Wo die Sonne für Sammler*innen aufgeht – Der Schallplattenladen Teuchtler

Recordstores gibt es viele in Wien. Doch nur einer davon zieht regelmäßig so viele Tourist*innen an, dass er mittlerweile eine eigene Merchlinie betreibt. Wir haben uns angesehen, wieso der Teuchtler so ein Hotspot ist.

© Lea Horsten

Aus einem kleinen, von außen unscheinbaren Laden im sechsten Bezirk klingen angenehmer Blues und Jazz. »Teuchtler Schallplattenhandlung u. Antiquariat« und »Alt & Neu« steht auf den Schildern an der bröckelnden Hauswand. Drinnen ist es warm, der Geruch von altem Papier allgegenwärtig. Und es ist ordentlich was los. In den schmalen Gängen, gesäumt von Stapeln aus CDs und Schallplatten, muss man sich regelrecht durchquetschen.

Was diesen Laden in der Windmühlgasse 10 so besonders macht: Tourist*innen tragen Taschen mit dem Logo des Geschäfts, machen Fotos und stehen oft davor Schlange. Schuld daran ist der Film »Before Sunrise«, der erste Teil der bekannten »Before«-Trilogie von Richard Linklater. Als Drehort für eine Szene im Film wurde ein Wiener Schallplattenladen gesucht – und schlussendlich Teuchtler, ein Familienbetrieb, den es bereits seit 1948 gibt, ausgewählt.

In »Before Sunrise« treffen sich die beiden Protagonist*innen (gespielt von Julie Delpy und Ethan Hawke) im Zug von Budapest nach Paris. Ganz spontan entscheiden sie, gemeinsam in Wien auszusteigen. Dort verbringen sie einen romantischen Tag miteinander und verlieben sich. Sie besuchen einige Orte in Wien – darunter nicht nur klassische Sehenswürdigkeiten: die Arena, das Café Sperl und den Friedhof der Namenlosen zum Beispiel. Im Teuchtler haben Jesse und Céline einen besonders zärtlichen Moment. In einer Listening Booth hören sie Kath Blooms »Come Here«.

Familiärer Zusammenhalt

»Die Tourist*innen sind das ganze Jahr über hier«, sagt Elisabeth Teuchtler, die den Laden vor neun Jahren an ihre Söhne übergeben hat. Das älteste Schallplattenantiquariat Wiens hat bereits zwei Standortwechsel hinter sich. 1980 landete die Familie schließlich im sechsten Bezirk, wo sich nun ihre riesige Sammlung aus Vinyl- und Schellackplatten sowie CDs befindet. Einmal habe die Familie sogar eine Verlassenschaft eines Kunden mit über 30.000 Stück aufkaufen können.

Neben zahlreichen Filmfans pilgern deshalb auch viele Vinylliebhaber*innen ins Geschäft. Stammkund*innen schätzen Teuchtler für die vielfältige Auswahl und die fachkundige Beratung. Eine primäre Zielgruppe gebe es nicht, verrät Elisabeth Teuchtler: »Wir haben Rock-, Pop-, Jazz- und Klassikkund*innen, CD-Kund*innen, Schellackkund*innen. Charlie Watts von den Rolling Stones war auch immer bei uns einkaufen, wenn er in Wien war.« Eine Google-Rezension fasst es prägnant zusammen: »Ganz einfach der beste Plattenladen Wiens.« Das Erfolgsrezept der Teuchtlers ist laut der ehemaligen Chefin vor allem der freundliche Kundenservice: »Wenn Sie eine Tasche kaufen, bekommen Sie eine Platte geschenkt.«

Für »Before Sunrise« wurde vier Tage lang gedreht; die Listening Booth wurde damals eigens für die Szene aufgebaut. Heute hängt an ihrer Stelle das Filmplakat, das täglich von Tourist*innen fotografiert wird. Stolz zeigt uns Elisabeth Teuchtler eine ausgedruckte E-Mail, in der sich die Filmproduktion für die tolle Zusammenarbeit während der Dreharbeiten bedankt. Dreißig Jahre ist das jetzt her – doch bis heute ist diese Szene ein wichtiges Aushängeschild des Geschäfts.

»Before Sunrise« von Richard Linklater ist heuer dreißig Jahre alt geworden. Neben Teuchtler und den anderen bereits genannten Orten wurde auch im Kleinen Café, bei der Albertina und im Riesenrad gefilmt. Wien Tourismus bietet eine digitale Tour zu den Drehorten an.

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