Tanja Frinta ist mit ihrer Band Lonely Drifter Karen und dem wunderbaren „Fall of Spring“ eine Preziose entsprungen – live zu überprüfen am 15. Mai im RadioKulturhaus.
Damals war die zarte Blonde ab und an mal in Wien zu sehen. „Holly May“ war so ein Künstlername und Tanja Frinta stand sinnierend an der Front. Dann kam mal ein Besuch bei der Schwester in Schweden und aus dem Gast wurde eine Einwohnerin am Meer. Die Musik blieb treu an der Seite der Treibenden und ebenso das Meer, als es dann mal Meer Sonne werden durfte. Die als einzige Weltstadt zum großen Gewässer offene Weltstadt Barcelona bekam eine erstaunliche Solokünstlerin unter dem Titel „Lonely Drifter Karen“. Mit „The Grass Is Singing" als Albumdebüt wurde man nicht nur hier hellhörig dank der weiten Spanne von gekonnten Anleihen vom Folk über sanft eingewobene Etüden bis zu einer merkwürdigen Mischung des althergebrachten Cabaret. Alles immer schön in Schach gehallten von der hell zerbrechlichen Stimme. Zwar lagen die Wurzeln der Frinta im Punkrock, wobei wohl mehr Attitüde und Energie anziehend waren denn die Liebe zum Sound itself.
Mit dem Zweitling „Fall of Spring“ geht es hart backbord in Richtung Quantensprung in Sound und Ausarbeitung. Einfach bezaubernd, enorm dicht, starkes Songwriting, ein gerüttelt Maß an Ideen hingepackt. Und doch immer so ausgearbeitet, dass ein lockeres Lüftchen der Beschwingtheit die drohende Last der Schwere mit einem Lächeln elegant auflöst. Merklich hat sich auch das Organ der mitunter Rastlosen präzisiert. Von locker tändelnden Zitat einer Billie Holiday geht es ins genauso locker ins Kraftvolle wie zum überschwänglichen Finale eine Grätsche des Musicals zur Operette. Shakespeare hätte sich seinen Sommernachtstraum gerne so vertonen lassen, der 96er „Romeo + Juliet“ von Baz Luhrmann hätte auch seinen Soundtrack aufbessern können. Während die Premiere noch ein quasi unbeflecktes Kind von Frinta war, ist man nun zur Band gewachsen. Mit an Bord sind der mallorquinische Keyboarder und Arrangeur Marc Meliá Sobrevias und der Schlagzeuger Giorgio Menossi. Plus vertrackten Einsätzen von Bläsern und einem Allerlei an Freude. Ach ja, auch Barcelona hielt nicht ewig seine Fesslungskünste aufrecht und derzeit ist Brüssel die neue Heimat, ganz ohne Meer. Mit viel Lebenslust.
Lonely Drifter Karen „Fall of Spring“ (Crammed Discs, 2010)
Live zu begutachten in Österreich :
15. Mai 2010 – RadioKulturhaus Wien
23. Mai 2010 – Linz Fest
23. Juli 2010 – Berg&Tal Fest Berg im Drautal
24. Juli 2010 – Acoustic Lakeside Festival Sittersdorf
Ein Versuch, die Person Tanja Frinta bei einem Kaffee näher zu begreifen:
Vom Kleinen ins Grosse durch die Länder. Bist du weiser?
Weiß ich nicht. Würde arrogant klingen. Ich finde es einfach spannend, andere Kulturen kennenzulernen.
In welcher Sprache träumst du?
Ich kann mich an meine Träume nie erinnern. Denken ist meistens auf Englisch, teilweise auf Deutsch. Fluchen ist Englisch und Spanisch.
Du bist also noch nicht Brüssel angekommen?
Nein. Nicht wirklich.
Untypischerweise bist du nach Norden und Süden gegangen. Nun irgendwie in der kryptischen Mitte von Europa.
