Burggasse 98 dient als Plattform für junge Künstler und Designer. Die Galerie und Eventlocation bietet Raum für Meetings, Networking und Ausstellungen. Kürzlich fanden die ersten Design Days statt.
Zum Thema »Alive« wurde der Fokus verschiedener Künstler und Künstlerinnen auf den konzeptuellen Teil ihrer Arbeiten und deren Entwicklungsprozess gelegt. Design wird als wandelbar empfunden und Ästhetik benutzt, um Interesse zu wecken und dadurch neue Perspektiven zu eröffnen.
The Gap traf sich mit Eigentümer und Designer Niklas Worisch, und den zwei Kuratoren Laura Hoek und Benni Stonawski um über die Vorstellungen von zeitgemäßem Design in der heutigen Zeit zu sprechen und der Notwendigkeit jungen Künstlerinnen und Künstlern einen Rahmen zu bieten.
Wie habt ihr drei euch kennengelernt?
Niklas: Wir alle haben an der Design Academy in Eindhoven in den Niederlanden studiert. Dort habe ich auch Benni kennengelernt und im Graduation Year mit ihm in einer WG gewohnt.
Laura: Ich komme aus den Niederlanden und studiere noch an der Academy. Im Moment absolviere ich ein Auslandssemester an der Angewandten in Wien. Ich habe Niklas und Benni durch einen Studienkollegen kennengelernt.
Wie kommt es zu eurer Zusammenarbeit im Rahmen der ersten Design Days in der Burggasse 98?
Benni: Das Besondere an der Design Academy sind die unterschiedlichen Perspektiven, auf die man dort trifft. Studenten aus verschiedenen Ländern entwickeln die unterschiedlichsten Ansatzpunkte. Niederländisches Design ist dafür bekannt bahnbrechend zu sein, mit Eindhoven als kreativem Zentrum.
Niklas: Auf der Academy habe ich viel über Zusammenarbeit und Wissensaustausch gelernt. Die Ideenfindungsprozesse und Arbeitsweisen anderer Leute haben mich auch am meisten inspiriert. Man lernt die anderen wirklich sehr gut kennen, wenn man nächtelang auf ist und zusammenarbeitet. (alle lachen)
Laura: Weil man so viele Projekte gleichzeitig am Laufen hat und so gut wie jeden Tag etwas Anderes präsentieren muss (lacht)
Niklas: Das stimmt … Man hat mit Leuten aus verschiedenen Departments zu tun, die sich auf unterschiedliche Designansätze spezialisieren. »Living«, das sich mit zukunftsweisender Möbelgestaltung beschäftigt, oder »Communication«, wo es um alternative Kommunikationsformen geht. Und in »Leisure« geht es zum Beispiel darum, Erlebnisse zu designen. Da bekommt man schon einiges mit.
Wie kuratiert ihr das Programm von eurem Projekt?
Benni: Unsere Auswahl an Projekten soll eine große Bandbreite zeigen. Deswegen haben wir Arbeiten von jungen Designerinnen und Designern aus sechs Ländern organisiert; damit haben wir verschiedene internationale Ansätze zum Thema. Sozialkritisches Spieledesign, Upcycling, interaktive Medien, Möbeldesign, … wir versuchen einfach so viel wie möglich abzudecken.
Laura: Einige der Projekte beschäftigen sich hauptsächlich mit der Schönheit von Material und Form, andere betonen eben eher den sozialen Designaspekt oder das Konzept.
Niklas: Ich glaub, was wir versuchen, ist, das Bewusstsein und Interesse für unterschiedliche Inhalte zu wecken, die alle möglichst zu einem Thema passen.
Wie kommt es zum Ausstellungsnamen »Alive«?
Laura: Während des Entstehungsprozesses eines Projekts verändern sich Konzept und Objekt oft. DesignerInnen reagieren immer auf den Prozess. Wenn man nicht reagiert, kommt man auch nicht weiter; man bleibt irgendwie im Prozess stecken.
Benni: In jedem Projekt ist irgendwie eine Verbindung zum Thema »Alive«. Zum Beispiel besteht ein Exponat, der »gravel table« von Tijs Gilde aus kleinen Kieselsteinen, die zusammen einen Tisch ergeben. Wie kleine Molekularteile, die einen Organismus bilden.
Niklas: Genau, eben wie in der Evolution: Wir können nur überleben, wenn wir uns weiterentwickeln. Survival of the fittest. Ich sehe mein Haus, die Burggasse 98, auch als lebendiges Objekt. Ich versuche, eine Entwicklung vorzugeben, aber es passiert ständig was arges: Das sind Dinge, auf die ich gar keinen Einfluss nehmen kann. Neue Leute stehen auf einmal da oder irgendwelche Situationen tauchen auf, die auf einmal alles verändern. Die besten Dinge passieren immer einfach so, ohne Plan. Manchmal kommt es mir so vor, als hätte das Haus tatsächlich ein Eigenleben, und es benutzt mich nur als Hausmeister der die Blätter kehrt.
Welches Künstlerprojekt liegt euch besonders am Herzen und warum?
Niklas: Ich denke, Michele Degens »Vulva Versa« ist ein superaktuelles Projekt. Im Moment gibt es viele Diskussionen über das Verhalten im Umgang mit Frauen und ihre Rechte. Viele Menschen lehnen die Auseinandersetzung mit diesem Thema ab, vielleicht auch weil sie einfach schon genug von der Diskussion haben. Micheles Spiegel ist ein ungewöhnliches Objekt, das den Dialog neu eröffnet. Wie sie mit dem Thema umgeht und spielt und drüber redet, ist einfach cool. Den Spiegel halte ich einfach für ein unerwartetes, kreatives Projekt. Sowas gibt’s einfach noch nicht.
Laura: Ja, ihre Fotos schockieren außerhalb des Kontexts total, aber unterstreichen eigentlich nur, dass man sich für sein Geschlecht nicht schämen muss. Die Grenze, wo man sexuell peinlich berührt ist, wird leider oft falsch gezogen.
Benni: Sehr interessant sind auch die Projekte, die mit digitalen Medien zu tun haben. High-Tech wird immer öfter in der Kunst verwendet. Roboter werden heute oft auf kreative Weise für die Produktion eingesetzt, und das Schaffen von Erlebnissen mittels Virtual Reality und digitalen Hilfsmitteln ist Standard. Eine neue Dimension eröffnet sich für uns, die digitale Welt und das Arbeiten mit neuen Medien.
Die Burggasse 98 bietet Raum für Kunst und Design. Unter einem Dach sind Galerie, Kunstgeschäft und offene Werkstätte vereint. Hier geht’s zur Homepage der Burggasse 98. Weitere Texte zu Creative Industry Austria findet ihr hier.