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Demnächst startet die fünfte Staffel der erfolgreichen Webserie »The Guild«. Darin beweist Felicia Day, dass es durchaus Alternativen zur Klischeevorstellung vom Gamer Nerd gibt.

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»The Guild« spannt den Bogen zwischen dem On- und Offline-Leben von Codex, einer arbeitslosen Mitt-Zwanzigerin, deren Therapeutin sie für hoffnungslos befunden und ihre Behandlung aufgegeben hat. Sie verbringt einen Großteil ihrer Zeit mit virtuellem Kontakt zu den »Knights of Good«, ihrer Gilde in einem Massively Multiplayer Online Role-Playing Game. Verbunden fühlen sich die Gildenmitglieder nicht nur durch gemeinsame Missionen, sondern auch durch ihr ausgeprägtes Suchtverhalten. »The Guild« ist selbst eine Internet-Erfolgsgeschichte: Die Serie, die bereits in ihre fünfte Staffel geht, wurde zuerst auf Youtube ausgestrahlt und erschien dann auf diversen Microsoft-Plattformen (etwa dem Xbox Live-Video Channel). Später folgte eine eigene Website, auf der die Episoden abgerufen werden können und mittlerweile sind sie auch auf DVD und Netflix erhältlich.

Die Serie ist mehr als nur eine Sitcom über das Leben einer Gruppe MMORPG-Süchtiger. Ihre Relevanz geht über den generischen Unterhaltungsfaktor hinaus, wie er beispielsweise auch in Michael Ceras »Clark And Michael« oder den Zombie-Alltagspossen von »Woke Up Dead« (mit »Napoleon Dynamite«-Hauptdarsteller Jon Heder) zu finden ist. Die Prämisse der Serie ist der Schritt von der Online- in die Offline-Welt der Hauptcharaktere. Einvernehmlich zufrieden mit der Anonymität des Cyberspace, werden die »Guildies« durch unvorhergesehene Umstände dazu gezwungen, sich weit aus der eigenen Comfort Zone zu lehnen. Der persönliche Kontakt und das viele Sonnenlicht sind dabei nur ein paar der Faktoren, die den Figuren Unbehagen bereiten.

Eingeleitet werden die wöchentlich erscheinenden, drei- bis neunminütigen Episoden aus der Sichtweise der Hauptfigur und temporären Gildenführerin Codex (Felicia Day), die, meist in Pyjama und Plüschpatschen, ihre Webcam unterhält und dabei ihre Unsicherheiten und sozialen Inkompetenzen zähneknirschend raushängen lässt. (»I was lying. Lied to my own webcam.«) Hauptdarstellerin und »The Guild«-Schöpferin Felicia Day, naheliegend selbst begeisterte Gamerin, räumt mit gängigen Nerd-Vorurteilen auf, nicht ohne dieselben auf’s Korn zu nehmen. So gerne sich die Serie an dem einen oder anderen Klischee bedient, gehen Stereotyp-Flaggschiffe wie der langhaarige High School-Junge, der sich im Keller des Elternhauses verbarrikadiert, stets Hand in Hand mit entsprechenden Brechungen.

Klischees von menschenscheuen, sozial zurückgebliebenen Gamern etwa werden unterwandert, indem veranschaulicht wird, dass soziale Aktivitäten außerhalb des Spiels oder gar Beziehungen auch für sie nicht zwingend abwegig sind. Der Vorwurf, virtuelle Interaktionen schlössen zwischenmenschliche Bindungen prinzipiell aus, wird allein durch das neurotische, aber keineswegs asoziale Verhalten der Gildenmitglieder beim tatsächlichen Aufeinandertreffen und die allmähliche Intensivierung ihrer Freundschaften entkräftet.

Girl Gamers, Boy Toys

»The Guild« folgt dem Konzept der Ensemble Cast Serie. Die besagte Gilde besteht aus drei männlichen und drei weiblichen Charakteren. Von einer Nerd-Version von »Friends« kann jedoch nicht die Rede sein. Während die Partie sich durch enorme Diversität auszeichnet, fällt in Auge, dass weibliche Charaktere durchwegs die Oberhand haben. Nicht nur Stereotype in Bezug auf die soziokulturelle Herkunft der Gamer, auch tradierte Geschlechterrollen werden hier aufgeweicht. Während die Frauen sowohl auf inhaltlicher als auch auf formaler Ebene den Ton angeben, so sind es in dieser Serie die Männer, die gemeinsam zur Toilette gehen, von dominanten Partnerinnen beherrscht, oder auch einfach im One-on-One-Combat geowned werden. Die Serie wird nicht müde zu betonen, dass mädchenhafte Interessen und Gaming trotz althergebrachter Dualismen in keinster Weise einen Widerspruch darstellen und wenn es darauf ankommt, siegt der Hexcode #ff33cc (Magenta) über #333333 (Anthrazit).

