Ein längeres Gespräch mit Krixi, Kraxi und die Kroxn (feat. Der Nino Aus Wien). Der Prater hätte sich angeboten, wir treffen uns aber in einer Pizzeria am Praterstern, weil es regnet.
Prater reimt sich super auf Psychiater. Das haben Nino Mandl (Der Nino aus Wien) und Natalie Ofenböck (Cookie Oven) raus gefunden und einen Song drum herum geschrieben. „Hallo“ heißt dieser und ist als Video hier zu sehen. Weil „sie gute Freunde sind“, sich sehr gut kennen, hob man gleich als „Krixi, Kraxi und die Kroxn“ ein ganzes Projekt aus der Taufe und lud Bekannte und Freunde ins Studio ein. Das Resultat trägt den Titel „Die Gegenwart hängt uns schon lange zum Hals heraus“, ist auf der Seite http://diegegenwart.at zum gratis Downloaden bereitgestellt und eine aberwitzige Mischung aus Konzeptalbum, Hörspiel und Alltagspoesie geworden. Nebst Fledermäusen und Käfern, gibt es eine Huldigung aufs Landleben, melancholische Zwischentöne und eine Abrechnung mit Facebooknarzissten. Mehr als gute Gründe für ein längeres Gespräch mit den beiden. Der Prater hätte sich angeboten, wir treffen uns aber in einer Pizzeria am Praterstern, weil es regnet.
The Gap: Kleine Verständnisfrage zu Beginn. Wer von euch ist Krixi, wer Kraxi?
Cookie: (zu Nino) Ich hab beschlossen, dass du Krixi bist.
Nino: Aber was bedeutet es Krixi zu sein? Das wird hoffentlich jetzt dieses Interview zeigen. Wir sind nämlich noch auf Identitätssuche und haben komische Spitznamen für uns.
Cookie: Die fangen aber alle mit „K“ an. Wir sind beide Krixi und Kraxi, aber wir haben einen Buchstaben der uns trennt.
The Gap: Ich hab im Dialektwörterbuch zur Sicherheit nachgeschaut. Es gibt weder Krixi, noch Kraxi und auch kein Kroxn. Nur Kraxn, für eine unleserliche Unterschrift, eine altes, ständig kaputtes Auto und einen geflochtenen Korb, den man sich auf den Rücken schnallt…
Nino: Du weißt aber schon wer die Kroxn sind?
The Gap: Die restlichen Mitwirkenden am Album – wenn ich es richtig verstanden habe. Und das sind nicht wenige.
Nino: Ja, 14 Gäste spielen mit, aufgenommen haben wir in der „non food factory“ von Walther Soyka.
The Gap: Geschrieben habt die Texte aber ihr und dann jeweils Gäste eingeladen…
Nino: Wer gerade Zeit hatte ist gekommen, aber es hat nie jemand gewusst, was passieren wird. Am Schluss hat jeder gemacht was er wollte, oder wir wollten.
Cookie: Jedes Lied brauchte einen Abend zum Aufnehmen. Dann war es fertig. Das Studio von Walther Soyka ist ein sehr angenehmer Ort. Das Lied „Spiegelverliebt“ haben wir gemeinsam mit Hubert Weinheimer vom Trojanischen Pferd erarbeitet und geschrieben. Das war lustig und hat funktioniert.
The Gap: Nino, ist es eigentlich schwierig für dich mit anderen gemeinsam Texte zu schreiben?
Nino: Mit Natalie hat das viel spaß gemacht, und war sehr schön. Wir haben Text und Musik schnell und sorgfältig zusammen verfasst.
The Gap: Beim Durchhören – ihr empfehlt ja auf der Homepage, das ganze Album zu hören – hat man das Gefühl, es ist ein Konzeptalbum…
Nino: Der Eindruck kann entstehen. Aber wir haben es nicht unbedingt darauf angelegt. Einige Dinge haben sich im Arbeitsprozess ergeben und wenn man will lässt sich schon ein roter Faden erkennen.
The Gap: Ein roter Faden wäre die Tierwelt. Beim Song „Käfer“ muss man gleich reflexartig an Kafka denken.
Nino: Du vielleicht, aber unsere Zielgruppe sind Leute, die in den Prater Dome gehen.
Cookie: Glaubst du, würden Leute das Praterlied „Hallo“ hören, die in den Prater Dome gehen?
The Gap: Wenn zum Beispiel Skero einen Remix machen würde vielleicht schon.
Nino: Wir wollten Skero eigentlich auch dabei haben, aber es ist terminlich immer etwas dazwischen gekommen.
The Gap: Ist das Album eine Bestandsaufnahme von und mit eurem musikalischen Freundeskreis und Clique?
Nino: Man könnte das schon so sehen. Es sind einfach Leute dabei, die wir für freundlich und talentiert halten.
