Nach drei Jahren Albumpause meldet sich Paenda mit einem Kurzfilm zum neuesten Album »Call Me Cat« zurück.
Das natürliche Habitat von Musikvideos ist tot. Fernsehsender wie MTV existieren zwar noch, aber sie sind längst nicht mehr der eigentliche Ort, an dem die kurzen Marketingvehikel für Single-Verkäufe ursprünglich Verbreitung fanden. Dieser Ort ist – nicht erst seit gestern – Youtube. Das Ding ist: die Einschränkung auf das immer gleiche Format eines ca. fünfminütigen Videos, welches im Endeffekt nur Promotion für den dazu abgespielten Track sein soll, macht heute immer weniger Sinn. Weder als Werbung für nicht mehr existente Verkäufe, noch auf einer Plattform wie Youtube, auf der erstens der Algorithmus zunehmend längere Videos pusht und diese Länge zweitens quasi keinen Limits mehr unterliegt.
Mehr als aneinander gereihte Tracks
Es verwundert also eigentlich, dass Videos wie Paendas »Call Me Cat« nicht längst zur Norm geworden sind. »Call Me Cat« ist ein Kurzfilm, bei dem der Soundtrack durch Tracks von Paendas gleichnamigem Album geliefert wird. Wir hören die Songs nicht vollständig, stattdessen werden sie geschickt als musikalische Verstärkung der Handlung eingesetzt. Das geschieht so nahtlos, das nicht ganz klar ist, was zuerst da war: die Idee für das Album oder die Idee für den Film. Das Schöne an der Form des Albums ist ja das es – im besten Fall – nicht eine Aneinanderreihung von zufälligen Tracks ist, sondern eine Geschichte erzählt. Mal abstrakter, mal konkreter, aber jedenfalls ein gewisses Narrativ mit dazugehörenden Höhen, Tiefen, Wendungen, einem Anfang und einem Ende. Der Kurzfilm »Call Me Cat« macht diese Erzählung explizit und gibt ihm eine neue, filmische Dimension. Paenda ist beileibe nicht die Erste, die ein sogenanntes Visual Album herausgebracht hat. Aber sie demonstriert einmal mehr, wie viel besser längere Videoformate der Form eines Albums entsprechen, als eine Aneinanderreihungen von unzusammenhängenden Kurzvideos.
Dem Thema gerecht werden
Doch nicht nur in der Form unterscheidet sich »Call Me Cat« von üblichen Musikvideos. »Marketingvehikel« ist definitiv keine Beschreibung für ein Projekt, das so deutlich ein Anliegen hat, das so offensichtlich versucht sein Thema, seine Form, aber auch seine Musik ernst zu nehmen, ihnen gerecht zu werden. Thematisch geht es – und hier ist ausnahmsweise eine Spoiler-Warnung für ein Musikvideo notwendig – um sexistische Übergriffe gegen Frauen. Vom Cat-Calling auf der Straße – siehe Titel – über abschätzige Kommentare am Arbeitsplatz und wandernde Hände beim Fortgehen bis hin zu sexueller Gewalt, »Call Me Cat« bildet in einem breiten Querschnitt ab, wie zutiefst sexistisch unsere Gesellschaft nach wie vor ist.
Musikalisch liefert Paenda dabei ausgezeichnet produzierten Pop der melodisch so eingängig wie variantenreich ist und – wie sich aus der Thematik des Videos erschließen dürfte – eine textliche Tiefe aufweist, die auch beim mehrmaligen Hören noch Stoff zum Nachdenken gibt. Insgesamt eine runde Sache, mit der sich Paenda hier nach drei Jahren Albumpause zurückmeldet.
Das Album »Call Me Cat« von Paenda ist bei Sick Kick Records erschienen.