Wie Robbie Williams auszog, die Musikindustrie zu retten
Das Comeback des Jahres, der Liebling aller Schwiegermütter, der Superstar: Robbie Williams muss beweisen, dass er es noch draufhat. Allen voran seiner kriselnden Plattenfirma EMI.
Was haben wir Robbie Williams noch belächelt, als er durch das Video zum George Michael-Cover „Freedom“ gehampelt ist, gelacht, als er mit den Gallagher-Brüdern einen auf ernsthafter Alternative-Rocker gemacht hat, wie laut gestöhnt, als „Angels“ nonstop überall rauf- und runtergelaufen ist. Aber irgendwann war er plötzlich erträglich, nein, sogar sympathisch. Ein singender George Clooney, für Mütter und Töchter gleichermaßen. Gerade die Tatsache, dass Robbie Williams all seine Fehltritte – Drogenexzesse, übermäßiger Alkoholkonsum, Aufenthalte in der Entzugsklinik – so öffentlich gelebt hat, machten aus dem einstigen Teenie-Idol einen Star, der das kunstvolle Scheitern geradezu zelebriert.
Robbie Williams muss mit seinem Comeback nicht nur sein Image als Popstar – nach dem Flopalbum „Rudebox“ –, sondern seine Plattenfirma EMI gleich mit retten, nachdem das Label angeblich 80 Millionen Pfund in Williams investiert hat. Robbie Williams ist einer der letzten verbleibenden Superstars, der hoffentlich ganz altmodisch Geld in die Kassa spülen kann, gerade in Hinblick auf das kommende Weihnachtsgeschäft. Mehrere Schritte sind schon getan, ist Robbie doch seit Kurzem Teil der „ProSieben Star Force“. Auch ein Gratiskonzert in Berlin und die Live-Übertragung in ausgewählten Kinos haben ihre Wirkung nicht verfehlt, der Andrang war enorm, hoffentlich kauft dann auch jeder das Album. Aber gerade das könnte zu einem Problem werden: Robbie Williams gelingt es einfach nicht, mit „Reality Killed the Video Star“ an seine Erfolge als leichtfüßiger Lebemann – à la „Swing When You’re Winning“ – anzuschließen. Einerseits kann das an Überproduzent Trevor Horn liegen, der ganz tief in die 80er-Kiste gegriffen hat, andererseits an Robbie Williams selbst, der nach diesem Album seinen Vertrag mit EMI erfüllt hat und streckenweise ermüdet von seinem eigenen Comeback scheint. Auf die ganz großen Momente wartet man also vergeblich, stattdessen gibt es öde Balladen. Auch die Aussöhnung mit dem ehemaligen Hitlieferanten Guy Chambers hält nicht, was sie verspricht. Mitsing-Hymnen und Tanzflächen-Kracher sind spärlich gesät, stattdessen gibt es nervende Streicherarrangements und einen zu altmodischen Discobeats säuselnden Robbie. Danke, Trevor Horn, auch meiner Mama wird das nicht gefallen.