Gläser, Porzellanpuppenköpfe, Werkzeuge, Kämme, Tierschädel, Tassen, Löffel, Nudelradler: Das ist nur ein Auszug aus jenen Gegenständen, die der Künstler Daniel Spoerri sammelt und fein säuberlich in Schalen und Schachteln hortet. Anja Salomonowitz hat ihm nun einen Film gewidmet.
Um 1960 erfand Daniel Spoerri seine »Fallenbilder«: Auf Tischplatten fixierte er die Reste geselliger Abendessen. Diese hängte er ins Museum. Die schmutzigen Teller wurden mittlerweile abgelöst durch alle möglichen Dinge, die Flohmärkte so hergeben und die Spoerri zu surrealen Kompositionen arrangiert. Als zentraler Vertreter des Nouveau Réalisme und Begründer der »Eat Art« ging er längst in die Kunstgeschichte ein; kein Lexikon der Gegenwartskunst kommt ohne seinen Namen aus.
Wenn die Wiener Filmemacherin Anja Salomonowitz (»Die 727 Tage ohne Karamo«, »Kurz davor ist es passiert«) dem 1930 in Rumänien geborenen Künstler nun einen Film widmet, dann erzählt sie jedoch nichts von seiner bedeutenden Position im Kunstkanon, sondern verwebt sein Leben mit dem ihren. Schon der Titel deutet das an: »Dieser Film ist ein Geschenk«. Die Regisseurin »schenkt« dem Künstler ihre Arbeit für eine Assemblage, in der dieser ein rotes gebrochenes Porzellanherz einbaute – einen Gegenstand aus dem Besitz des verstorbenen Vaters von Salomonowitz. Auch ihr Sohn Oskar spielt eine wichtige Rolle: Er sitzt in Spoerris Atelierwohnung und spricht an seiner Stelle, rezitiert dessen Erinnerungen. Die Kindheit des Künstlers, der als Teenager in die Schweiz floh und heute in Wien lebt, verlief traumatisch: Als Sohn jüdischer Eltern entging er nur knapp dem Holocaust und musste erleben, wie sein Vater mit einem Todeszug deportiert wurde, wie Bomben fielen.
Das Thema Tod
Begleitet von den unaufgeregt vorgetragenen Kommentaren der Regisseurin aus dem Off, verharrt die Kamera fast ausschließlich im Atelier des Künstlers. Es verwundert nicht, dass häufig das Thema Tod zur Sprache kommt. Die meisten seiner Freunde seien schon gestorben, erzählt Spoerri dem kleinen Oskar, aber: »Man gewöhnt sich daran«. In solchen Szenen äußert sich ein leichter Anflug von Melancholie, auch etwas Nostalgie. Doch zum Ende des Films lässt sich der Künstler voll auf die Gegenwart ein: Als ihm der lebhafte und vife Oskar über die Programmierung von Websites erzählt, fragt er neugierig nach, ob er ihm wohl eine gestalten könne: »Und so kleine Filmchen, kann man die auch …?« Darin zeigt er sich aufgeschlossener als viele seiner Altersgenossen.
Die Sammelwut, die Assemblagen als Memento mori, der Tod: So, wie Salomonowitz’ Film nachdenkt, reicht er weit über eine übliche Künstlerdoku hinaus. Und er zeigt, dass das Anhäufen von all den Puppenköpfen, Kochlöffeln und Herzen eben kein Selbstzweck ist, sondern dass diese durch Spoerri in einen neuen Kreislauf eintreten.
Am 28. März 2019 lädt das Mumok zu einem »Abend für Daniel Spoerri«, bei dem ein Preview des Films gezeigt wird. Anschließend spricht die Regisseurin mit Kurator und Autor Alexander Horwath. Der Künstler ist anwesend. Teilnahme gratis, Anmeldung erforderlich.