Cookie: Man weiß ja vorher trotzdem nie wie es wird. Und es ist immer schön am Ende des Tages das Resultat zu sehen. Zum Beispiel beim Lied „Fledermaus“, das wir mit Ernst Molden geschrieben haben.
The Gap: Das dialogische Sprechstück?
Nino: Ja, ich hatte einen Traum von einer Fledermaus. Dann sind wir zu Ernst Molden, der hatte zufällig schon ein Fledermaus-Lied geschrieben. Wir haben es spontan eingesprochen und so ist das dann entstanden.
Cookie: Stimmt gar nicht, das war ganz anders. Darf ich sagen wie es wirklich war?
Nino: Ist das nicht die Wahrheit?
Cookie: Also du hattest einen Traum von einem Jungen, der im Prater ein Fest feiert und man weiß nicht, ob er ein Junge oder ein Mädchen ist.
Nino: Stimmt, es war ein kleiner, russischer Prinz, oder Prinzessin – er war wunderschön.
Cookie: Das hat mich an die Operette „Die Fledermaus“ erinnert. Daraufhin hat Ernst Molden ein Lied über eine Fledermaus geschrieben und wir haben das Gespräch improvisiert. Gleich den ersten Versuch verwendeten wir. Wir haben auch andere Aufnahmen gemacht, aber die waren nicht so gut.
The Gap: Es ist eine sehr düstere Nummer geworden.
Nino: Ja, mich erinnert es an Angst. Und Sträucher im Donaupark. Ich bin ja kurzsichtig, habe aber keine Brille, darum schauen bei mir Sträucher in der Nacht oft wie Menschen aus.
The Gap: Seht ihr auch Fratzen in Baumrinden?
Cookie: Ja, deswegen bin ich auch immer froh, wenn ich meine Brille dabei habe.
The Gap: Die Improvisation merkt man dem Stück nicht an.
Nino: Wir machen das oft, einfach so daherreden und improvisieren. Es ist oft schwerer das zu machen, wenn kein Band mitläuft.
The Gap: Die einzelnen Songs sind auch meist jenseits der Fünf-Minuten-Grenze. Absicht?
Cookie: Nein, das hat sich halt so ergeben, weil wir immer einiges hatten und nichts streichen wollten.
Nino: Wobei –ich hab so eine Phase und sag mir zur Zeit: Je länger die Lieder umso besser. Auf der neuen Nino aus Wien, die demnächst erscheint, sind die meisten Lieder auch so lang.
The Gap: Schon mal drüber nachgedacht eine ordentlich lange Ballade zu schreiben?
Nino: Nein. Wir machen aber gerne Auftragsarbeiten.
Cookie: Worüber sollen wir eine Ballade schreiben?
The Gap: Hmm. Keine Ahnung – 25 Strophen über die Regelmäßigkeit von Mahagonyholzmaserung wären schön.
Nino: Ich kenn so Lieder. Jethro Tull „Thick as a Brick“ das ist lang? Aber das ist Progrock. Ich will in Zukunft wieder kurze Lieder machen.
Cookie: Ich will lange machen. Aber auch kurze. „Todespark“ auf unserer CD ist eh sehr kurz, eigentlich. Aber eher eine Ausnahme.
The Gap: Ihr könntet ja als Kompromiss mittellange Lieder machen. Streitet ihr oft?
Cookie: Nur, wenn wir dumme Filme anschauen.
Nino: Bei Musik nicht. Es ist ja wie ein Hobby, so wie andere laufen gehen.
Cookie: Ich kann nicht laufen.
Nino: Ich kann gut springen.
Cookie: Du kannst überhaupt nicht springen. Ich hab’s genau gesehen. Du kannst aber laufen.
The Gap: Wie schaut es mit schwimmen aus?
Nino und Cookie: Das geht.
Nino: Aber wir waren erst zweimal gemeinsam Schwimmen in unserem Leben. Einmal in Hirschstetten und einmal am Ohrid-See in Mazedonien. Ein wunderschöner See, riesengroß.
Cookie: Wir sind zwei Stunden gewandert und landeten an einer Stelle, bei der die Sonne am stärksten war und keine Leute dort waren. Ich kriegte einen Sonnenbrand und Nino einen Sonnenstich. Er hatte ganz tiefe Augenringe, und lachte und weinte die ganze Zeit gleichzeitig.
The Gap: Was habt ihr dagegen gemacht – Yoghurt oder Topfen?
Nino: Komisch, dass du das sagst. Wir haben unsere Eltern angerufen. Meine haben Yoghurt gesagt. Cookies Eltern waren für Topfen.
The Gap: Und, was hat besser geholfen?
Cookie: Es hat beides nicht wirklich genutzt.
The Gap: Olivenöl mit Zitronensaft vermischt soll auch gegen Sonnenbrand helfen. Gibt es eigentlich Oliven in Mazedonien?
Cookie. Nein, aber Kiwis.
The Gap: Echt? Wie schmecken die?
Cookie: Ich hab keine gekostet, obwohl im Garten unserer Unterkunft gewachsen sind.