Dem Ensemble der »Knights of Good« steht in der Serie die rivalisierende »Axis of Anarchy« gegenüber. Angeführt von Wil Wheaton (der bereits in der Sitcom »The Big Bang Theory« in die Rolle des Geek-Widersachers schlüpfte), hat es sich diese Gilde zum Ziel gemacht, Codex und ihrer Gang sowohl innerhalb als auch außerhalb des Spiels das Leben zur Hölle zu machen. Gaststar Wheaton ist es letztlich auch, der den Zusammenhalt der Gilde auf den Prüfstand stellt. Neben seiner Rolle als Bösewicht fungiert er nämlich auch als Playboy und Objekt der Begierde für Codex, was die Harmonie der Gruppe gehörig aufmischt. Romance-Plots kommen in »The Guild« von Anfang an nicht zu kurz. Vermeintliche keyboard chemistry zwischen Gildenmitgliedern, virtuelle Anzüglichkeiten (»+5 Sexterity«) und enttäuschte Erwartungen schaffen eine solide Basis für eine gelungene Dramödie.

Fanbase’d

Ursprünglich wurde »The Guild« als 30-minütiger TV-Pilot konzipiert, angesichts der doch sehr nischenhaften Natur der Serie musste man jedoch auf das Internet umsatteln. Die enorme Unterstützung durch Fans war hier ein entscheidender Faktor. Als 2007 während der Drehs zur ersten Staffel das Geld ausging, konnten die restlichen Folgen mittels PayPal-Spenden von rund 600 Fans fertiggestellt werden. Nach kurzer Zeit stellten sich Freiwillige zur Verfügung, um bei der Entstehung der Show mit anzupacken und bei Conventions bestätigte sich bald, was die Online-Erfolgsbilanz bereits erahnen ließ: Mit »The Guild« hat Felicia Day einen Hit gelandet. Mittlerweile hat sie in Microsoft einen Sponsor gefunden, der ihr die Rechte und den Freiraum lässt, ihr DIY-Prinzip durchzuziehen. Neben ihrer Rolle als Codex übernimmt Day auch die Produktion sowie das Schreiben der Drehbücher.

Das Guildiversum dehnt sich derweilen immer weiter aus. Sowohl Fans als auch Internet-Entertainment-Koryphäen wie die Gregory Brothers zollen der Serie mit Youtube-Videos Tribut. Diese Loyalität wird von Day & Co ihrerseits mit diversen Specials belohnt, die über Standard-Goodies wie Weihnachts- und Halloween-Episoden hinaus bis zum Bollywood-Spoof reichen. Eine Comic-Reihe führt Erzählstränge fort, und Day arbeitet zur Zeit bereits an einer weiteren Webserie mit Gaming-Interesse: »Dragon Age: Redemption« basiert auf der gleichnamigen Rollenspiel-Serie und zeigt Day als Elfen-Assassine Tallis. Hiermit wagt Day, was sie in »The Guild« schon ansatzweise ausprobiert hat: Den Sprung von der Rolle der Gamerin zur Verkörperung des In-Game-Characters.

»The Guild« selbst hat sich in seiner vierten Staffel aber bereits ein gutes Stück weit vom Heimcomputer weggewagt. Das namenlos bleibende, »World Of Warcraft«-ähnliche Spiel ist nicht so sehr das zentrale Gimmick der Serie, als das dramaturgische Band, um das sich hier eine Geek-Gemeinschaft versammelt. Staffel fünf wird auf einer Fan-Convention spielen: ein weiterer Schritt hinaus. Es bleibt zu hoffen, dass die gelungene Serie noch einige weitere Add-Ons erfährt.

Alle Episoden von »The Guild« sowie Neuigkeiten aus dem Guildiversum finden sich auf www.watchtheguild.com.

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