Träumer*innen unter sich – »Hope« im Dschungel Wien

Autobiografische Erzählungen über Flucht, Verlust und Migration; Nichtkonformität und Marginalisierungserfahrungen; Kunst und Forschungsarbeit; rote Räume für Bienen; Stellwände mit Fotos von Protesten gegen autoritäre Gewaltregime; und eine explizite Einladung, mit allen Menschen im Raum ins Gespräch zu kommen: Die Inszenierung »Hope« im Dschungel Wien erprobt das Erschaffen zugänglicher Räume kollektiven Hoffens.

© Laurent Ziegler

Unter der Anleitung eines Chors von Performer*innen kann sich das Publikum bei »Hope: Eine performative Installation mit Hoffnungschor« im Dschungel Wien frei durch drei separate Räume bewegen. Darin finden sich DIY-Mitmachstationen, dokumentarische Objekte und installative Arbeiten, die sich gemeinsam zu einer Ausstellung autobiografisch geprägter Zugänge zu Hoffnung und Krisenbewältigung zusammensetzen. Das freie Wandern durch die museale Raumsituation, die durch die schlicht gehaltene Gestaltung fast etwas an eine Science Fair erinnert, wird dabei immer wieder unterbrochen. Durch musikalische Performances, Tanzeinlagen des Chors und Erzählungen eingeladener Gäste, die anhand ihrer Lebensrealitäten erklären, was für sie in schwierigen Zeiten hoffnungsstiftend war.

»Hope: Eine performative Installation mit Hoffnungschor« (Bild: Laurent Ziegler)

Raum für Erzählräume

Auf diese Weise werden in »Hope« autobiografische Erzählräume aufgemacht und auf vielfältige Weisen ausgefüllt. Durch die Verbindung aus performativer Kontextualisierung und der Freiheit, sich zwischendurch frei durch die unterschiedlichen Räume bewegen zu können, werden die ausgestellten Objekte der einzelnen Stationen in konkrete Geschichten eingebettet. Je öfter man durch die Räume geleitet wird, desto mehr möchte man bei den unterschiedlichen Stationen verweilen und sich tiefer damit auseinandersetzen, wie sich die erzählerischen Offenlegungen darin spiegeln. Auch wenn dies im zeitlich dichten, etwas überladenen Programm nicht immer ausreichend möglich ist.

Der inszenatorische Ansatz von »Hope«, reale Biografien interdisziplinär zu erzählen und auszustellen, ist sehr vielversprechend darin, die zentrale Frage zu beantworten: Wie können wir zusammen hoffen und uns über Handlungsfähigkeit, Träume und Krisenbewältigung austauschen? Leider werden insbesondere die performativen, chorischen Teile diesem Potenzial häufig nicht gerecht. Diese verbleiben zeitweise in einer oberflächlichen und affektierten Darstellung von Hoffnung. Sie illustrieren etwas, das sie gar nicht illustrieren müssten. Die Frage, was Hoffnung für alle im Raum Anwesenden bedeutet und was für Formen sie annehmen könnte, wird zwar ernst genommen, ihre Beantwortung kommt aber trotz bereitgestellter Stifte und Leinwände zu kurz.

»Hope: Eine performative Installation mit Hoffnungschor« (Bild: Laurent Ziegler)

»Ist Hoffnung was für Träumer*innen?«

Gegen Ende der Inszenierung stellt sich bei mir das Gefühl ein, dass – trotz einiger aussichtsreicher Momente realen zwischenmenschlichen Austausches die Träumer*innen hier den Ton angeben. Zwar ist durchwegs eine Wärme zwischen Chor, Gästen und Zuschauer*innen spürbar, doch einer realen Kollektivität wird dramaturgisch zu wenig Raum gegeben. Nichtsdestotrotz stellt »Hope« ein wertvolles soziokulturelles Experiment dar, in dem durch kollaborative Zusammenarbeit vielen unterschiedlichen Perspektiven Raum gegeben wurde. Was einmal mehr beweist, wie wirkmächtig und berührend dokumentarisches Erzählen sein kann. In Zeiten zunehmender Polarisierung und Vereinzelung sind Räume, in denen kollektiv gehofft, sich ausgetauscht und produktiv mit negativen Gefühlen auseinandergesetzt werden kann, unheimlich wertvoll. Umso wichtiger wäre es, dass die vielversprechenden Ansätze, die »Hope« liefert, zu einem tatsächlichen Raum kollektiven Hoffens weiterentwickelt werden.

»Hope« war von 11. bis 16. November 2024 im Dschungel Wien zu sehen.

Dieser Text ist im Rahmen eines Schreibstipendiums in Kooperation mit dem Dschungel Wien entstanden.

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