Die Elite echauffiert sich: Die dekadenteste Band der Stadt erzählt uns vom »Lifestyle Of The Rich & Famous«. Da bekommt man gleich »Hungry Eyes«.
Nicht unlustig: »Da glaubt jemand, dass er cool ist. Bilderbuch für Arme.« – »Wohl eher Bilderbuch für Reiche.« Ach, Youtube, du stete Quelle für geistreiches Amüsement. Ein Wahnsinnsdialog, der sehr viel über das Selbstverständnis und das kokette Selbstimage der Band Kahlenberg erzählt, die hier auf eine plumpe Anmache mit Aufgelegtem antwortet.
Denn diese Gruppe von eigentlich schon eher älteren weißen Männern, die sich aus B-Promis der hiesigen Indie-Szene zusammensetzt, chict sich an, den Lauf der Dinge einmal durch die ganz rosarote – oder doch eher türkise? – Brille zu sehen. Es ist sowieso eine Frechheit, die diskutiert werden muss: Die Popwelt gehört dem Pöbel, fast klassenkampflos hat die Bourgeoisie das Künstlerische dem Proletariat überlassen. Man darf, dank Kahlenberg, nun also endlich wieder der ungehörten Minderheit lauschen, die sich dazu herablässt, dem Gesocks aus ihrem Leben zu berichten. Dekadenz als Essenz des Seins.
Opernball und Moralverfall
Die Krux liegt für jeden Konzeptkünstler – und welcher heimische Musikschaffende ist das nicht? – sowohl in der Konsequenz als auch in der Authentizität. Konsequent sind sie, die Herren: Das durchkomponierte Image wird bei jeder Gelegenheit streng nach Plan poliert und hinausposaunt. Und Authentizität? Ganz ehrlich: »Drauf geschissen!« Natürlich spielen Kahlenberg mit den Klischees – und die Klischees mit ihnen. Himmelblaue Leichtigkeit und Champagnerflöten, Opernball und Moralverfall, so echt wie die Tussis und Bussis der Bussi-Bussi-Gesellschaft. Das macht aber nichts, wer so arg überhöht, darf das.
Kahlenberg schaffen es auf ihrem Debüt, den Reiz der Überhöhung auszuloten und bedienen sich dabei doch althergebrachter Mittel. Poppige Rockmusik, teilweise zackig wie jene von Kreisky, aber meist recht unspektakulär und eher unterstützend, kombiniert mit gut durchdachten, stark konzipierten und – ja, doch – amüsanten Texten.
Die Frage ist nur: Wie geht es weiter? Kann so eine Idee für mehrere Alben reichen? Doch (zumindest) solange die unreflektierte Schnöselpartie den ganzen Staat in ihren gelverklebten Griffeln hat, muss man auf sie draufhauen. Und wenn auch nur mit satirischer Überhöhung.
»Dirty Penzing« von Kahlenberg ist am 1. Februar 2019 bei Brut Royal erschienen.