Jetzt aber mal im Ernst
Nach seinem Exkurs in Marsimotos grüne Welt kehrt Rapper Marteria mit seinem dritten Soloalbum »Zum Glück in die Zukunft II« zu seiner natürlichen Stimmlage zurück. Dabei gelingt ihm der Sprung zwischen Glaubhaftigkeit und Humor ohne ernsthafte Probleme.
Da gibt es diese eine Sache mit der Ernsthaftigkeit. Die kann ziemlich dienlich sein als Feuerwehrmann oder Notärztin. Wenn sich aber zum Beispiel Musikjournalisten zu ernst nehmen, wird es heikel. Auch im Deutschrap sind in den letzten Jahren einige am Zwinkern vor dem Spiegel gescheitert. Zu hart, zu smart, zu tiefgründig oder zu zwanghaft ironisch war da vieles und überspannte den Glaubwürdigkeitsbogen durch das ständige An-Sich-Selbst-Glauben. 2012 hat der deutsche Rapper Marteria unter seinem Alter Ego Marsimoto das Augenzwinkern perfektioniert und mit dem Kiffer-Erfolgsrelease »Grüner Samt« in Anlehnung an Madlibs Quasimoto-Projekt der zwanghaften Ernsthaftigkeit auf erfrischende Weise ins Gesicht geschlagen. Fast zwei Jahre später steht die Bong in der Ecke, die Stimme ist entpitcht und Marteria rappt wieder als Marteria. Mit seinem dritten Soloalbum »Zum Glück in die Zukunft II« will es der 31-jährige Rostocker ernster angehen. Dass auf den zwölf Nummern der Spagat zwischen Pathos und Witz, Weitsicht und Persönlichem und Charme und Abgeklärtheit gelingt, liegt vor allem an Marterias Art zu rappen. Sein Flow bröckelt nie, die Bilder werden glaubhaft transportiert und wenn die Texte Gefahr laufen, sich in Ernsthaftigkeit zu verlieren, springt schon einmal ein Marsimoto-Sample in die Presche und sorgt für Leichtigkeit. Besonders Marterias Stimmlage sorgt für einen angenehmen Grundton, manchmal zorniger, manchmal nachdenklicher, aber nie unglaubwürdig.
Dabei sind die Inhalte bekannt: »Das Thema der Platte ist die Welt«,heißt es im Pressetext. Marterias Welt sieht dabei nicht so anders aus: Liebe, die Entschleunigung einer Generation, Rebellion und Saufen an der Bar war alles schon einmal da, sein raffinierter Wechsel zwischen Metaebene und Ich-Perspektive sorgt aber dafür, dass das alles ziemlich kurzweilig daherkommt. Die Reime und Sprachbilder sind smart und humorvoll, altklug wirkt das selten. Auch der Sound von Marterias Welt ist zeitgemäß. Die Produktionen, zwischen 808s und Samples, unterstützen, aber drängen sich nicht in den Vordergrund. »Zum Glück in die Zukunft II« macht Spaß, Highlights wie das minimalistische »John Tra Volta« oder das grotesk, kritische »Kids« treffen den Zeitgeist und könnten ernsthafte Chart-Kandidaten werden. Marteria begegnet den ernsten Themen seines Rap-Zugangs mit der Leichtigkeit und dem Humor, die es braucht um vor dem Spiegel seinen Rapper zu stehen.