Zwischenmenschliche Höhen und Tiefen sowie Storytelling vom Feinsten stehen bei Rapper Average an vorderster Stelle. Soundtechnisch bewegt sich seine neue EP »Pont« zwischen klassischem Hip-Hop mit Newschool-Einflüssen, französischem Rap und Autotune-Experimenten. The Gap hat den gebürtigen Linzer zum Gespräch über seinen ersten Solo-Release gebeten.
Warum wieder eine EP und kein Album?
Nach der letzten Platte mit Url und Concept habe ich mir zugesetzt, jetzt ein Album zu machen. Ich habe sehr viel Rückenwind von Blumentopf und Fiva bekommen und habe mir die Messlatte für das, was ich schaffen wollte, extrem hoch gelegt – irgendetwas Neues in Österreich zu machen, meinem Stil aber immer treu zu bleiben. Das erste Album muss einfach »so a perfektes Ding sein«. Ich bin immer sehr aktiv gewesen, auch wenn es in den letzten drei Jahren keinen Output im Sinne eines offiziellen Releases gegeben hat. Es sind in der Zwischenzeit irrsinnig viele Sachen entstanden, Singles, die ich rausgehauen habe: ein TTR Allstars Album, »Jetzt mal unter uns«, das sehr gut angekommen ist, immerhin zwei Touren durch ganz Deutschland mit Blumentopf, Texta und Fiva. Viele Sachen sind entstanden und einiges verpacke ich auf die zwei EPs, »Pont« und »Pont 2«, das Album soll 2020 kommen.
Woher kommt der französische Einfluss?
Ich habe irgendwann eine Leidenschaft für Französisch entwickelt – die französische Kultur, den Lifestyle, vor allem aber für die Sprache, für Fußball und auch für Rap-Musik. Ich bin ein großer Fan von Marseille, habe dort auch die Musik und Rap-Größen kennengelernt. Mit zwei davon habe ich auch zusammenarbeiten dürfen. Für mich ist Französisch einfach die Sprache der Dichtung. Das streckt sich von der Vergangenheit bis in die Gegenwart.
Musikempfehlungen, für Leute, die sich nicht so gut mit französischem Rap auskennen? Was muss man sich unbedingt anhören, was kannst du empfehlen?
Man kann sich die ersten Schritte des französischen Rap anhören, die dann auch für mich sehr wichtig waren, aber auch generell für die europäische Rap-Musik. Iam aus Marseille, NTM aus Paris oder Lunatic, wo Booba auch Mitglied war, der immerhin das Vorbild für Bushido ist und somit auch indirekt die Gangsta-Rap-Szene in Deutschland massiv geprägt hat. Es war dann ein bisschen still um diese Einflüsse, aber jetzt ist die deutsche Rap-Map komplett von Frankreich beeinflusst – das zieht sich quer durch alle Subgenres.
Was dürfen wir uns für das kommende Album erhoffen, wo wird es stilistisch hingehen?
Das Album wird vom Sound her wieder sehr unterschiedlich, sehr modern werden, ähnlich wie das Konzept der beiden EPs, aber mit einem Blick auf das, womit ich immer schon arbeite. Also mit Rap-Technik, Verspieltheit in der Melodie und im Umgang mit der Sprache. Aber auch sehr persönlich, das ist für mich der Anspruch. Um ehrlich zu sein, ich glaube, 2019 oder 2020 braucht es eigentlich kein Album mehr. Ich mache das Album hauptsächlich, damit ich sagen kann, ich habe ein Album, und um mir nicht vorwerfen zu müssen, ich habe nie ein Ding mit mehr als zehn Nummern veröffentlicht. Ich glaube, dass es eher das Ding ist, kompakte fünf bis acht Songs rauszubringen, maximal viele Singles, weil einfach die Zeit so schnelllebig ist. Der Umgang mit der Musik ist ein ganz anderer geworden. Gefallen die ersten Sekunden eines Songs nicht, wird er geskippt. Ein Album ist so ein harter Prozess, wo du so viel Herzblut hineinsteckst und natürlich auch Geld, für das, dass es manche Menschen dann einfach skippen.
Wie kam es zu dem Titel des aktuellen Releases »Pont«?
Ich komme aus der Linzer Rap-Schule, beeinflusst von Texta, von Deutsch-Rap der Zeit von Eins Zwo, als der Grundsatz war, dass man immer conscious bleibt und eine Message hat – offensichtlich oder verdeckt. Das habe ich bis heute in mir und will es auch gar nicht ablegen. Aber ich bin von der Soundästhetik dieser Zeit mittlerweile sehr weit weg – also was ich im Alltag höre bzw. was ich selbst auch produziere – und unterscheide mich da sichtlich vom Rest der Linzer Rap-Szene. Ich habe immer versucht, auf verschiedenen Arten von Beats zu rappen, einen musikalischen, melodischen Flow zu etablieren, ab 2010 vermutlich. Ich habe mit Flip dieses »Tuesday Classics«-Projekt gemacht, während ich aber schon die ersten Fußstapfen des französischen Trap-Sounds gehört habe. Ich finde, wenn es Punkte gibt, die so weit auseinanderliegen, kann man ja Brücken schlagen.
Wie spricht man es denn jetzt aus?
Jeder kann es aussprechen, wie er es will. Es ist einfach eine geile Wortkreation ist. Die Message dahinter ist, Brücken zu schlagen, sich vor nichts zu verschließen.
Sieben Tracks, sieben Producer, sieben Songs, die auf den ersten Blick auch nichts gemeinsam haben – was ist da die Brücke?
Ich. Ich versuche das verbindende Element zwischen Mundart- und Hochdeutsch-Rap, zwischen Oldschool und Newschool, zwischen Autotune und Rap-Technik zu sein.
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