Larry Page, Marissa Mayer und der Telefonzellenfabrikant

Auf dem Campus der berühmten „Stanford University“ im Silicon Valley stehen die Boxen von sechs verschiedenen Zeitungen. Doch nur die „Palo Alto Weekly“ ist zu haben, „for free“. Die anderen „Dispenser“ sind verstaubt und bieten statt News nur Bananenschalen, leere Colaflaschen und anderen Mist. Ein trauriges Bild für Printliebhaber und Nostalgiker.

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Wer im Silicon Valley erzählt, dass er für eine Zeitung arbeitet, ist fast so exotisch wie ein Telefonzellenfabrikant. „We feel the future“, sagen die Menschen hier selbstbewusst. Und die Zukunft kann Papier nicht gebrauchen.

Stanford ist ein Synonym für Zukunft, so etwas wie der Treffpunkt der Wunderkinder. „Du musst dir das anschauen, hier wird moderner Journalismus gelehrt“, sagte mir ein Kollege von OZY, dem Onlinemagazin, bei dem ich gerade hospitiere.

Gleich mehrere OZY-Redakteure haben einen Stanford-Abschluss und befinden sich in guter Gesellschaft: Die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin studierten hier. Die Vorstandsvorsitzende der Konkurrenz-Suchmaschine Yahoo, Marissa Mayer. Jawed Karim, Erfinder von YouTube. William Hewlett und David Packard (Hewlett-Packard). Reid Hoffman (LinkedIn). Reed Hastings (Netflix). Brian Acton (WhatsApp). Peter Thiel, Founder von PayPal. Und und und.

Stanford ist die Uni von 30 lebenden Milliardären

Aktuell zählt Stanford 21 Nobelpreisträger und fünf Pulitzerpreis-Gewinner.

Building 120 ist die Adresse des „Department of Journalism, Culture and Communication“. Eine Professorin darf sich Emmy-Preisträgerin nennen, eine andere hat den Pulitzer gewonnen. Eine dritte war „Veteran Journalist“ bei „The Wall Street Journal“ und „The Washington Post“ und ist nun „Leader in the field of entrepreneurial journalism and digital media start-ups“.

Das Institut ist zu „three Key Insights“, zu drei wichtigen Erkenntnissen, gekommen:

1. The public-interest journalism on which democracy depends is under enormous financial and technological pressure.

Ja, dies ist mir nur zu gut aus der Heimat bekannt. „Wir können es uns nicht mehr leisten, mit Investigativgeschichten Anzeigenkunden der öffentlichen Hand zu vergraulen“, lautete der Standardsatz der Anzeigenabteilung.

2. Computer scientists help journalists cope with these pressures by developing new interfaces, indexing algorithms, and data-extraction techniques.

Zugegeben: ein neuer Gedanke für mich.

3. For public-interest journalism to thrive, computer scientists and journalists must work together, with each learning elements of the other’s trade.

Ich verstehe: Genau darum befindet sich das Headquarter von OZY, DER Plattform für modernen Onlinejournalismus, nicht in New York, the City that never sleeps. Auch nicht im glitzernd-schrillen Los Angeles. Sondern in der Kleinstadt Mountain View im beschaulichen, aber visionären Silicon Valley.

Wie tickt die neue Silicon-Valley-Generation der Journalisten? Ich treffe Alex, 20, die seit einem Jahr in Stanford studiert. Auf die Frage, für welches Medium sie einmal arbeiten möchte, sagt sie nur: „Für mein eigenes.“

„And you?“, fragt sie dann. „Was studierst du?“

Dass mich jemand für einen Studenten hält, ist mir schon lange nicht mehr passiert. „You are so kind“, sage ich lächelnd. „You made my day.“

AD PERSONAM

Wolfgang Ainetter (hier auf Twitter) war Ressort-Leiter bei der Bild Zeitung, Chefredakteur der Gratis-Zeitung Heute und zuletzt Chefredakteur bei News – als längstdienender Chefredakteur nach dem Gründer. Diesen Sommer über bloggt Ainetter für The Gap über seine Hospitanz bei OZY im Silicon Valley.

WEITERLESEN:br />Erster Teil des Blogs – Die Bewerbung und die Vorgeschichte

i>Tag 1 in den Ozy Headquarters

i>Tag 3 Kein Wlan im Biergarten

i>Tag 4 Welcome To The Stone Age

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