Das Veranstaltungskollektiv Manifest feiert heute im Sass sein dreijähriges Bestehen. Aus einer gemeinsamen Zugfahrt wurde eine gemeinsame Party, aus dem Sass ein Ort, in dem auch internationale House-Acts gerne einkehren.
Jeremy Underground hat vor knapp einem Jahr die Grelle Forelle locker gefüllt, heute spielt er im knapp 120 Menschen fassenden Sass, organisiert von Manifest. Die Veranstaltung, ursprünglich unter dem Namen Spritzwein Sessions bekannt, buchte in den vergangenen zwei Jahren nicht wenige große House-Acts in kleine Atmosphäre – und hat damit Erfolg. Wir haben mit zwei der Jungs über Entstehung, House als Nische in Wien und anhaltende und weniger anhaltende Hypes gesprochen.
Wie habt ihr euch überhaupt gefunden?
Nico: Wir sind insgesamt fünf Leute… Ich bin mit Matthias und Marie, unserer Grafikerin, schon länger befreundet und habe Fabe für eine Party am Bodensee gebucht. Auf der Zugfahrt retour haben wir dann Roman Rauch kennengelernt, der hatte davor einen Gig in Innsbruck.
Matthias: Da saßen vier DJs auf einem Platz, alle etwas müde, auf dem Weg zurück nach Wien und so sind wir ins Gespräch gekommen…
Nico: Wir kommen aus ganz verschiedenen Ecken, Matthias aus Tirol, Roman aus Salzburg, ich vom Bodensee und Fabe und Marie aus Wien. Wir haben uns dann zusammengesetzt und dachten, es könnten gute Synergien entstehen. Am Anfang hatten wir aber ehrlich gesagt noch wenig Plan, das war ein bisschen Harakiri (lacht)
Matthias: Es hat ein bisschen gedauert, einen roten Faden zu finden und herauszufinden, wo wir den gemeinsamen Nenner haben. Wir sind doch verschieden. Wir hatten das Glück, das wir mit dem Sass ein gutes Vertrauensverhältnis aufbauen konnten. Es ist am Anfang schwierig auszuloten, was klappt und wie man eine Reihe konzipiert, gerade wenn man anfängt. Wir wurden im Sass aber mit offenen Armen empfangen und konnten uns voll austoben. Im ersten Jahr haben wir unser Ziel ein bisschen verfehlt, aber mittlerweile haben wir unsere Linie definitiv gefunden.
Für die Geburtstagsfeier habt ihr euch Jeremy Underground eingeladen, auch davor haben schon einige große Acts gespielt … Ist das in so einer kleinen Venue nicht noch schwieriger? Auch das Risiko betreffend …
Matthias: Dadurch, dass die DJs an Popularität gewinnen, ist es natürlich schwierig, so kleine Partys umzusetzen. Die müssten nicht in so einer Venue wie dem Sass spielen. Viele sind aber mit dem Underground-Gedanken verbunden und unterstützen auch kleinere Veranstalter. Wir sind wirklich glücklich, dass wir doch einige größere Namen bringen konnten. Man muss schon bedenken, dass viele an sich einfach auch bessere Angebote bekommen. Hunee ist zum Beispiel zu uns gekommen und hat davor seit einem Dreivierteljahr nicht mehr vor unter 3000 Leuten gespielt. In der Früh ist er dann aus dem Club gegangen, hat sich bedankt und gemeint es war schön, wieder mal im gewohnten Terrain zu spielen. Jeder fängt klein an, er hatte ursprünglich eine Residency in einer kleinen Bar in Berlin und wurde erst irgendwann größer. Solche Menschen finden kleine Partys zwischendurch dann auch schön.
Nico: Wir bekommen schon viele positive Rückmeldungen und ich glaube das liegt auch am kleinen Raum und auch an dem Social Space, der entsteht.
Matthias: Wir fühlen uns wohl in diesem Laden und jedes Mal wenn ich komme, freue ich mich, wenn ich alle wieder sehe. Es ist wie ein Wohnzimmer…
Wie schwierig/einfach ist es letztendlich dann, an solche Acts zu kommen?
Nico: Jeremy Underground haben wir vor einem halben Jahr ausgemacht, Anfang Oktober, da waren wir gerade auf Urlaub, neun Wochen in Südamerika und so lange hat das Verhandeln dann auch gedauert. Da ging es am Schluss dann im Endeffekt um 50 Euro. Es gibt einfach ein Limit und da gehen wir nicht drüber.
Matthias: Leute, die in Wien ausgehen, wissen oft nicht, wie viel Arbeit dahintersteht und auch nicht, wie viel Risiko man trägt. Wenn man in der Forelle veranstaltet und einen DJ bucht, dann geht es um 5000 Euro aufwärts und die meisten Leute, die das machen, sind nicht wirklich finanziell abgesichert. Das kann schon existenzgefährdend sein.
Gabs bei euch Veranstaltungen, die in Richtung Minus gegangen sind?
Nico: Naja, wir hatten schon ein, zwei Einfahrer im letzten Jahr. Aber es geht oft gar nicht so darum, wie gut die Musiker tatsächlich sind, sondern was sie rüberbringen … und natürlich auch, wie gehypt sie gerade werden. Wenn man an Mall Grab denkt, der wurde zu dem Zeitpunkt als er bei uns gespielt hat gerade extrem gehypt….
Matthias: Ja, wobei der technisch noch an seinen Anfängen steht, der ist musikalisch gesehen eigentlich noch nicht ausgereift und das weiß auch jeder. Sowohl als DJ als auch als Produzent. Dadurch, dass viele DJs an den Like-Zahlen gemessen werden, ist es natürlich schwierig …
House ist aktuell ja fast eine Nische in Wien… Es gibt mittlerweile glaube ich mehr Downtempo-Veranstalter als House-Veranstalter in der Stadt, wie seht ihr das?
Nico: Ja, es ist schon sehr technolastig geworden… aber die Grelle Forelle ist auch einfach eher ein Techno-Laden und die Pratersauna war ein House-Laden.
Matthias: Ich finde 2011, 2012 war noch gut, da gab es noch richtig gute Veranstaltungen, aber die Musik wird zur Nische, in dem die Veranstalter, die dieses Programm liefern, aussterben und das ist passiert. Auch dadurch, dass die Clubs (wie Pratersauna oder Leopold) sterben, oder die Veranstalter etwas ganz anderes machen. Markus, der früher Bande A Parte gemacht hat, geht ja jetzt in eine ganz andere Richtung. Für mich ist der Sprung sehr interessant, weil ich glaube nicht, dass so an sich das Interesse an so Partys wie Bande A Parte verloren gegangen sein. Ich glaube, wenn sich ein paar dazu entschließen, Veranstaltungen in die Richtung zu machen, dann kommen auch wieder Leute.
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