Vor 25 Jahren startete der Wohnfonds Wien die Blocksanierung, damit Eigentümer ihre Altbauhäuser leichter renovieren können. Obwohl tausende Wohnungen und oft auch ganze Stadtgebiete aufgewertet wurden, sollten die Mieten nicht steigen und die Bewohner so in ihren Häusern und Grätzln bleiben können. Ein Versuch, der nicht immer gelang.
Blocksonderfoerderung Siebenbrunnengasse 72, Foto by www.studiohuger.at
In den 80er-Jahren waren die Altbauhäuser privater Eigentümer in Wien größtenteils in einem sehr schlechten Zustand.
Selzergasse 34, Foto by Wohnfonds Wien
Für die Eigentümer waren großzügige Renovierungs-Projekte aber absolut unattraktiv.
Liniengasse 29, Foto by www.studiohuger.at
Das Mietrechtsgesetz sah damals für Altbauhäuser, die vor 1945 errichtet wurden, vor, dass die Mieten nicht beliebig erhöht werden können.
Kandlgasse, Foto by Wohnfonds Wien
Das Geld, das die Eigentümer in Sanierungs-Projekte investiert hätten, hätten sie also durch eine Erhöhung der Mieten nicht wiederbekommen können.
Dopplergasse 5, Foto by Wohnfonds Wien
Um dennoch die Sanierungen anzukurbeln, begann die Stadt Wien an private Eigentümer Förderungen und Niedrigzins-Kredite für die Sanierung der Häuser zu vergeben.
Kauerhof Diefenbachgasse 10-12, Foto by Wohnfonds Wien
Im Gegenzug verpflichteten sich die Eigentümer dazu, die Mieten für 15 Jahre nicht zu erhöhen.
Kuenstlergasse 14-16, Blocksanierungsgebiet Sechshaus, Foto by Wohnfonds Wien
Der Weg war frei für den Sanierungsmarathon und Wohnhäuser mit insgesamt 330.000 Wohnungen wurden so seit 1984 aufgewertet.
Geht es nach der Mercer-Studie, die Wien so ziemlich jedes Jahr zur lebenswertesten Stadt weltweit kürt, leben wir in einer ziemlich leiwanden Stadt. Und das kommt nicht von ungefähr. Gute Luft, gute Kultur, gute Infrastruktur und die Gefahr, in einem Bandenkrieg ums Leben zu kommen, sind international verglichen relativ gering.
Wien ist also hochoffiziell lebenswert und dementsprechend viele Menschen versuchen, in Wien sesshaft zu werden. Selbst wenn die Preise für Immobilien und die Miete in den letzten Jahren tendenziell steigen, gehört Wien immer noch zu den leistbareren Städten.
Dazu kommt, dass man in Wien für sein Geld meistens auch was bekommt. Selbst bei Altbauwohnungen ist die Wahrscheinlichkeit, sich mit Klo am Gang, Schimmel und antiken Holzrahmen-Fenstern abfinden zu müssen, in den letzten Jahrzehnten stark gesunken. Das Projekt "sanfte Stadterneuerung", bzw. die Blocksanierungsprojekte haben dazu sicher ihren Teil beigetragen.
Warum die Mieten trotzdem steigen
Wenn Wohnungen und Stadtteile aufgewertet werden, erhöhen sich die Preise in den meisten Städten parallel dazu. Mehr Grünflächen, Dachgeschosswohnungen und renovierte Häuser haben ihren Preis. Die sanfte Stadterneuerung will dem ursprünglich gegensteuern. Die Bewohner sollen mit dem gleichen Budget auch dann in ihren Wohnungen und Grätzln bleiben können, wenn die Eigentümer mit Hilfe der Stadt Wien die Häuser saniert haben. Erreicht werden soll das dadurch, dass sich die Eigentümer verpflichten, die Mieten für bestehende Mieter 10 bis 15 Jahre lang nicht zu erhöhen. So weit so gut.
Dass der Plan in der Vergangenheit aber nicht immer aufging, weiß Mara Verlic (Soziologin und Lehrbeauftragte am Department für Raumplanung, Technische Universität Wien): "Einerseits kam es zu Verdrängung von Bewohnern bereits bei der Renovierung, da die Einhaltung der Kriterien – sprich das Verbot die Mieten zu erhöhen – nicht immer eingehalten wurde und kaum kontrolliert wurde. Auch mit anderen Mitteln wurde wohl Druck auf manche Mieter ausgeübt, die Wohnungen zu verlassen. Das Programm hat zudem das große Problem, dass die Mieten nur für 15 Jahre niedrig gehalten werden müssen. Es hat also nur kurzfristig einen sozialen Effekt“.
Altmieter erfahren also meistens keine Nachteile durch eine Mieterhöhung. Wenn jedoch eine Wohnung frei wird, haben Neumieter mit gleichem Budget keine Chance mehr, sich eine sanierte Wohnung leisten zu können. Die Gentrifizierung – also die Abwanderung von Stadtbewohnern mit geringerem Einkommen – setzt somit oft schleichend ein.
Justin Kadi (Stadtforscher, Universität Amsterdam) sieht die Lösung des Problems daher woanders: "Längerfristig ist das einzig zielführende Instrument gegen Gentrifizierung eine Einschränkung des privaten Profitinteresses am Wohnungsmarkt durch sozialen Wohnbau. Hier gibt es wichtige Ansatzpunkte wie politisch eingegriffen werden kann, damit das Recht auf Wohnen wieder gegenüber dem Recht auf Profit am Wohnungsmarkt an Bedeutung gewinnt."
Makeover fürs Wiener Stadtbild
Aus sozialer Perspektive bergen die Blocksanierungs-Projekte also offensichtlich ein gewisses Risiko. Für das Stadtbild ist die sanfte Stadterneuerung aber sicher von Vorteil. In einzelne Projekte wurden bis zu 15 Millionen Euro gesteckt, um ganze Grätzl aufzuhübschen und lebenswerter zu machen. Vor allem Bezirke, die bis dato nicht unbedingt mit Glanzbauten aufwarten konnten, haben so profitiert. Derzeit bietet zum Beispiel der 15. Bezirk besonders viel Potential. So wurde beispielsweise in den letzten Jahren unter anderem das Sechshaus-Grätzl, der Kauerhof, die Künstlergasse und die Selzergasse umfassend aufgewertet. Aktuell sind das Reindorf-Grätzl und der Schwendermarkt im Umbau. Teil des Projektes ist dabei nicht nur die Renovierung und Sanierung von Gebäuden, sondern auch neue Grünanlagen, Parkplätze, temporäre Märkte oder neu strukturierte Plätze, um öffentlichen Raum schaffen.
Dieser Beitrag ist im Rahmen eines Praxis-Seminars am i>Institut für Journalismus & Medienmanagement der FHWien der WKW entstanden.
Wie erfolgreich die einzelnen Projekte für das Grätzl und seine Bewohner waren, ist von Fall zu Fall unterschiedlich bewertet. Die Wanderausstellung zum Thema: „25 Jahre Blocksanierung“ setzt sich mit der Thematik ausführlich auseinander: noch bis 9. Oktober 2015 in der GB*21. i>www.gbstern.at/projekte-und-aktivitaeten/stadtwohnen/25-jahre-blocksanierung