Der Umgang der Kritiker mit der „Assassin’s Creed“-Reihe ist nicht immer nachvollziehbar.
Keine Spiele-Serie steht so sehr für wie wiederkäuenden Mägen der AAA-Industrie wie „Assassin’s Creed“. Warum auch immer, hat sich die Serie doch bei bleibenden Elementen wieder und wieder neuen Ideen geöffnet – teils gelungen und ausbaufähig wie die Seeschlachten in „Assassin’s Creed III“, teils entbehrlich und schnell vergessen wie die Tower Defense-Elemente in „Revelations“. Mit „Unity“ wurden Rollenspiel-Dynamiken eingebaut und die Bewegungsteuerung grundlegend überarbeitet und in „Syndicate“ gab’s plötzlich zwei spielbare Charaktere, darunter endlich eine Frau.
Dem Geseier über die immer gleiche Ubisoft-Formel hat das alles keinen Abbruch getan, während andere Spiele-Serien regelrecht dafür gefeiert wurden, nicht vom Fleck zu kommen.
Gewisse Abnützungserscheinungen können aber auch der Assassinen-Saga keineswegs abgesprochen werden. Und da klang es durchaus sinnig, den alljährlichen Release-Rhythmus einmal auszusetzen, um die Reihe grundlegender zu überarbeiten. Und siehe da: Nach zwei Jahren Pause scheint die Zufriedenheit in die Kritiken zurückzukehren. Die Bewertungen für „Assassin’s Creed: Origins“ gehen endlich wieder über die 80 und allerorts scheint man sich über überfällige Neuerungen zu freuen.
So wurde für „Origins“ etwa die Rollenspiel-Elemente großzügig ausgebaut und das Kampfsystem – wohl mit Blick auf „The Witcher 3“ – grundlegend überarbeitet. Aber wie in der Serien-Geschichte schon mehrfach beobachtet, gelingen die Neuerungen auch diesmal nur in Teilen. Ausweichschritt und Schildparade geben den Kämpfen neue Tiefe, steuern sich aber zu schwammig und facettenarm, um an Konkurrenztitel anzuschließen. Und das Aufleveln der Waffen bricht ein Stück weit mit der Assassinen-Logik, dass eine gut platzierte Klinge oder ein Pfeil aus dem Hinterhalt immer tödlich sein können, ganz unabhängig von Schadenswerten.
Zurecht darf sich auch der neueste Teil für seine Spielwelt feiern lassen. Ägypten zu Zeiten Kleopatras ist nicht nur gänzlich unverbraucht, sondern auch unheimlich detailverliebt nachempfunden und weckt das historische Interesse wohl mehr, als alle Serien-Ableger zuvor. Ob am Boden, vom Kamelrücken oder aus der Perspektive des diesmal frei steuerbaren Adlers: Immer wieder lohnt es sich, das Meucheln einige Augenblicke lang sein zu lassen, um ganz uneitel den Touristen zu geben.
Schlecht gealtert ist hingegen die Art, wie „Assassin’s Creed“ Geschichten erzählt. Im Vergleich zu Titeln wie „Horizon: Zero Dawn“ und „The Witcher III“ wirken Dialoge hölzern und belanglos und so treten die Stories zu den Missionen vollkommen in den Hintergrund. Dramatik entsteht nur in einigen der Cutscenes. Den Rest der Zeit wird ein sehr ansehnlicher digitaler Sandkasten beackert – voller Aufgaben, die gut unterhalten, aber kaum zur Erzählung beitragen.
„Assassin’s Creed: Origins“ ist ein solider Vertreter der Reihe. Ein guter Teil der wohlwollenden Kritik erklärt sich aber eher aus dem durch die zweijährige Pause neu entfachten Interesse, als aus dem Spiel selbst. Denn die Änderungen haben neue Stärken, aber auch einige Schwachpunkte beschert, die nun wieder mit mehr Milde abgehandelt werden. Während der Blick vieler Kritiker auf die Stärken des Vorgängers getrübt schien, steht „Origins“ nun wieder in ihrer Gunst. Die hat sich die Reihe durchaus verdient, aber nachvollziehbar wirkt das nicht immer.
„Assassin’s Creed: Origins“ (Ubisoft) ist bereits für PS4, Xbox One und PC erschienen.