Dass sich etwas tut in der FotografInnen-Szene Österreichs, ist auch uns nicht verborgen geblieben. Um der Tatsache Rechnung zu tragen, stellen wir uns dem ambitionierten Vorhaben, 20 hiesige fotografische Talente zu porträtieren und sie zu fragen, was Fotografie für sie bedeutet – und mehr.
16. Christoph Hofbauer
Der Preis für den besten Künstlernamen geht eindeutig an Christoph Hofbauer: Kidizin Sane ist nicht nur Ausdruck für seine insane Skills, sondern auch eine Allegorie an die kommerziellen Interessen eines Citizen Kane. Denn die Kunst seines Alter Egos schätzen Werbekunden und Magazine gleichermaßen. Als besondere Spezialität des verrückten Kids gelten sicher seine Arbeiten für Musiker, von Beat-Legende Brenk Sinatra über Julian Le Play, für den er auch Musikvideos produzierte, bis zu Nvie Motho und Avec. Weniger kommerziell und umso näher an seiner Vorstellungskraft sind die Aufnahmen, die er als Christoph Hofbauer schießt. Der gebürtige Welser spielt mit Tiefe, Ebenen und Licht, bis wir beim Anschauen selbst insane werden.
»Unabhängigkeit. Ich bin dankbar für den Luxus, davon leben zu können.«
Frei nach dem Spiel „Ich seh, ich seh“: Was siehst, du, was andere nicht sehen?
Ich denke, was ich sehe, unterscheidet sich nicht grob von dem, was andere sehen. Aber die meisten haben wohl kein Interesse daran es festzuhalten oder weiter darüber nachzudenken.
Wenn zum Beispiel ein Tischler in den Wald geht, wird er jede Baumart erkennen, über ihre Eigenschaften Bescheid wissen und darüber nachdenken, was man daraus machen könnte. Es hängt davon ab, worauf man seine Wahrnehmung konditioniert hat.
Was ist deine frühste Erinnerung, die du mit dem Thema Fotografie verbindest?
Mein Vater bekommt 1997 zum 35er als Gemeinschaftsgeschenk eine digitale Kompaktkamera mit 1,5 Megapixel.
Abbilden oder einbilden?
Einbilden.
Worüber zweifelst du bei deiner Fotografie am meisten und wobei bist du dir absolut sicher?
Ich nehme es eher als Phasen wahr. Manchmal überwiegt der Zweifel und manchmal die Sicherheit. Aber eine gesunde Portion Selbstzweifel gehört wohl dazu, wenn man reflektiert arbeiten möchte. Man sollte das machen, was sich richtig anfühlt, dann kommt die Sicherheit von allein.
Wen würdest du als einen/eine der 20 interessantesten jungen FotografInnen Österreichs auswählen und warum?
Es ist natürlich schwierig hier eine Person zu nennen, aber ich nehme mal Ina Aydogan.
Ihre Bilder erzählen immer Geschichten, egal ob es Streetshots sind oder Portraits. Auch die Ästhetik der meist analogen Bilder spricht mich sehr an.
17. Helga Traxler
Erst durch ihre Fotos wird einem bewusst, wie viele Farbtöne so ein visuelles Spektrum überhaupt haben kann. Die Liebe zu Farben reicht sogar so weit, dass man bei der Webseite von Photosalonhelga zwischen vier Pastelltönen im Hintergrund wählen kann. Egal für welchen man sich entscheidet, die Aufnahmen von Runway-Shows, Make-up- und Mode-Kunstprojekten stecken immer voller Impulsivität. Ein ganz eigener Look, der – in der Fashion-Metaphorik gesprochen – zwischen Chanel und Valentino hin und her changiert. Kein Zufall, dass sie das (fast) Unmögliche geschafft und sich in New York als Fotografin etabliert hat.
Frei nach dem Spiel „Ich seh, ich seh“: Was siehst, du, was andere nicht sehen?
In meiner fotografischen Arbeit handle ich meist sehr intuitiv. Ich plane kaum und erwarte mir selten etwas (außer Zuverlässigkeit und meinen Kaffee am Morgen). Offen zu sein für den täglichen rollercoaster ride ist dabei unerlässlich. Etwas „sehen oder nicht-sehen“ hat doch auch immer damit zu tun, in welchem Umfeld man sich bewegt, welche Vorlieben man hat – egal ob Farbe, Geruch oder einfach nur ein ansprechende Persönlichkeit, die einem in der Subway über den Weg läuft – das macht die unterschiedlichen Stilrichtungen in der Fotografie ja erst aus.
