihre Attitüde immer gut unter Kontrolle. Ihre Musik ist authentisch, aber mit sprachlichem Dreh, herzlich, aber mit ironischer Distanz, gut gelaunt, aber eh auch schon mal traurig gewesen und kriecht wie von selbst in meinen Kortex, um es sich dort bequem zu machen: „aufräumen oder neu tapezieren. Oder lüften, die Bude sanieren“ („Gott wohnt hinter meinem linken Ohr”). Auf die Platte hab ich irgendwie schon eine Zeit gewartet und es noch nicht einmal gewusst.