Der Detroiter Rapper Danny Brown spart auf seinem dritten Studioalbum „Old“ nicht mit Überraschungen. Dabei gelingt ihm der schrille Sprung über die Gräben der Rap-Generationen.
Intakte Schneidezähne sind überbewertet – auch im Rap. Seit seinem Erfolgsalbum „XXX“ aus 2011 kommt man um Danny Browns zerlückte Vorderzahnreihe nicht mehr umher. Mit zerzausten Haaren grinst der Rapper aus Detroit seither von Magazincovern, gibt Style-Interviews und featured sich durch den Rap-Olymp. Jetzt hat er mit seiner neuen Platte „Old“ nachgelegt und eindrucksvoll bewiesen, dass er unter der neuen MC-Generation zu einer der interessantesten Persönlichkeiten zählt. Entscheidend dafür ist, dass Brown eben problemlos den Sprung über die Gräben der unterschiedlichen Rap-Generationen schafft, ohne sich einer Ecke anzubiedern. Dabei scheint es ihm in der Outcast-Rolle des Rap zu gefallen: “I don’t rock Tom Ford, I pop Molly” twitterte er in Anspielung auf Jay-Zs Kniefall vor einem dekadenten Lebensstil. Statt in teuren Tom Ford-Anzügen schlägt sich Brown lieber auf Uppers durch das Nachtleben.
„Old“ bricht weder mit Rap-Traditionen noch verwehrt es sich dem aktuellen Hip-Hop-Status-Quo. Vielmehr vereint das Album sie: Aufgebaut als klassische Vinyl-LP bedient die A-Seite die Fans des alten Danny Brown. Dort gibt er sich als großer Geschichtenerzähler, berichtet über sein Heranwachsen in Detroit, Obdachlosigkeit, Crackdealer, die ihre Hunde auf Süchtler jagen und über zerbrochene Familien. Seine eigene gehört dazu. Für die Produktionen des ersten Teils verlässt sich Danny Brown vornehmlich auf den britischen Produzenten Paul White, der die Geschichten mit einem teils nostalgischen aber nie verstaubten Sound unterlegt. „Red 2 Go“ markiert als letzte Nummer zugleich einen symbolischen Schnitt und tritt den Hörer unweigerlich ins musikalische Jetzt, die Gegenwart des Danny Brown. Crack und Tristesse waren gestern, MDMA und Glitzer sind heute.
Danny Browns unverkennbarstes Merkmal ist sein Spiel mit der Stimme. Irgendwo zwischen Wu-Tang Legende ODB und der britischen Grime-Ikone Dizzee Rascal, den Brown als großen Einfluss wähnt, macht es sich der Detroiter Rapper über der B-Seite auf der stimmlichen Schieflage bequem, ohne dabei aber Rhythmus und Text ins Bedeutungslose abrutschen zu lassen. Es klescht gewaltig. Produziert von Zeitgeistern wie Rustie, den kanadischen Jazzrebellen BBNG und seinem Stammbeatlieferanten SKYWLKR klingen die neun Nummern der zweiten Seite nach elektronischer Rasanz, die in „Float Go“ ihren Ausklang finden. Mithilfe der britischen Synthie-Pop-Göre Charlie XCX rundet Danny Brown das Album ab und unterstreicht seine Stellung als vielseitiger und ausgezeichneter Rapper, der sich für Überraschungen und Stilbrüche nicht zu schade ist. Schneidezähne braucht er dafür jedenfalls keine.