Was ist deine frühste Erinnerung, die du mit dem Thema Fotografie verbindest?
Unser Vater hat meine zwei älteren Schwestern und mich immer schon fotografiert, in der Dunkelkammer die Fotos entwickelt, und hin und wieder gibts auch heute noch einen Diaabend bei uns zu Hause. Die Zuneigung zur Fotografie wurde mir also quasi in die Wiege gelegt.
Abbilden oder einbilden?
Abbilden. Einbilden sollte man sich generell nie zu viel.
Worüber zweifelst du bei deiner Fotografie am meisten und wobei bist du dir absolut sicher?
Zweifeln und Selbständigkeit geht einher: better get used to it. In der battle zone der Modewelt muss man sich oft behaupten und auch viel einstecken können. Das ist definitiv etwas, das man in New York gut lernt und generell im Umgang mit einem Umfeld, dass einem ganz oft sehr fremd ist. Natürlich spielt das Glück zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein auch manchmal eine Rolle. Nichtsdestotrotz bin ich davon überzeugt, dass man mit Authentizität am weitesten kommt: Sich seinen eigenen fotografischen Stil erschaffen ist eine Sache. Ihn transportieren zu können und damit arbeiten eine komplett andere.
Wen würdest du als einen/ eine der 20 interessantesten jungen FotografInnen Österreichs auswählen und warum?
Schade, dass ich nur eine/n auswählen darf.
Mira Loew – eine sehr spannende Persönlichkeit und liebe Freundin von mir – bewegt sich geographisch meist zwischen London und Wien. In ihren Arbeiten vereinen sich Performance, Bewegung und Skulptur und häufig findet man auch die Fotografin selbst in den Bildern wieder. Sehr ansprechende Zugangsweise!
18. Anita Schmid
»Die Fotografie ist tot! Lang lebe die Fotografie!«
Der (nackte) Körper ist der uns am meisten bekannten Alltagsgegenstand. Anita Schmid hingegen verwendet ihn in ihren Fotografien als verfremdetes Kunstobjekt. So war der abstrakte, nahezu leblose Körper in der Manier von Valie Export schon in Schmids vielgefeierter Ausstellung „Momentirritationen“ zentral. Abstraktion und Körper – ihre beiden Hauptthemen – haben sich seitdem weiter ausdifferenziert. „In the sense of …“, zusammen mit Amelie Zadeh erstellt, kann als Hommage an frühe abstrakte Fotografie des 20. Jahrhunderts verstanden werden. Und in der Akt-Reihe „Nu Nudes“ sind auch Werke von Anita Schmid zu sehen.
Frei nach dem Spiel „Ich seh, ich seh“: Was siehst, du, was andere nicht sehen?
Ich sehe nicht mehr, ich schaue vielleicht nur manchmal genauer hin.
Was ist deine frühste Erinnerung, die du mit dem Thema Fotografie verbindest?
Dunkelkammerarbeit in der Schule.
Abbilden oder einbilden?
Abbilden mit Einbildung.
Wen würdest du als einen/ eine der 20 interessantesten jungen FotografInnen Österreichs auswählen und warum?
Markus Krottendorfer.
19. Stefan Fürtbauer
Ob Würstlstand bei Nacht, ikonische Blumen oder Platten-Cover im Kunsthistorischen Museum – jede Story hat ihr eigenes Flair und Stefan Fürtbauer bildet es nicht nur ab, sondern weiß darauf einzugehen. Diese Gabe der, man möchte es fast Empathie nennen, macht ihn auch zu dem großartigen Porträtisten, als den man ihn kennt. Von Hader bis Kern von Dagmar Koller bis Veronica Ferres – ein Fürtbauer-Foto erkennt man daran, dass es die fotografierte Person umschmiegt, sich an ihr Wesen anpasst. Darin liegt die Wiedererkennbarkeit. »Das Foto selbst ist nur der allerletzte, technische Akt, dem viel Zwischenmenschliches vorangeht«, sagt Fürtbauer. Das sieht man auch.
Frei nach dem Spiel „Ich seh, ich seh“: Was siehst, du, was andere nicht sehen?
