Obwohl es die Linzer Gruppe Color the Night schon seit 2018 gibt, bringen sie erst dieses Jahr ihr Debütalbum heraus. Das Warten hat sich gelohnt.

Selten noch lief ein Rezensionsexemplar bei mir so schnell in Endlosschleife wie das Debütalbum von Color the Night. »Queer Rage« fügt sich nahtlos in die Reihe der queeren Dancepop-Releases der letzten Jahre ein. Und muss sich auch im internationalen Vergleich mit Chappell Roan, Kim Petras, Troye Sivan & Co nicht verstecken.
Dabei passt die junge Band aus Linz nicht nur in den musikalischen Trend. Noch nie zuvor war queere Sexualität derart breit und explizit zu hören. Was früher vielleicht ein paar Queercore-Artists für die Community-Nische produziert haben, findet heute ganz selbstbewusst und -verständlich Einzug in Songs, die auch die Heten da draußen hören dürfen.
»It’s Straight to Hell«
Nicht falsch verstehen: Sex ist nicht das einzige Thema von »Queer Rage«. Die Band findet klare Worte für eine Vielzahl von queeren Lebenserfahrungen. »It’s straight to hell / Not queer to hell«, heißt es etwa in »Alone« als Absage ans homophobe Heteronormativ. Oder wenn in »Drama Drama« die Ehefrau des heimlichen Lovers adressiert wird: »Honestly, I find it hard to believe / That you never noticed that he likes to receive.«
Musikalisch liegt der Fokus deutlich auf dem eingangs erwähnten Dancepop. Egal ob energiegeladen-upbeat (»You and I«) oder funky-relaxed (»Fem Divine«). Viel Bass, viel Synthie, viel Falsett. Damit es nicht fad wird, geht es dazwischen in etwas indierockigere Gefilde (»Good Luck«) und sogar ins Soulig-Jazzige (»Bubbles«). Im glitzernden Cast von »Queer Rage« sind sie aber mehr die interessanten Charakterköpfe als die leuchtenden Stars.
Auch deshalb stellt sich mir zum Schluss dann doch die Frage, ob »Queer Rage« tatsächlich der passende Titel für das Ding ist. Denn Wut ist hier höchstens stellenweise zu spüren. Eher Lebensfreude. Vielleicht wäre »Queer Joy« treffender. Oder schlicht: »Unapologetically Queer«. Denn darum geht es hier im Kern. Queer sein ungeachtet der Umstände, ungeachtet der Anfeindungen und gesellschaftlichen Diskriminierungen. Party in your face. Und das ist eh produktiver als Wut, oder? Es macht zumindest mehr Spaß.

Das Album »Queer Rage« von Color the Night erscheint am 7. März bei Las Vegas Records. Live-Termine: 7. März, Linz, Stadtwerkstatt — 8. März, Wien, The Loft — 15. März, St. Pölten, Freiraum