Von Caitlyn und Instagram

Wir waren am Samstag bei der Abschlussshow der Angewandten, haben Fotos gemacht und ein wenig nachgedacht.

Wer letztes Jahr auch schon da war, war wohl ein wenig enttäuscht, war die Modeschau der Angewandten dieses Jahr doch um einiges weniger experimentierfreudig und actionreich als die des Vorjahres in den Rinderhallen. Nichtsdestotrotz war die Show in der Kunsthalle bereits Tage zuvor ausverkauft, und auch wichtige Persönlichkeiten der Wiener Kreativwirtschaft ließen sich das Update um das heimische Modedesign nicht entgehen. Erstmals stand die Show unter der künstlerischen Leitung von Hussein Chalayan, der die Professur der Modeklasse seit Oktober 2014 inne hat.

Was im Zuge der eingänglichen Präsentation diesjähriger Preis- und Stipendienträger auffiel, war, das aus irgendeinem Grund nur Männer prämiert wurden. Das verblüfft gerade bei einem Studium wie Modedesign, das traditionell nicht unbedingt ein Männerfach ist. Aber vielleicht ist es wie beim Kochen: Männer bekommen (Hauben-) Auszeichnungen für eine Arbeit, die im breiten gesellschaftlichen Kontext hauptsächlich von Frauen verrichtet wird. Tatsächlich können wir die Gründe der Jury aber nicht ausloten. So erhielten Simon Grundtner und Kenneth Izedonmwen das mit 2.700 Euro dotierte Fredl-Adlmüller-Stipendium, Dimitrij Gojkovic wurde mit dem Vöslauer-Rondo-Preis im Wert von 3.000 Euro ausgezeichnet und der Award des Indie Magazines ging an die sichtlich japanische Kollektion von Yuhei Mukai.

Als Schnittblumen und Baguettes in Einkaufstaschen über den Laufsteg getragen wurden, fragte man sich kurz, ob sich Mode auch an die Alltagsbanalität Instagrams anbiedert, was 2 Minuten später dank auffälliger Tüll-Kreationen wieder verworfen werden konnte. Gibt also doch noch "Untragbares" in den Designstudien. Was aber allgemein schön ist, ist das in der Mode – im Gegenteil zur Schönheitsindustrie – keiner mehr einen Mucks macht, wenn Geschlechterstereotype verschoben und aufgebrochen werden. Würde der Weg einer Caitlyn Jenner genauso aussehen, wenn wir Geschlechtlichkeit nicht in solchen bipolaren schwarz-weiß-Paaren denken würden? Ein bisschen in Gedanken verfallen kann man auch, bei einer Modeschau. Zahlt sich schon aus, die Show. Wer Mode mag, dem sei sie empfohlen.

Die Abschlussschau der Modeklasse der Universität für angewandte Kunst 2015 fand am 6.6.2015 in der Kunsthalle Wien statt.

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