Wiener Festwochen 2023 – Tierische Rache und androide Begleitung

Feministisches Drama, zeitgenössisches Kabarett, Coming of Age in futuristischem Setting – das Programm der Wiener Festwochen gibt sich heuer wieder erfreulich vielfältig. Und besonders interessant für ein jüngeres Publikum.

© Ines Bacher — Eröffnung der Wiener Festwochen 2022

Über die ganze Stadt verteilt sind von 12. Mai bis 21. Juni die neuesten internationalen Arbeiten aus den Bereichen Theater, Performance, Musik, Tanz und bildende Kunst zu sehen. Mehr als 700 Künstler*innen wirken mit. Fünf Empfehlungen aus dem diesjährigen Festwochen-Programm, das laut Intendant Christophe Slagmuylder »ein Tor zur Welt der Bühne und der Kunst« sein soll.

Moor Mother (Foto: Sam Lee)

Fusionierendes Universaltalent

Musikalische Offenheit und Ambition stehen bei der wöchentlich stattfindenden Festwochen-Konzertreihe »Elective Affinities« im Porgy & Bess im Fokus. Eröffnet wird diese von Camae Ayewa aka Moor Mother und ihrem neuen Projekt »Jazz Codes«. Das »Universaltalent« (jazzthing.de) fusioniert Billie Holiday, Albert Ayler, Nina Simone und Rahsaan Kirk in ihren Lyrics und erzeugt musikalisch ein hypnotisches Gemisch aus Jazz, Soul, Hip-Hop, Electro und Blues. Weitere Highlights der Reihe: Beatrice Dillon und Kuljit Bhamra (9. Juni) sowie Serpentwithfeet (16. Juni). Übrigens: Auch im Burgtheater findet im Rahmen der Festwochen ein spannendes Konzert statt: Gemeinsam mit dem Big Island Orchestra wird Devonté Hynes (arbeitete als Blood Orange u. a. mit Blondie, Philip Glass, Kylie Minogue und P. Diddy) am 29. Mai ebendort »Selected Classical Works« zum Besten geben. Für dieses Konzert sind aber nur noch Stehplätze erhältlich.

Termin: 13. Mai, 21 Uhr, Porgy & Bess

»Pieces of a Women« (Foto: Natalia Kabanow / TR Warszawa)

Menschliche Tragödie, feministisches Drama

Bei »Pieces of a Woman« handelt es sich um die Urversion eines Stücks, das als Film bei Netflix für Furore sorgte und Hauptdarstellerin Vanessa Kirby mehrere Preise bescherte. Autorin Kata Wéber und Regisseur Kornél Mundruczótrafen mit der filmischen Adaption des Stücks einen Nerv. Was mit einer menschlichen Tragödie – einer Fehlgeburt – beginnt, entwickelt sich darin zu einem feministischen Drama: »Meine Muschi und mein Fötus gehen dich nichts an!« Bei den Wiener Festwochen zeigt das TR Warszawa die im katholischen Warschau angesiedelte Originalfassung. Eher harter Stoff.

Termine: 14. bis 18. Mai, jeweils 19:30 Uhr, Akademietheater

»Drive Your Plow over the Bones of the Dead« (Foto: Marc Brenner)

Nehmen Tiere Rache am Menschen?

Schon 2009 veröffentlichte die polnische Literaturnobelpreisträgerin Olga Tokarczuk den feministischen Kriminalroman »Drive Your Plow over the Bones of the Dead – Gesang der Fledermäuse«. Vor dem Hintergrund neuer Formen von Öko-Aktivismus und Umweltprotest ist dessen Inhalt brisanter denn je. Nach mysteriösen Todesfällen stellt sich in einer abgelegenen Sommerhaussiedlung die Frage, ob Waldtiere Rache an jenen Menschen nehmen, die das Leben der Tiere nicht achten? Simon McBurney adaptiert den Stoff für die Bühne.

Termine: 22. bis 26. Mai, 20 Uhr, Theater Akzent

Maria Muhar (Foto: Apollonia Theresa Bitzan)

Kabarett, Comedy und Stand-up

Mit der Veranstaltungsreihe »Comish« stellen die Wiener Festwochen die Trennung zwischen Kleinkunst und Hochkultur infrage und verbinden das Profane, das Politische und das Poetische. Autorin und Kabarettistin Muhar bespielt gemeinsam mit lokalen und internationalen Künstler*innen die Showbühne, woraus sich ein Querschnitt aktueller Stile, Themen und Techniken ergibt. Mit Kabarett, Comedy und Stand-up von RaDeschnig, David Scheid, Toxische Pommes und anderen.

Termine: 24. Mai, 31. Mai und 7. Juni, 20 Uhr, Metropol

»Contes et légendes« (Foto: Elisabeth Carecchio)

Coming of Age in androider Begleitung

In einer Reihe voneinander unabhängiger Szenen zeigt Joël Pommerat in »Contes et légendes – Märchen und Legenden« Lebenssituationen von jungen Menschen in der Phase ihres Erwachsenwerdens. Die Episoden handeln von Gruppenzwang und Mobbing, Privilegien und Benachteiligung, pubertärer Identitätsfindung und frühzeitigem Übernehmen von Verantwortung. Die Beziehungen zwischen Jugendlichen und Erwachsenen werden dabei in einem futuristischen Setting unter die Lupe genommen: Androide Roboter*innen unterstützen die jungen Erwachsenen im Lernalltag. Ihr stilles Beobachten und ihr nüchterner Umgang mit den Menschen sorgen dafür, dass die zwischenmenschlichen Beziehungen in ihrer weitreichenden Komplexität sichtbar werden. Ein Coming-of-Age-Stück mit besonderem Twist.

Termine: 14., 15. und 16. Juni, 20:30 Uhr, Odeon Theater

Die Wiener Festwochen finden heuer von 12. Mai bis 21. Juni statt und werden 36 Produktionen an insgesamt zwanzig Spielstätten – vom Parlament bis zum Donaupark – bieten. Dank eines neuen U30-Angebots kostet jede Festwochen-Show für alle unter dreißig Jahren nur 15 Euro. Hier gibt’s die Details zu den U30 Vermehrt Schönes! Tickets.

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