Das Game aus Wien ist ein launiger Kommentar auf die düstere Seite der Weltwirtschaft.
Wenn der verkaterte Blick in die Online-Zeitung den sonntäglichen Grant auf die Welt zu einer relevanten Größe anwachsen lässt, empfiehlt sich »Spinnortality«. Die überraschend vielschichtige Wirtschaftssimulation wurde von nur einem einzelnen Entwickler zusammengetischlert, was vermuten lässt, dass ebendieser – namentlich James Patton – sich dem Grant auf den Kapitalismus in seiner ganzen Fülle hingegeben hat. Das Ergebnis, »Spinnortality«, ist aber nicht nur ein launig zeitgeistiger Kommentar zur globalen Wirtschaft, es ist auch ein absolut gelungenes Spiel und kommt – wie sollte es anders sein – aus Wien.
Aufgabe ist es, einen Großkonzern aufzubauen, ein weltweites Imperium, das nicht nur einen großen Teil des Geldes, sondern bald auch politische Systeme, die Medien und die Menschheit im allgemeinen kontrolliert; immer getrieben vom Gedanken, dem eigenen Vorstand die technologischen Grundlagen zur Unsterblichkeit zur Verfügung zu stellen. Dazu müssen zuallererst Produkte gelauncht werden. Aber weil sich die Regionen der Welt kulturell unterscheiden, braucht es individuelle Marketing-Strategien. Also werden ein paar Angestellte und ein Heer von überforderten Praktikantinnen und Praktikanten verpflichtet – wenigstens so lang, bis sie künstliche Intelligenzen entwickelt haben, die ihnen den Rang ablaufen.
Von immer perfideren sozialen Netzwerken bis zu genetischen Modifikationen wird alles verkauft, wofür sich ein Markt finden lässt. Und wo es diesen Markt nicht gibt, müssen Medien und Politiker bezahlt werden, um ihn zu schaffen. In »Spinnortality« tut sich im Handel mit Geld, Ideen und Gefallen ein Meer von strategischen Möglichkeiten auf. Und die unzähligen Parallelen zu realen Entwicklungen machen die grafisch einfache Präsentation dieses Machtmensch-Simulators schnell vergessen. Das Kopfkino ist bunt genug, wenn gerade Europa in die Anarchie gestürzt wurde, um im neu entstehenden System die eigenen Einflüsse im Fundament zu verankern. Schließlich haben wir uns niemals damit abzufinden, dass Gesetze uns in unserem Handeln behindern.
»Spinnortality« ist bereits auf Steam und itch.io erhältlich.