Wenn der Tod Folgen hat: Permadeath Games und ihre Verwandten. Die Faszination des Scheiterns.
Nicht selten verfallen wir bei herkömmlichen Spielen in einen gewissen Spielrhythmus: In den ersten Stunden lernen wir die Regeln und freuen uns über raschen Fortschritt. Später wird die verinnerlichte Taktik nur mehr widerwillig und wirklich nur im Notfall modifiziert. Wenn aber bereits der kleinste Fehler zum Tod führen kann und Stunden des Bemühens mit einem Schlag auslöscht, ist alles anders. Plötzlich überdenkt man die Folgen jeder noch so kleinen Aktion und untersucht penibel die Umgebung. Kein gedankenloses Umherlaufen, Springen oder Attackieren mehr. Anstatt auf das Geschehen zu reagieren, wird ein wesentlicher aktiverer Teil des Geschehens selbst übernommen. Das System Permadeath eignet sich dabei nicht für jedes Spiel. Durch regelmäßiges Sterben wird das Game ja immer wieder von Neuem begonnen und jeder Fehler im Spielsystem fällt da auf. Unfaire Hindernisse oder rigorose Bugs, die unausweichlich den Tod bedeuten, stehen dem Spielprinzip im Weg. Überladene Erzählungen sind noch weniger verdaulich, wenn sie immer (und immer wieder) kommen. Und: hält einen das Gameplay nicht bei der Stange, gibt es eigentlich keinen Grund, zurückzukehren.
Obwohl das Konzept bis zu den frühen Arcade Games ohne Extraleben und Continues zurückreicht, wird es gern den Roguelikes zugeordnet (benannt nach dem Spiel »Rogue«: einer Unterkategorie des Rollenspiels, die das Erforschen finsterer, zufallsgenerierter Gebiete bis zum endgültigen Tod populär machte). Viele Jahre später bot »Diablo 2« immerhin im Hardcore-Modus die endgültige Strafe. So ein unbarmherziges Feature ist der ideale Begleiter für Dungeon Crawler, die hinter jeder Ecke schreckliche Feinde, brutale Fallen oder heimtückische Tränke ohne Beschriftung dem mutigen Spieler entgegensetzen. Über die Jahre entwuchs das Spiel mit dem permanenten Tod seiner Nische und suchte immer mehr Genres heim. Tiefgehendes Bedauern und grenzenlose Freude – ein Wechselbad der Gefühle scheint garantiert. Bei handwerklich gut gemachten Vertretern lohnt sich die Erfahrung jedenfalls; zahlreiche großartige Games haben dies in den vergangenen Jahren eindrucksvoll bewiesen.
Neu-Installation als einzige Abhilfe
Das wunderbare »FTL« (»Faster Than Light«, PC, Mac, iOS) ist ein Roguelike mit Weltraum-Setting. Regelmäßiges Sterben ist hier Programm, freischaltbare Raumschiffe, die man behalten darf, lindern jedoch den Schmerz beim Neustart. Einen anderen Weg beschreitet »Out There« (iOS), wo gar nicht gekämpft, dafür umso mehr gestorben wird. In beiden Games spielt der Glücksfaktor eine wesentliche Rolle, in »Out There« ist es auch beim x-ten Durchlauf kaum möglich, sich auf kommende Gefahren vorzubereiten. Als süßer 2D-Plattformer getarnt, offenbart sich »Spelunky« als Mekka für Hardcore-Gamer: Wenn nach stundenlangem Erkunden der Höhlen ein schlecht ausgeführter Sprung das Ende bedeutet, liegen nicht selten die Nerven blank. Als Draufgabe gibt’s einen Koop-Modus – hoffentlich ist die Freundschaft stark genug. Dass das Thema Permadeath mittlerweile auch Mainstream sein kann, zeigt der Überlebenskampf in »DayZ« (einst lediglich Mod der Militärsimulation »ARMA II«, nun auch Standalone). Auf die Spitze treiben es die Entwickler von »One Single Life« (iOS), wo überhaupt nur ein Versuch möglich ist: stirbt man, ist das Abenteuer zu Ende. Nur De- und Neuinstallation des Programms schaffen Abhilfe.
Einen ähnlichen Weg beschreitet die »Souls«-Reihe und ihr aktueller Titel »Dark Souls 2«: Anstatt dem Spieler alles zu nehmen, bleiben Ausrüstung, Items und Charakterlevel erhalten, nur die Seelen (die Universalwährung) werden einem entrissen. All das resultiert in einer äußerst intensiven Spielerfahrung, wo man mit Furcht und Eifer gleichermaßen eine geheimnisvolle Welt erkundet. »Dark Souls 2« bestraft Hast, Gedankenlosigkeit, engstirniges Spielen – und belohnt dafür Geduld, Konzentration und Mut zum Experimentieren.
»Dark Souls 2« ist bereits für PS3, Xbox 360 und PC erschienen.