Nino: Es gibt auch Leute, die in Wien Oliven anbauen. Aber es ist sehr, sehr hart. Fast unmöglich. Die müssen ihr ganzes Leben für einen Olivenbaum aufgeben.
Cookie: Wer baut die bitte an? Wen kennst du?
Nino: Ich war da mal in einem Forum, über alle möglichen Pflanzen, die man in Österreich anbauen will, die es sonst nur im Süden gibt. Da war ein Strang darunter: „Hilfe, meine Oliven kommen nicht“. Da hat dann einer drunter gepostet: „Keine Sorge, das dauert. Ich hab seit zwanzig Jahren einen Baum, der gibt im Jahr zwei Oliven ab.“ Ich sage die Mediterranisierung setzt auch in Österreich ein. Es wird milder. Aber die Olive hat in Österreich in den nächsten 500 Jahren trotzdem keine Chance.
Cookie: Hauptsache Himbeeren und Heidelbeeren wachsen weiter.
The Gap: Was hast du lieber?
Cookie: Heidelbeeren, aber auch Himbeeren mag ich sehr gerne.
The Gap: Bei Himbeeren ist das Wurmrisiko aber höher.
Cookie: Ja, aber dafür schmeckt der Wurm nach Himbeere, also besser als andere Würmer.
/ Das Gespräch geht in diese Richtung weiter. Wir reden über Krokodilfleisch, Känguru-Verfütterung an australische Dingos. Verschimmelte Lasagne im dunklen Backrohr, gutes italienisches Convenience-Food Food aus dem Supermarkt, die richtige Zubereitung von Nudeln und Reis. Aber auch über Soßen-Konsistenz und Wurst./
Nino: Wie sagt man so schön: „Eine gute Wurst braucht keinen Senf, aber eine gute Sauce verträgt immer einen Schluck Wein.“
Cookie: Wir haben unlängst einen Wurstberater kennen gelernt. Der hat 100 Wurstsorten im Kopf. Der hat uns ein paar Fragen gestellt und gesagt welche Wurst wir sind.
The Gap: Welche Wurst seid ihr?
Nino: Ich bin eine Lyoner mit Pistazien und eine Lammbratwurst.
Cookie: Ich bin eine Käsekrainer und eine Knoblauchsalami. Willst du auch eine Wurstberatung?
The Gap: Bitte.
Cookie: Petersilie oder Schnittlauch?
The Gap: Beides gleich gern, aber im Notfall, Schnittlauch.
Cookie: In welchem Bundesland erkennst du dich wieder? Burgenland, Tirol, Wien oder ein anderes?
The Gap: Eigentlich Wien.
Cookie: Du bist krank und schaust fern. Auf welche Sendung fällt deine Wahl? Eine Komödie? Eine Dokumentation über Tankarbeiter? Ein Krimi? Ein Formel-1-Rennen? Oder Anna und die Liebe?
The Gap: Die Dokumentation über Tankarbeiter schau ich mir an.
Nino (zu Cookie): Er hat genau das gleiche gesagt wie ich.
The Gap: Also bin ich Lyoner mit Pistazien und Lammbratwurst. Super. Wo gibt es so eine Wurstberatung?
Cookie: Das war am Volksstimmefest im Prater. Der Berater hat kein Honorar verlangt und uns auch noch Most geschenkt.
The Gap: Der Prater kommt ja auf eurem Album sehr oft vor. Ihr singt ja auch „Ich geh’ jeden Tag in den Prater / Und ich geh jeden Tag zum Psychiater/". Ist der Prater für eine Therapie geeignet?
Cookie: Nicht immer. Der Prater wird ja immer hässlicher. Er ist bequem und unbequem. Ich würde gerne wissen, wie er vor 100 Jahren war.
The Gap: Wo ist der schönste Ort im Prater?
Cookie. Sicher nicht der neue Vorplatz. Ich mag es weiter hinten, wo alles kleiner wird. Das Schweizerhaus ist auch schön.
Nino: Ich bin beim Wettrutschen bei der Tobbogan-Rutsche einmal drei Sekunden hinterm ersten gewesen. Der Musiker „pauT“ war nur 2,5 Sekunden hinten.
Cookie: Auf der Resultat-Liste seid ihr aber nicht gestanden.
Nino: Wir waren auch nicht unter den Top 10. Was mich gewundert hat, Rudi Dolezal ist als siebter draufgestanden.
The Gap: Persönliche Frage: Seid ihr schon beim Psychiater gewesen?
Nino: Ich war zum ersten Mal bei einem, als ich sieben war.
The Gap: Und, hochbegabt?
Nino: Er hat gesagt, machen Sie sich keine Sorgen. Der wird schon noch.
Cookie: Ich war auch mal beim Psychiater. Er hat gesagt gehen Sie zu einem anderen.
The Gap: Ich würde dich behandeln, wenn ich einer wäre. Danke fürs Gespräch.