Vom oberlehrerhaften Kenner bis zum bedingungslosen Bierliebhaber: Esther Isaak de Schmidt-Bohländer führt in Hamburg den Bierland Shop und bloggt auf bierguerilla.de. Für das Craft Bier Magazin beschreibt sie verschiedene Biertester-Charaktere, die man eventuell kommendes Wochenende auch am Craft Bier Fest Wien wiederfinden könnte…
Ein paar tausend Biertester gibt es in Deutschland und Österreich, wobei selbige Gruppe sich noch aufteilt in geschult und ungeschult. Wer sich in der sehr kleinen Welt der Bierspezialitäten tummelt, kann leicht das Gefühl bekommen, die Biertester wären die Entscheider in der Landschaft, dabei ist ihr Einfluss so gering, dass er nicht in Zahlen zu messen wäre.
Der Biersommelier
Wenn man anstatt eines Jodeldiploms das des Biersommeliers gemacht hat und in der tristen Wirklichkeit des Marktes aufwacht, in der es zwar hohe Tagessätze aber nicht jeden Monat einen Auftrag gibt, dann muss man etwas für sein Image tun, und das heißt, wenig Geld für Bier ausgeben, jedoch über das wenige viel und laut reden: „Einfach mal dem Brauer mit Halbwahrheiten und wenig Liebe für´s Getränk so richtig auf den Sack gehen!“ Wo macht man das am besten: auf Bierfestivals. Das ist der ideale Ort. Man kann im alkoholisierten Zustand mal so richtig mutig sein und bekannt wird man auch. Wenn der Brauer schon so doof ist, seine Freizeit für diese Narzissten zu opfern, soll er doch von dem kleinen Fundus des grad´ auswendig Gelernten profitieren.
Der Hobbybrauer
Diese Spezies, sofern sie sich nicht selbständig machen will, stellt die kompetentesten Fragen, hat das breiteste Wissen und den größten Respekt für das Gebraute. Sie nerven nur, wenn sie in der Reihe ihrer Fragen übersehen, dass auch andere an die Reihe kommen wollen. Sie würden allein aus Respekt vor dem Handwerk, selbst infiziertes Bier nur ungern wegschütten.
Der „ich trinke jedes Bier nur einmal“
Dieser Typus ist das Unverbesserlichste, das vorstellbar ist. Von der Subjektivität und Beeinflußbarkeit der Sinne lässt er sich nicht beeindrucken. Wie ein Oberlehrer, abgemergelt und blass, läuft er daher und vergibt genüßlich Noten und findet, dass er persönlich 5/5 verdiene, der Liebe Gott 4/5 und alles was ihm so begegnet ist 3/5 oder weniger. Er ist nicht der Typus Glücklicher Mensch und man sieht ihm an, dass er auch mit jedem nur einmal im Leben Sex hatte.
Der Bierlover
Dieser gibt es viele, jedoch kommen Brauer und Bierlover selten in Kontakt. Sie sind diejenigen, die Bier als Genuss sehen und so wie sie sich gerne auch für ihr Ein- und Ausatmen belohnen, belohnen sie sich auch gerne mit guten Tropfen. Sie probieren viel, gehen auch verrückte neue Lieben ein und halten die Brauereien am Leben. In ihrer Nähe ist es wohlig warm und lustig.
Der „NarkoDepri“
Er weiß alles, hat alles dokumentiert und probiert und wenn er seine Weisheiten nicht in unangenehmer Lautstärke und ungefragt durch die Gegend tröten würde, könnte man von ihm durchaus etwas lernen. Ein Bierfestivaltag ist für ihn ein tablettenfreier Tag, denn er kontrolliert seine Abhängigkeiten durchaus, zumal ihm wenig Taschengeld zur Verfügung steht.
Der Skalierer
Von Bier hat er keine Ahnung, aber von Biervermarktung jede Menge. Er kommt auf Festivals, weil er sich der Erfüllung seiner Hoffnung, reich zu werden, sehr nahe fühlt. In seinem Kopf laufen parallel die Kalkulationen und Überlegungen und je mehr er trinkt, desto mehr zieht er am Ärmel der Brauersfrau und schnalzt mit der Zunge, als wäre er auf einem Rodeo.
Dieser Artikel erschien zuerst im 1515 – Craft Bier Magazin, illustriert von Anna Bauer für The Gap. Das Craft Bier Fest Wien findet von 24. November bis 25. November in der Marx Halle statt. Alle Infos gibt’s hier.