Ich seh’ nicht mehr oder weniger als jeder andere, aber – so blöd das auch klingen mag – ich spür’s einfach sofort im Bauch, wenn ein Bild stimmt (wird).
Was ist deine frühste Erinnerung, die du mit dem Thema Fotografie verbindest?
Die schwarze Rollei XF 35 meines Vaters, mit dem tollen, breiten, leuchtend-orangen Kameragurt!
Abbilden oder einbilden?
Zuerst einbilden, dann abbilden!
Worüber zweifelst du bei deiner Fotografie am meisten und wobei bist du dir absolut sicher?
Ich denke mir im Nachhinein oft, was ich hätte anders, besser machen können. Oft habe ich einfach viel zu wenig Zeit und viel zu viel Druck, um ein gutes, kreatives Foto abzuliefern. Der Kopf aber rennt dann danach natürlich weiter und Ideen kommen daher, die vorher nicht da waren. Das fuchst mich dann manchmal schon sehr.
Wobei ich mir allerdings sicher bin, ist mein Bauchgefühl. Wenn ich das Gefühl hab, dass ein Foto stimmt, dann stimmt es auch. Und damit hab ich meistens recht.
Wen würdest du als einen/eine der 20 interessantesten jungen FotografInnen Österreichs auswählen und warum?
Es gibt in Österreich und speziell in Wien wirklich ganz viele tolle Fotografen. Da fällt es mir schwer, jemanden hervorzuheben.
20. Luise Hardegg
»Fotografie ist riskant, ehrlich und spontan. Sie weckt meine extrovertierte Seite, ich fotografiere Dinge, die ich mich ohne Kamera nicht so trauen würde. Ich suche diese Menschen oder beobachte sie länger und weiß, bei welchem meiner Hirngespinste sie dabei wären. Diese Szenen sehe ich meist ganz schnell wie ein Déjà-vu, wenn ich an einen Ort komme.«
Bei Luise Hardeggs Fotografien fragt man sich, was vor, während und nach ihrer Aufnahme eigentlich passiert ist. Zwischenmenschliche Dramen, wie man sie aus französischen Filmen kennt? Mysterien? Orgien? Illuminati? Hardeggs Fotos geben keine Antworten, sie werfen nur Fragen auf, die sich nur in wilden Träumen beantworten lassen. Sie haben etwas Archaisches und sind gleichzeitig zeitgeistig, wirken wie Stills aus experimentellen Filmen und Moods für exzentrische Modeschöpfer. Aber vor allem entführen sie in eine völlig andere Welt, vor der man manchmal auch ein bisschen Angst haben kann.
Frei nach dem Spiel „Ich seh, ich seh“: Was siehst, du, was andere nicht sehen?
Ich arbeite gerne mit Menschen und unterhalte mich auch gerne mich mit ihnen, somit ist dann schon ein gewisses Grundvertrauen da. Ich sehe dann, wenn ich fotografiere, das Richtige für mich entweder sofort und manchmal brauche ich ein inneres Bild vor Augen, das ich dann mit der Realität vermische.
Was ist deine frühste Erinnerung, die du mit dem Thema Fotografie verbindest?
Mit etwa 5 Jahren hab ich die Polaroid meiner Schwester ausprobiert und zu Silvester alle fotografiert.
Abbilden oder einbilden?
Ich imaginiere mir schon lange vorher was und es passiert dann entweder spontan, weil es zufällig in der Realität so ähnlich passiert, oder man fügt eine Kleinigkeit hinzu.
Worüber zweifelst du bei deiner Fotografie am meisten und wobei bist du dir absolut sicher?
Es ist nicht immer einfach, sich mit jeden Befindlichkeiten auseinanderzusetzen, manchmal ist es anstrengend auf alles und jeden einzugehen und klar hat man Abgaben und jeder Job, den ich annehme, ist wichtig.
Ich denke diese Zweifel gehören einfach dazu. Sobald ich fotografiere und etwas sehe, wenn ich etwas hinzufüge oder wegnehme, und es gefällt mir, weiß ich das es absolut richtig ist.
Wen würdest du als einen/ eine der 20 interessantesten jungen FotografInnen Österreichs auswählen und warum?
Ein alter Favorit ist Christoph Pirnbacher. Hab einmal das Vergnügen gehabt bei einem Shooting dabei zu sein und es war einfach toll.