Genau. Ich mag die Extreme. Brüssel ist eine sehr internationale Stadt. Sehr aufgeschlossen, lebendige Musikszene, das kulturelle Angebot. Das Meer geht mir ab, dafür hat die Stadt anderes zu bieten.
Trotzdem habt ihr im Balearischen aufgenommen.
Das hat sich so ergeben. Die Eltern vom Keyboarder haben ein Haus auf Mallorca und dort konnten wir den Sommer verbringen und aufnehmen. Im Prozess wurde klar, dass es in Eignregie zu glatt klingt. Deswegen haben wir das dann nochmals in Brüssel in wenigen Tagen live aufgenommen.
War es klar, wie die Platte klingen soll?
Nein. Weder bei der Ersten noch jetzt. Wir haben einfach angefangen, Lieder zu schreiben, geschaut welche Lieder zusammen passen, mit Instrumenten experimentiert und das dann weiter verfolgt.
Wie erklärst du einem Unbekannten deine Art von Musik?
Ich versuche dieser Frage im aus dem Weg zu gehen. Ich sage einfach, dass ich Gitarre spiele und singe. Ich denken, dass nun mehr Rock-Einflüsse drinnen sind, aber es ist nicht Rock. Das überlassen wir den Journalisten, selbst tun wir uns ein wenig schwer beim definieren.
Ihr spielt auf der Europa-Tournee in unterschiedlichsten Locations. Vom Underground Club bis zum Theater ist da alles dabei.
Stimmt. Wir passen auch die Setlist an, das ist mir schon wichtig. Man fühlt sich nicht wohl, wenn es nicht passt. Laute Gitarren sind nicht überall richtig.
Auf der Platte sind opulente Arrangements dabei. Wie werdet ihr das live umsetzen oder verzichten?
Das mit den Bläsern und Geigen wird schwierig. Die Bläser werden teilsweise durch Stimmen ersetzt, der Keyboarder sampelt Einiges und spielt es live zu. Der hat klassische Ausbildung und die ersten 15 Jahre nur solche Sachen gehört und hat wirklich coole Ideen. Ich weniger. Aber wir finden den gemeinsamen Nenner. Oder auch mit akustischer Gitarre erweitern. Wir sind da durchaus beweglich.
Früher warst du im Punkrock aktiv. Da ist nicht viel hörbar geblieben.
Ich höre noch immer gerne laute Gitarren-Musik. Was mich daran fasziniert hat, war die do-it-yourself-Einstellung.
Wäre es nicht naheliegend zum Beispiel für das Theater zu arbeiten oder deine Musik anderen zu geben?
Der Keyboarder hat schon Filmmusik gemacht, ich selbst auch für einen Cartoon geschrieben. Absolut interessant. Vielleicht würde es mir sogar leichter fallen, solange es mich anspricht. Es gibt viele Songwriter, die sehr persönlich von sich selbst erzählen. Ich sehe das nicht so und mache gerne etwas zu einem Thema. „A Roof Somewhere“ ist zum Beispiel inspiriert vom Musical „My Fair Lady“. Musik hat nicht wirklich einen Eigentümer. Wenn jemand das teil anders sieht und formt, finde ich das spannend.
Wären nicht die Möglichkeiten der Vienna Symphonic Library für dich passend?
Vielleicht zum Komponieren, aber Aufnehmen möchte ich lebendig mit Menschen. Das hat für mich eine andere Bewegung, die ich wichtig finde. Auch sind immer damit Erinnerungen verbunden. Wenn mir eine Melodie einfällt, kommt sie meistens wieder, wenn ich sie wirklich mag. Sonst war sie nicht gut genug.
Wie ist deine persönliche Erwartungshaltung zu deiner Situation?
Das ist schwierig für mich. Viele Bands haben einen gewissen Stil und ein Ziel. Bei mir war das nie so. Das ist auch im Namen Drifter dabei. Die Entscheidungen fallen so, wie es kommt. Wir werden sehen.