Viennale-Tagebuch #2

Highlights und Lowlights im Gartenbaukino.

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The Future (Miranda July – gesehen am 24. 10.)

Was bei der Oscar-Nacht im Gartenbau auf die Spitze getrieben wird, haben auch die Viennale-Besucher perfektioniert: Das Drängeln. Außerdem schlägt das Hipness-Barometer hier ganz besonders stark aus.

Indie-Darling Miranda July hat einen weiteren oh so quirky Film vorgelegt. Sophie (Miranda July) und Jason (Hamish Linklater) sind ein Mittdreißiger-Paar, das in einem One Boredom Apartment lebt und dort Tag um Tag verstreichen lässt. Die Zeit außerhalb ihrer belanglosen Jobs verbringen sie vor ihren Laptops und bieten damit eine ganz hervorragende Identifikationsmöglichkeit für sehr viele von uns.

Erzählt wird die Geschichte von einer gesichtslos bleibenden Katze namens Paw Paw (gesprochen von July selbst, die ja, wie bereits ihre früheren Arbeiten beweisen, gut und gerne ihre Stimme verstellt). Das ist bisher noch nichtmal dem Putzigkeits-Vorreiter Gondry eingefallen. Dieses Schnörkelige, das Miranda Julys ganzes Schaffen umspannt, ist zusätzlich mit einer Doofheit der Figuren behaftet, die als schrullig-liebenswert, oder eben als entbehrlich, um nicht zu sagen störend empfunden werden kann. Miranda July spaltet ja die Geister. So haben während des Films immer mal wieder einzelne Menschen den Saal verlassen, während die Mehrheit den Film allem Anschein nach doch genossen hat.

Martha Marcy May Marlene (Sean Durkin – gesehen am 25. 10.)

Ein weiterer im Gartenbau gesehener Film und ein persönliches Highlight der bisherigen Viennale. Die “andere” Olsen-Schwester hat bisher ja nicht so viel von sich hören und sehen lassen und scheint auch sonst das genaue Gegenteil der Zwillinge zu sein. Erfrischenderweise ist sie nämlich, trotz genereller optischer Ähnlichkeit, keine Bohnenstange und bewegt sich eher auf der Indie-Schiene, was ihre Karriere betrifft. Mit “Martha Marcy May Marlene” ist sie erstmals in einem Film zu sehen, der nicht Mary-Kate und Ashley als Hauptdarstellerinnen hat. Und im Gegensatz zu den beiden hat sie noch dazu wirklich was drauf – ihre Performance ist souverän und lässt ihre fünf (!) anstehenden Projekte (2011-2013) mit freudiger Hoffnung erwarten.

Der Hype um die vier M’s ist nicht umsonst: Der Film wird den hohen Erwartungen auf jeden Fall gerecht. Neben Elisabeth Olsen legt auch noch John Hawkes, der bereits bei der letzten Viennale mit “Winter’s Bone” von sich reden machte, einen sehr soliden Auftritt hin.

Der Filmtitel erschließt sich, wie viele weitere Details, auf langsame, sich nach und nach ausrollende Art. Olsen spielt eine junge Frau, die gerade eine Flucht aus einer Sekte hinter sich hat und versucht, sich in der Außenwelt zurechtzufinden. Ihr Bezug zur Realität ist vollends aus den Fugen und die Wiedereingliederung in ihre Familie gestaltet sich schwierig. Der Film zeigt die Tage nach ihrer Flucht, geschickt verzahnt mit Rückblenden aus ihrer Zeit in der Sekte und findet eine raffinierte Balance zwischen behutsam und grauenerregend.

Danach: Stille im Gartenbau und merklich mehr Abspann-Sitzenbleiber als sonst bei all dem Viennale-Stress.

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